Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Unfallversicherung (Leistungen) 
625 
  
Maße auch die sog. Unfälle des täglichen Lebens, 
sofern sie einen Versicherten nur bei Gelegen- 
heit eines durch seine Betriebsbeschäftigung veran- 
laßten Verhaltens treffen, in der UV mitbegriffen 
sind (vgl. dazu Kaskel, Betriebsunfälle und Ge- 
fahren des täglichen Lebens, in der „Berufsge- 
nossenschaft“, 1913, Nr. 9 und das Referat von 
Weymann auf dem 27. Berufsgenossenschaftstage). 
Aus dem Betriebsunfall muß Körperverletzung 
oder Tod entstanden sein (5 555). Auch hier ist 
die Feststellung des Kausalzusammenhanges nicht 
ohne Schwierigkeit. Nach der Praxis des RVM 
genügt es, daß der Betriebsunfall die wenn auch 
nur mittelbare, aber wesentlich mitwirkende Ur- 
sache der Körperschãbigung gewesen ist (Handbuch 
24 
. 
2. Bei Körperverletzung wird vom Beginn 
der 14. Woche nach dem Unfall (Wartezeit) 
einerseits Krankenbehandlung, andererseits eine 
Rente für die Dauer der Erwerbsunfähigkeit ge- 
währt. Die Krankenbehandlung umfaßt 
ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei, 
anderen Heilmitteln sowie Hilfsmitteln zur Siche- 
rung des Heilverfahrens oder zur Erleichterung 
der Verletzungsfolgen, z. B. Krücken oder Stütz- 
vorrichtungen. Die Rente ist entweder Vollrente 
oder Teilrente. Die „Vollrente" wird bei völliger 
Erwerbsunfähigkeit gewährt und beträgt 7## des 
Jahresarbeitsverdienstes, die „Teilrente“ bei teil- 
weiser Erwerbsunfähigkeit stellt einen verhältnis- 
mäßigen Teil der Vollrente dar. Aus besonderen 
Gründen ergeben sich Erhöhungen. So ist „Hilfs- 
losenrente“ bis zum Betrage des vollen Arbeits- 
verdienstes zu gewähren, wenn der Verletzte 
nicht ohne fremde Wartung und Pflege bestehen 
kann, so die fakultative „Arbeitslosenrente“, d. h. 
eine Erhöhung der Teilrente bis zur Vollrente, 
solange der Verletzte infolge des Unfalls unver- 
schuldet arbeitslos ist (SS 558—6562). — Die Be- 
rechnung des Jahresarbeitsverdienstes 
(ausführliche Vorschriften 88 563—572) erfolgt, 
unter Berücksichtigung der verschiedenen und 
der besonderen Fälle, nach dem Entgelt (§ 160), 
den der Verletzte während des letzten Jahres 
im Betriebe oder bei der sonst versicherten 
Tätigkeit bezogen hat. Bei Verdiensten über 
1800 Mk. wird der überschießende Betrag nur mit 
½ angerechnet. Als Minimum gilt das Dreihun- 
dertfache des Ortslohns (§§8 149 ff) für Erwachsene 
über 21 Jahren. 
An Stelle von Krankenbehandlung und Rente 
kann die Genossenschaft, unter bestimmten Voraus- 
setzungen mit Zustimmung des Verletzten, diesem 
Heilanstaltpflege, freie Kur und Verpflegung 
umfassend, gewähren. Daneben kommt dann den 
Angehörigen, soweit ihnen beim Tode des Ver- 
letzten eine Rente zustehen würde, eine „Ange- 
hörigenrente“ zu. Auch ist die Möglichkeit einer 
besonderen Unterstützung des Verletzten und seiner 
Angehörigen gegeben. Wird der Kranke außer- 
halb der Heilanstalt behandelt, so kann, nament- 
lich z. B. wenn Heilanstaltspflege geboten aber 
nicht ausführbar ist, mit Zustimmung des Ver- 
letzten „Hauspflege“ durch Krankenpfleger usw. 
gewährt werden. 
Da die Leistungen der B grundsätzlich (vgl. 
aber hinsichtlich eines früheren Beginns der Rente 
#m# 582) erst mit Ablauf der 13. Woche nach dem 
Unfall beginnen, so fallen während dieser sog. 
  
Wartezeit die Verletzten der Krankenversiche- 
rung, soweit sie dieser angehören, anheim. Jedoch 
greisfen die Bestimmungen über UV mehrfach 
in diese Wartezeitfürsorge ein. So werden den 
gegen Krankheit Versicherten jedenfalls (also z. B. 
auch gegenüber einer Wartezeit der Versicherungs- 
berechtigten nach § 207 RV0O) mindestens die 
Regelleistungen der Krankenkassen an Krankenhilfe 
garantiert ( Krankenversicherung § 9 I, 1 mit , 
1), wobei zugleich das Krankengeld vom Beginn 
der 5. Woche nach dem Unfall an bis zum Ablauf 
der 13. mindestens 29 (statt, wie nach der Regel, 
die Hälfte) des maßgebenden Grundlohns be- 
tragen muß (sog. Unfallzuschuß). Was hiernach 
die Krankenkasse über ihre krankenrechtliche Pflicht 
hinaus geleistet hat, muß ihr die B, falls über 
die 13. Woche hinaus eine Entschädigung zu leisten 
ist, sonst, mangels anderweitiger Statutenbe- 
stimmung, der Unternehmer ersetzen. Den nicht 
gegen Krankheit Versicherten hat, von höher ge- 
lohnten Betriebsbeamten abgesehen (§ 577 Abs 1 
Satz 5), der Unternehmer oder Arbeitgeber die 
entsprechenden Leistungen zu gewähren, die aber 
die BE gegen Ersatz ganz oder teilweise über- 
nehmen kann (§§ 573—585). 
3. Bei Tötung verfällt außerdem Sterbegeld 
und Hinterbliebenenrente. Das Sterbegeld 
beträgt den 15. Teil des Jahresarbeitsverdienstes 
und mindestens 50 Mk.; die vom Todestage an 
zu zahlenden Hinterbliebenenrenten 
bemessen sich gleichfalls, nicht immer in gleicher 
Höhe, als Bruchteile des Jahresarbeitsverdienstes 
(z. B. für die Witwe und jedes Kind ½), für 
dessen Bestimmung hier einige Besonderheiten 
gelten. Die Hinterbliebenenrenten zusammen 
dürfen 3 des Verdienstes bei Vermeidung von 
Kürzung nicht übersteigen. Anspruchsberechtigt 
sind Witwe und Kinder, auch uneheliche, die 
erstere bis zum Tode oder der Wiederverhei- 
ratung, die letzteren bis zum vollendeten 15. Le- 
bensjahre, ferner der erwerbsunfähige Witwer 
und dessen Kinder von der verunglückten Frau, 
Aszendenten und elternlose Enkel. In den letzt- 
gedachten 3 Fällen wird vorausgesetzt, daß die 
verstorbene Person die Anspruchsberechtigten aus 
ihrem Arbeitsverdienste maßgebend ernährt hatte; 
auch wird die Rente nur für die Dauer der Be- 
dürftigkeit gewährt (ös 586—590). 
4. Für die Feststellung der Leistungen gilt auf 
dem Gebiete der U#, abweichend von den beiden 
anderen Versicherungszweigen der Grundsatz, 
daß dieselbe von Amts wegen erfolgt. 
Sollte dies nicht geschehen, so muß der Anspruch 
bei Ausschlußvermeiden binnen zwei Jahren 
seit dem Unfall oder, wenn es sich um Hinter- 
bliebenenrenten handelt, seit dem Todestage 
angemeldet werden (71# 1545 ff). 
a) Das Verfahren von Amts wegen setzt ein 
mit der Unfallanzeige, die der Unter- 
nehmer bei allen irgendwie bedeutenderen Un- 
fällen in seinem Betriebe, d. h. solchen, die schwe- 
rere Folgen als dreitägige Arbeitsunfähigkeit 
haben, zu erstatten hat. Die Frist beträgt 
3 Tage. Die Anzeige geht an die Ortspolizei und 
an die satzungsmäßige Stelle der B (§5 1552 ff). 
b) Hierauf folgt die polizeiliche Unfall- 
untersuchung, die aber nur bei solchen 
Unfällen erfolgt, die den Tod oder eine voraus- 
sichtlich entschädigungspflichtige Verletzung herbei- 
40 
v. Stengel- Fleischmann, Wörterbuch. 2. Aufl. III.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.