52 Patronat (evangelische Kirche)
ten Falle nicht erfolgen kann. — Geht ein P. auf
eine Person über, die zum Erwerbe desselben un-
ähig ist, z. B. einen Exkommunizierten, Juden,
a ruht die Ausübung der P. Rechte während der
Besitzzeit des Unfähigen, jedoch wird ein solcher
Inhaber von der Erfüllung der P. Pflichten nicht
frei. (Vgl. die „Quellen“ am Schlusse).
II. Der Patronat in der evangelischen Nirche
5 10. Charakter des Patronats. Die evange-
lische Kirche hat den P. aus der katholischen Kirche
herübergenommen und beibehalten. Vielfach sind
die durch das kanonische Recht festgestellten Grund-
sätze maßgebend geblieben, und auf ihnen ruht
noch heute die Gestaltung in Kurhessen,
Hannover, Schleswig-Holstein,
Württemberg, Braunschweig und
Mecklenburg. In einzelnen deutschen Kir-
chen und Ländern hat aber die Rechtsentwicklung
zu einer Verstärkung der Rechte der Patrone ge-
führt, teils weil die von der katholischen Kirche
zurückgedrängte germanische Anschauung von dem
Anstellungsrechte des Grundherrn als ursprüng-
lichen Eigentümers seiner Kirche sich forterhalten
und in der Reformationszeit neues Leben gewon-
nen hat, teils weil die Großgrundbesitzer, die
regelmäßig Patrone waren, zugleich als weltliche
Obrigkeiten, eine Reihe von patrimonialen Herr-
schaftsrechten ausgeübt haben, und so z. B. in
der Mark Brandenburg in ihrer Parochie
als Träger einer gewissen niederen Kirchengewalt
erscheinen konnten. Aber zu einer völligen Ver-
änderung des Charakters des P. Rechtes hat diese
Entwicklung nicht geführt. Der P. ist daher auch
in diesen Landesteilen nicht (so Hellmar) eine
landesherrliche Kirchengewalt im kleinen oder gar
ein obrigkeitliches oder kirchliches Amt geworden;
umgekehrt aber ist z. B. der städtische P. in der
Mark Brandenburg aus der städtischen Kirchen-
gewalt des 16.—18. Jahrhunderts hervorgegangen
(J. Niedner, Die Entwicklung des städtischen P.
in der Mark Brandenbusg, 1911, Kirchenrechtl.
Abhandlungen hrsg. v. Stutz, Heft 73/74).
11. Arten des Patronats. Auch in der evan-
gelischen Kirche kommen die in 3 3 besprochenen
Arten des P. vor, nur hat die zum Teil noch festge-
haltene Unterscheidung zwischen dem Laien-, geist-
lichen und gemischten P. bei der verschiedenartigen
Auffassung des Verhältnisses der Geistlichen und
Laien in der evangelischen Kirche keinen Sinn und
ist auch schon zum Teil, so vom ALs, fallen ge-
lassen. Die Bezeichnung landesherrliches
Patronatrecht wird in der evangelischen
Kirche mehrfach auch für die aus der Stellung des
Landesherrn als Träger des obersten Rirchen-
regiments hervorgehende freie Verleihung der
geistlichen Aemter gebraucht, aber diese Bezeich-
nung ist, weil sie Verwirrung anrichtet, besser zu
vermeiden (oben 3 a. E.).
5+ 12. Entstehungegründe. Als solche kommen
die Fundation und die Ersitzung in Betracht. An
Stelle der päpstlichen Verleihung hat man, aber
nur vereinzelt, so in Sachsen, die Verleihung
durch den Landesherrn gesetzt. (Wegen des ALR
vgl. auch § 4).
* 13. Inhalt. Auch in der evangelischen Kirche
ist das wichtigste Recht des Patrons die Präsen-
die kirchenregimentliche Behörde, (gewöhnlich) das
Konsistorium, erfolgt und diese die sog. Konfir-
mation (entsprechend der katholischen institutio
collativa) erteilt. Die Berufung des Kandidaten
seitens des Patrons heißt Vokation (nicht Nomi-
nation). Nach einzelnen Rechten (Preußen,
ALR II 11 & 384, Nassau, Württem-
berg, Baden) erlangt der Berufene dadurch
ein festes Anrecht auf die Stelle, und es ist daher
eine weitere Nachpräsentation für den Patron
ausgeschlossen. Die Präsentationsfrist ist vielfach
ohne Unterscheidung zwischen Laien-- und geist-
lichen P. abweichend vom kanonischen Recht be-
stimmt: sie beträgt 6 Monate (Preußen, ALR
II 11 8 393, 398, Bayern), 3 Monate (Ost-
preußen, Rheinland, Westfalen,
Ostfriesland, Baden), 2 Monate (Kur-
hessen), dagegen noch 4 Monate, wie nach
kanonischem Recht (Herzogtum Magdeburg,
Schleswig-Holstein, Württemberg,).
Ferner kommt die Modifikation vor, daß der Pa-
tron der Kirchenbehörde nicht bloß einen Kandi-
daten, sondern mehrere, z. B. drei, vorzuschlagen
hat. Mitunter ist das Präsentationsrecht durch das
auch bei freier kirchenregimentlicher Besetzung her-
gebrachte sog. votum negativum der Gemeinde,
d. h. das Recht, gegen Lehre, Wandel und Leben
des in Aussicht genommenen Geistlichen Einspruch
zu erheben, beschränkt Württemberg), zu
dessen Ermöglichung der Kandidat nach einzelnen
Partikularrechten der Gemeinde zur Probe vor-
gestellt wird, also eine Probepredigt und auch
Probekatechisation zu halten hat (Preußen,
ALK II 11 588 329 ff). Endlich hat auch der Patron
in einzelnen Landeskirchen (Sachsen, zum Teil
in Schleswig-Holstein) der Gemeinde
drei Kandidaten zu präsentieren und diese den von
ihm vorzuschlagenden auszuwählen. Abweichend
von der katholischen Kirche kann die Kirchenbe-
hörde in der protestantischen Kirche den Kandi-
daten auch zurückweisen, wenn er nach allgemeinen
Rechtsgrundsätzen tauglich, aber relativ für die
betreffende Stelle nicht geeignet ist, doch ist in
solchen Fällen dem Patron die Frist zu einer neuen
Präsentation zu gewähren.
Die Ehrenrechte des Patrons sind (abge-
seheen von dem fortfallenden honor processionis)
im wesentlichen dieselben, wie nach katholischem
Kirchenrechte. Das Recht der cura, die zum Teil
auch zugleich als Pflicht betrachtet wird (ALR
II 11 & 568), geht aber vielfach weiter, nämlich
auf Abnahme der Kirchenrechnung und auf das
Recht der Mitwirkung bei wichtigen Akten der
Vermögensverwaltung. Seit der Einführung
presbyterialer Ordnungen hat der Patron ferner,
seine Fähigkeit vorausgesetzt, nach einzelnen Kir-
chengemeindeordnungen das Recht, in den Kir-
chenvorstand oder Gemeindekirchenrateinzu-
treten, oder es kommt ihm (wie in Altpreußen)
alternativ dieses Recht oder die Ernennung eines
Kirchenvorstehers (Aeltesten) zu, so daß er also auch
an der Erfüllung der inneren kirchlichen Aufgaben
der Gemeindeorgane teilnehmen kann. Endlich ist
mehrfach noch heute das Recht des Patrons auf
Alimente anerkannt (ALR II 11 5 595 ff), mit-
unter freilich, wie in Baden, abgeschafft.
Abweichend vom katholischen Kirchenrechte liegt
dem Patron vielfach eine direkte, wenn auch bloß
tation auf das vakante Amt, nur daß sie hier an subsidiäre Baulastpflicht ob [MKirchenbaulastl.