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Verehelichung — Vereine und Versammlungen
Nr. III, § 1 mit Schluß Prot Nr. 1). Auch das
Personenstandsgesetz [X v. 6. 2. 75 und das
BGB tasteten das bayer. Sonderrecht nicht an.
Landesgesetzlich wurden die hierher gehörenden Be-
stimmungen des Heimatgesetzes abgeändert durch die No-
velle v. 20. 2.72, durch das G über die VerwkRechtspflege v.
8. 8. 78, das AG z. St P v. 18. 8. 79, durch die Novelle
v. 21. 4. 84, durch die die Zahl der gemeindlichen Einspruchs-
gründe vermehrt worden ist, durch die Novelle v. 17. 3. 92,
durch die rückwirkend der Mißstand der privat= und öffentlich-
rechtlichen Ungültigkeit einer ohne B. Zeugnis abgeschlosse-
nen Ehe bis zu dessen nachträglicher Ausstellung beseitigt
worden ist, und durch a 154 Nr. XI AGz. B v. p. ö. 99,
durch den das gemeindliche Aufgebot und die Mitbeurkun-
dung des Nichtbestehens von privatrechtlichen und dienst-
lichen Ehehindernissen im V. Zeugnis abgeschafft worden ist.
Die neue Fassung des Heimat G ist am 30. 7. 99
(GVBl 469) bekannt gegeben worden.
Die Rheinpfalz wurde von dieser Rechts-
entwicklung nicht betroffen; sie behielt die
V. Freiheit des französischen Rechts.
b) Geltendes Recht (a 31—36 Hei-
matGC). Ein in den Landesteilen
rechts des Rheins beheimateter
Mann darf eine Ehe erst eingehen, wenn durch
ein Zeugnis der Distriktsverwaltungsbehörde
fengestelt. ist, daß gegen die V. keiner der gesetz-
ichen Einspruchsgründe seiner Heimatsgemeinde
(bei vorläufiger Heimat des Fiskalats) geltend
gemacht wird.
Gründe u. a. Verurteilung von Mann oder Braut zu
Zuchthaus oder wegen Vergehens gegen die Eittlichkeit
oder Eigentumvergehens zu wenigstens 4 Wochen Freiheits-
strase, Verurteilung der Braut oder ihre Unterstellung unter
polizeiliche Aussicht wegen gewerbsmäßiger Unzucht — stets,
salls nicht 3 Jahre seitdem verflossen sind; Rückstand mit
Gemeindcabgaben; Armenunterstützung, Bevormundung,
Konkurs des Mannes.
Dieses Verbot gilt auch für Eheschließungen
außerhalb Bayerns, weshalb meist landesgesetz-
lich ausdrücklich die V. rechtsrheinischer Bayern
von der Beibringung des V. Zeugnisses abhängig
gemacht ist. Auf die Rechtsgültigkeit der
geschlossenen Ehe ist der Mangel des Zeugnisses
ohne Einfluß, die Ehe hat aber bis zur
nachträglichen Erwirkung des Zeugnisses für
die Ehefrau und die Kinder dieser Ehe sowie
die durch die Ehe legitimierten Kinder in be-
zug auf die Heimat (Mnicht die Wir-
kungen einer gültigen Ehe. Die Ehefrau be-
hält ihre bisherige Heimat und die Kinder folgen
der Heimat der Mutter. Erlangt die Ehefrau
erst durch die V. die bayerische Staatsangehörig-
keit, so besitzt sie mit den Kindern die vorläufige
Heimat in der Heimatgemeinde des Mannes.
Gegen die Entscheidung der Distriktsverwaltungs-
behörde ist verwaltungsgerichtlicher Schutz ge-
währt. — V. ohne Zeugnis außerhalb Bayerns wird
bis zu 150 Mk. oder 30 Tagen Haft bestraft.
Reichsausländer haben der Distrikts-
verwaltungsbehörde den Nachweis vorzulegen,
daß nach den im Heimatlande des Mannes gel-
tenden Gesetzen diese Eheschließung zulässig ist und
dieselbe Wirkung hat, wie wenn sie im Heimat-
lande selbst erfolgt wäre. Ist dieser Nachweis ge-
liefert, so hat die Distriktsverwaltungsbehörde ein
Zeugnis auszustellen, daß der V. kein Hindernis
im Wege stehe. Auch dieses Zeugnis ist kein Er-
fordernis der Gültigkeit der Che. I7 Ausland.)
o) Künftige Rechtsgestaltung. Die
Unerquicklichkeit des V. Zeugnisses für die Betei-
ligten und die Behörden; seine allmähliche Ent-
wertung durch die Novellen; der mäßige Gebrauch,
den die Gemeinden von ihrem Einspruchsrecht
machten; die Tatsache, daß Bayern so ziemlich
der einzige Kulturstaat ist, in dem noch polizei-
liche Ehebeschränkungen in Geltung sind; und
endlich auch der Geburtenrückgang veranlaßten
die bayerische Staatsregierung in der Denkschrift
Üüber die Abänderung der bayer. Heimat= und
Armengesetzgebung (1912) für die Aufhebung der
polizeilichen Schranken der V. für Inländer ein-
zutreten und zwar auch für den Fall der Bei-
behaltung des bayer. Heimatrechts, dessen Be-
stand in seinem Wesen vom V. Recht völlig un-
abhängig sei. Mittlerweile hat sich der bayer.
Landtag im Einverständnisse mit der Staats-
regierung unter Aufgabe des Reservatrechtes für
die Einführung des R über den Unterstützungs-
wohnsitz in Bayern entschieden. Unter dem
30. 6. 13 ist das RG zur Einführung des G über
den Unterstützungswohnsitz im Königreich Bayern
(Röl 495) ergangen; der durch Kais. Verord-
nung zu bestimmende Zeitpunkt des Inkrafttre-
tens dieses Gesetzes ist noch nicht festgelegt. Mit
dem Uebergang zum Unterstützungswohnsitzgesetz
tritt das Heimatgesetz außer Kraft. Damit wird
dem gemeindlichen Einspruchsrecht und dem
distriktspolizeilichen V. Zeugnisse der Boden ent-
zogen. Die neue Regelung des bayer. V. Rechts
wird in dem bayer. AG z. Unterstützungswohnsitz G
erfolgen (Entwurfbis jetzt noch nicht veröffentlicht).
Literatur: Rehm, Art. „CEheschließung“ im
W Staats W“ III 1909 S 606; Mischler, Art. „Ehe-
schließung“ im WB VolkesW; Frhr. v. Stengel, Art.
„Niederlassung“ #J 4 (1. Aufl WB VerwK II, 166); Thu-
dichum,. Ueber zulässige Beschr. des Rechts der B.,
1866; Schütz, 36taatsW 1848, 25 (Württemberg);
v. Sicherer, Personenstand und Cheschließung in
Deutschland, 1879; v. Seydel, Bayer. Staatsrecht 3,
102 ff, 1896 und in den Annalen 1891, S 72 ff; Rehm
im Arch Oefsi 8, 47; Kommentare zum bayr. Heimatgesetz:
v. Reger und v. Riedel; systematisch von Kutzer,
Das bayerische Heimatrecht, 1905.
1 Heimatrecht, Personenstand. Fitz.
Vereine und Versammlungen
1 1. Rechtsquellen. 5 2. Begriff und Arten des Bereins.
13. Begriff der Bersammlung. 3 4. Vereins- und Bersamm-
lungsrecht als subjektives öffentliches Recht. 3 5. Bereins-
recht im einzelnen. # 6. Versammlungsrecht im einzelnen.
K+ 1. Rechtsgnuellen. I. Das geltende Recht hin-
sichtlich der Vereine und Versammlungen in
öffentlich-rechtlicher Beziehung ist in der Haupt-
sache enthalten in dem RV# v. 19. 4. 08, zu
dessen Erlaß a 4 Z. 16 NV die Zuständigkeit
gegeben hatte. Aufgehoben wurden §5 17 Abs 2
des Wahl für den deutschen Reichstag v. 31. 5.
1869, § 2 Abs 2 Eg z. StG, soweit er sich auf
die besonderen Vorschriften des Landesstrafrechts
über Mißbrauch des V.= und Vers. Rechts bezieht