Vermögenssteuer (Ergänzungssteuer)
671
tigen Erwerbsgesellschaft den einzelnen Teil-
habern nach ihrem Anteil und das Vermögen der
Haushaltungsgenossen dem Haushaltungsvor-
stande zugerechnet. Neben den dinglichen und
persönlichen Kapitalschulden ist auch der Kapital-
wert der vom Steuerpflichtigen oder aus einer
Fideikommißstiftung zu entrichtenden Apanage,
Renten, Altenteile und anderweiter periodischer
geldwerter Leistungen auf den steuerpflichtigen
Vermögensteilen zum Abzug zugelassen. Die
Haushaltungsschulden sind dagegen nicht abzugs-
berechtigt.
IV. Von der Erg St sind befreit preußische
Staatsangehörige mit außerhalb Preußens lie-
gendem Wohnsitz oder einem W außerhalb
Preußens und preußischem Wohnsitz, sowie solche
Personen, die, ohne einen Wohnsitz in Preußen
zu haben, sich länger als zwei Jahre im Ausland
aufhalten. Desgleichen werden zur Ergt nicht
herangezogen Vermögen bis zu einem Gesamt-
werte bis 6000 Mk. und Personen mit einem
Jahreseinkommen bis 900 Mk., falls ihr steuer-
pflichtiges Vermögen 20 000 Mk. nicht übersteigt,
und endlich weibliche Personen, die Familien-
angehörige pflichtgemäß zu unterhalten haben,
vaterlose minderjährige Waisen und Erwerbs-
unfähige, insoweit ihr Vermögen höchstens 20 000
Mark und ihr einkommensteuerpflichtiges Ge-
samteinkommen nicht mehr als 1200 Mk. beträgt.
V. Die Steuersätze der ErgSt sind Klas-
sensätze und betragen: ½ vom Tausend der Unter-
stufe von jeder Klasse. Die Klassen folgen sich in
zunehmenden Abständen mit den steigenden
Vermögen (1000, 2000, 4000, 10 000). Durch
Gv. 26. 5. 09 sind die St Sätze der Erg St bis zur
endgültigen Neuregelung der direkten St durch
gleichmäßige Zuschläge von 25% erhöht worden.
Personen, deren Vermögen 32 000 Mk. nicht
übersteigt, werden, wenn sie nicht zur Eink St
veranlagt sind, mit höchstens 3 Mk. jährlich, und
wenn sie zu deren vier ersten Stufen veranlagt
sind, höchstens mit einem um 2 Mk. unter der von
ihnen zu zahlenden Einkommensteuer verbleiben-
den Betrage zur Erg St herangezogen. Außerdem
kann Steuerpflichtigen, denen wegen ungünstiger
wirtschaftlicher Verhältnisse eine Ermäßigung der
Eink St gewährt wird, bei der Veranlagung auch
eine Ermäßigung der Erg St zugestanden. werden,
sofern das steuerpflichtige Vermögen nicht mehr
als 32 000 Mk. beträgt.
VI. Die Veranlagung,, deren Perioden
nach einem Uebergangsstadium seit 1899—1900
dreijährige sind, ist mit derjenigen zur Eink St ver-
bunden und geschieht durch eine Veranlagungs-
kommission in Gemäßheit des Eink St Gesetzes. Ein
Deklarationszwang seitens der Pflichtigen besteht
nicht, sondern es liegt einem Schätzungsausschusse
ob, die erforderlichen Wertermittlungen vorzu-
nehmen, wenn es nicht die Steuerpflichtigen frei-
willig vorziehen, selbst tatsächliche Angaben zu
machen. Für die Schätzung bildet in der Regel
der gemeine Wert die Grundlage: bei land= und
forstwirtschaftlichen Grundstücken seit 1906 der
10jährige Durchschnitt der Kaufpreise, seit 1909
der „Ertragswert“. (Grundsätzliche Entschädi-
gungen über gemeinen Wert und Ertragswert:
OG in Staatssteuersachen 5, 63 und 15, 890). Bei
immerwährenden Renten und Leistungen ist das
25 fache des Jahresbetrages, bei zeitlich begrenzten
das 12 ¼ fache anzusetzen und bei Leistungen auf
Lebensdauer schwankt der Koeffizient nach dem
Lebensalter zwischen 18 bei einem solchen bis
15 Jahren und 2 bei einem solchen von über 80
Jahren. Vom Kapitalwert unverzinslicher, be-
fristeter Forderungen oder Schulden dürfen 4%
Jahreszinsen erhoben werden. Dem Steuer-
pflichtigen wie dem Vorsitzenden der Veranla-
sungekommisston steht die Berufung oder Be-
chwerde an bestimmte Instanzen zu. Das Rechts-
mittelverfahren ist durch die Novelle v. 19. 6. 06
neu und eingehender geordnet worden. Die Er-
gebung der ErgSt geschieht gleichzeitig mit der
inkommensteuer.
VII. Das Erg tesetz hat eine beschränkte
„Kontingentierung" vorgesehen. Es wurde näm-
lich bestimmt, daß, wenn das erstmalige Veran-
lagungssoll (1895—96) den Betrag von 35 Mill.
Mark um mehr als 5% übersteige oder hinter
diesem um mehr als 5% zurückbleibe und dieser
letztere Ausfall nicht durch einen Mehrertrag der
Eink St über 135 Mill. Mark und durch die Er-
höhung der angesammelten Ueberschüsse gedeckt
werde, dann eine entsprechende Herabsetzung oder
Erhöhung der vorstehend mitgeteilten St Sätze
Platz greifen solle. Nachdem aber das Veran-
lagungssoll statt 35 Mill. Mark nur 29,563 Mill.
Mark betrug, wurden die St Sätze um 5,2 Pfg.
für jede Mark mit der Maßgabe erhöht, daß bei
Feststellung der hiernach zu berechnenden Jahres-
steuersätze jeder überschießende nicht durch 20
teilbare Pfennigbetrag auf den nächsten in dieser
Weise teilbaren Betrag abzurunden ist.
z 3. Sachsen. 1. Die Ergänzungssteuer
nach Gv. 2. 7. 02 ist im Zusammenhang mit der
Reform der Personalbesteuerung (1900—1902)
dem Stoystem neu eingefügt worden, nachdem
eine frühere Vorlage, die eine allgemeine VSt
anstrebte (Wachler) vom Landtage abgelehnt
worden war.
Die sächsische Erg St ist, gleichwie die preußische
als ein Glied der Erwerbsbesteuerung gedacht.
Sie trifft alle physischen Personen und alles Ver-
mögen, soweit es nicht von der Grund St getroffen
wird. Die Beibehaltung der Grundsteuer [I]
erschien aus politischen Gründen erwünscht, hatte
aber steuertechnische Mängel; so war der Schul-
denabzug stark eingeschränkt, was in der Praxis
Schwierigkeiten bot. Daß man zum ergänzungs-
steuerfreien Vermögen auch das Anlage= und
Betriebskapital für land= oder forstwirtschaftliche
Grundstücke rechnete, führte zu heftigen parla-
mentarischen Kämpfen, die erst mit der Beseitigung
dieser Steuerfreiheit durch die Novelle v. 21. 4.06
einen Abschluß fanden.
2. Von den nichtphysischen Personen sind im
allgemeinen die Aktiengesellschaften und die
Kommanditgesellschaften auf Aktien steuerpflich-
tig. Letztere aber unterliegen der VSt nur mit
demjenigen Teile ihres grundsteuerfreien Vermö-
gens, der sich nach verhältnismäßigem Abzug des
Wertes der Anteile der persönlich haftenden Ge-
sellschafter von dem gesamten, grundsteuerfreien
Vermögen der Gesellschaft ergibt. Im übrigen ist
die subjektive und objektive St Pflicht den bei der
Eink St geltenden Grundsätzen entsprechend ge-
ordnet und im ganzen dem preußischen Muster
nachgebildet. Befreit sind von der VSt
insbesondere Vermögen bis 12 000 Mk. und