Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Vermögenssteuer (Ergänzungssteuer) 
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tigen Erwerbsgesellschaft den einzelnen Teil- 
habern nach ihrem Anteil und das Vermögen der 
Haushaltungsgenossen dem Haushaltungsvor- 
stande zugerechnet. Neben den dinglichen und 
persönlichen Kapitalschulden ist auch der Kapital- 
wert der vom Steuerpflichtigen oder aus einer 
Fideikommißstiftung zu entrichtenden Apanage, 
Renten, Altenteile und anderweiter periodischer 
geldwerter Leistungen auf den steuerpflichtigen 
Vermögensteilen zum Abzug zugelassen. Die 
Haushaltungsschulden sind dagegen nicht abzugs- 
berechtigt. 
IV. Von der Erg St sind befreit preußische 
Staatsangehörige mit außerhalb Preußens lie- 
gendem Wohnsitz oder einem W außerhalb 
Preußens und preußischem Wohnsitz, sowie solche 
Personen, die, ohne einen Wohnsitz in Preußen 
zu haben, sich länger als zwei Jahre im Ausland 
aufhalten. Desgleichen werden zur Ergt nicht 
herangezogen Vermögen bis zu einem Gesamt- 
werte bis 6000 Mk. und Personen mit einem 
Jahreseinkommen bis 900 Mk., falls ihr steuer- 
pflichtiges Vermögen 20 000 Mk. nicht übersteigt, 
und endlich weibliche Personen, die Familien- 
angehörige pflichtgemäß zu unterhalten haben, 
vaterlose minderjährige Waisen und Erwerbs- 
unfähige, insoweit ihr Vermögen höchstens 20 000 
Mark und ihr einkommensteuerpflichtiges Ge- 
samteinkommen nicht mehr als 1200 Mk. beträgt. 
V. Die Steuersätze der ErgSt sind Klas- 
sensätze und betragen: ½ vom Tausend der Unter- 
stufe von jeder Klasse. Die Klassen folgen sich in 
zunehmenden Abständen mit den steigenden 
Vermögen (1000, 2000, 4000, 10 000). Durch 
Gv. 26. 5. 09 sind die St Sätze der Erg St bis zur 
endgültigen Neuregelung der direkten St durch 
gleichmäßige Zuschläge von 25% erhöht worden. 
Personen, deren Vermögen 32 000 Mk. nicht 
übersteigt, werden, wenn sie nicht zur Eink St 
veranlagt sind, mit höchstens 3 Mk. jährlich, und 
wenn sie zu deren vier ersten Stufen veranlagt 
sind, höchstens mit einem um 2 Mk. unter der von 
ihnen zu zahlenden Einkommensteuer verbleiben- 
den Betrage zur Erg St herangezogen. Außerdem 
kann Steuerpflichtigen, denen wegen ungünstiger 
wirtschaftlicher Verhältnisse eine Ermäßigung der 
Eink St gewährt wird, bei der Veranlagung auch 
eine Ermäßigung der Erg St zugestanden. werden, 
sofern das steuerpflichtige Vermögen nicht mehr 
als 32 000 Mk. beträgt. 
VI. Die Veranlagung,, deren Perioden 
nach einem Uebergangsstadium seit 1899—1900 
dreijährige sind, ist mit derjenigen zur Eink St ver- 
bunden und geschieht durch eine Veranlagungs- 
kommission in Gemäßheit des Eink St Gesetzes. Ein 
Deklarationszwang seitens der Pflichtigen besteht 
nicht, sondern es liegt einem Schätzungsausschusse 
ob, die erforderlichen Wertermittlungen vorzu- 
nehmen, wenn es nicht die Steuerpflichtigen frei- 
willig vorziehen, selbst tatsächliche Angaben zu 
machen. Für die Schätzung bildet in der Regel 
der gemeine Wert die Grundlage: bei land= und 
forstwirtschaftlichen Grundstücken seit 1906 der 
10jährige Durchschnitt der Kaufpreise, seit 1909 
der „Ertragswert“. (Grundsätzliche Entschädi- 
gungen über gemeinen Wert und Ertragswert: 
OG in Staatssteuersachen 5, 63 und 15, 890). Bei 
immerwährenden Renten und Leistungen ist das 
25 fache des Jahresbetrages, bei zeitlich begrenzten 
  
  
das 12 ¼ fache anzusetzen und bei Leistungen auf 
Lebensdauer schwankt der Koeffizient nach dem 
Lebensalter zwischen 18 bei einem solchen bis 
15 Jahren und 2 bei einem solchen von über 80 
Jahren. Vom Kapitalwert unverzinslicher, be- 
fristeter Forderungen oder Schulden dürfen 4% 
Jahreszinsen erhoben werden. Dem Steuer- 
pflichtigen wie dem Vorsitzenden der Veranla- 
sungekommisston steht die Berufung oder Be- 
chwerde an bestimmte Instanzen zu. Das Rechts- 
mittelverfahren ist durch die Novelle v. 19. 6. 06 
neu und eingehender geordnet worden. Die Er- 
gebung der ErgSt geschieht gleichzeitig mit der 
inkommensteuer. 
VII. Das Erg tesetz hat eine beschränkte 
„Kontingentierung" vorgesehen. Es wurde näm- 
lich bestimmt, daß, wenn das erstmalige Veran- 
lagungssoll (1895—96) den Betrag von 35 Mill. 
Mark um mehr als 5% übersteige oder hinter 
diesem um mehr als 5% zurückbleibe und dieser 
letztere Ausfall nicht durch einen Mehrertrag der 
Eink St über 135 Mill. Mark und durch die Er- 
höhung der angesammelten Ueberschüsse gedeckt 
werde, dann eine entsprechende Herabsetzung oder 
Erhöhung der vorstehend mitgeteilten St Sätze 
Platz greifen solle. Nachdem aber das Veran- 
lagungssoll statt 35 Mill. Mark nur 29,563 Mill. 
Mark betrug, wurden die St Sätze um 5,2 Pfg. 
für jede Mark mit der Maßgabe erhöht, daß bei 
Feststellung der hiernach zu berechnenden Jahres- 
steuersätze jeder überschießende nicht durch 20 
teilbare Pfennigbetrag auf den nächsten in dieser 
Weise teilbaren Betrag abzurunden ist. 
z 3. Sachsen. 1. Die Ergänzungssteuer 
nach Gv. 2. 7. 02 ist im Zusammenhang mit der 
Reform der Personalbesteuerung (1900—1902) 
dem Stoystem neu eingefügt worden, nachdem 
eine frühere Vorlage, die eine allgemeine VSt 
anstrebte (Wachler) vom Landtage abgelehnt 
worden war. 
Die sächsische Erg St ist, gleichwie die preußische 
als ein Glied der Erwerbsbesteuerung gedacht. 
Sie trifft alle physischen Personen und alles Ver- 
mögen, soweit es nicht von der Grund St getroffen 
wird. Die Beibehaltung der Grundsteuer [I] 
erschien aus politischen Gründen erwünscht, hatte 
aber steuertechnische Mängel; so war der Schul- 
denabzug stark eingeschränkt, was in der Praxis 
Schwierigkeiten bot. Daß man zum ergänzungs- 
steuerfreien Vermögen auch das Anlage= und 
Betriebskapital für land= oder forstwirtschaftliche 
Grundstücke rechnete, führte zu heftigen parla- 
mentarischen Kämpfen, die erst mit der Beseitigung 
dieser Steuerfreiheit durch die Novelle v. 21. 4.06 
einen Abschluß fanden. 
2. Von den nichtphysischen Personen sind im 
allgemeinen die Aktiengesellschaften und die 
Kommanditgesellschaften auf Aktien steuerpflich- 
tig. Letztere aber unterliegen der VSt nur mit 
demjenigen Teile ihres grundsteuerfreien Vermö- 
gens, der sich nach verhältnismäßigem Abzug des 
Wertes der Anteile der persönlich haftenden Ge- 
sellschafter von dem gesamten, grundsteuerfreien 
Vermögen der Gesellschaft ergibt. Im übrigen ist 
die subjektive und objektive St Pflicht den bei der 
Eink St geltenden Grundsätzen entsprechend ge- 
ordnet und im ganzen dem preußischen Muster 
nachgebildet. Befreit sind von der VSt 
insbesondere Vermögen bis 12 000 Mk. und
	        
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