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Verwaltung, Verwaltungsrecht
Unterlassung und Schadensersatz klagen (so daß
eine gerichtliche Entscheidung auch über den Um-
fang des Gemeingebrauchs möglich ist): vgl.
Holtz-Kreutz S 48 f, 51, 55, 130, 174, 225 f, 266 f,
327 f. Zu besonderen, den Gemeingebrauch über-
steigenden Benutzungen, deren Begründung keiner
Verleihung bedarf, ist außer der polizeilichen Er-
laubnis (§§ 19, 22) auch seine Zustimmung erfor-
derlich, soweit nicht nach Ss 331 f ein Zwangsrecht
gegeben ist: Holtz-Kreutz S 132, 148, 175, 266.
Biist auch verpflichtet, sein „Eigentum" in polizei-
gemäßem Zustande zu erhalten (Holtz-Kreutz 124).
Dem Privateigentümer der Wasserläufe steht
— analog wie im Wegerecht — die Wasser-
polizei gegenüber, der die Sorge für die
rechtmäßige Benutzung und den Gemeingebrauch
nach Maßgabe der ### 36, 37 (vgl. Holtz-Kreutz
218 f) durch Is 21 und 39 (über deren Verhältnis
Holtz-Kreutz 142), sowie für die Unterhaltung durch
I#s 113 f (36 FW 66 f) und unter Umständen auch
für den Ausbau durch I§s 176 f Übertragen ist.
IV. Von denselben Prinzipien wird auch das
bayrische Wasser= und Wegerecht be-
herrscht (ugl. v. Seydel-Graßmann 2, S 329f,
360 f; Luthard in Blätter f. administr. Praxis 20,
S 321 f, 337 f)0.
Auch im sächsischen Recht wird die
Kategorie des öffentlichen Eigentums abgelehnt
und Privateigentum der Gemeinden an den
öffentlichen Wegen anerkannt. Erst in neuester
Zeit ist die Judikatur des O insofern über
diese der preußischen und bayerischen Auffassung
entsprechende Gestaltung hinausgegangen, als
sie außerdem die Gemeinde zur „Herrin“" der
öffentlichen Wege gemacht hat, so daß sie zu ihnen
nicht nur in einem privatrechtlichen Verhältnis
steht, sondern dazu auch über sie als „öffentliche
Verkehrsräume“ eine „Herrschaft“ ausübt (Jahrb.
Sächs. OVG 15, S 175f, 203; 17, 6; v. d. Mo-
sel# 634 f; Soergel 3, S 770, 771, 774; 5, 493).
Als „Herrin“ hat die Gemeinde über die den
Gemeingebrauch übersteigende Benützung publi-
# ch zu verfügen, wobei sie freilich ebenso frei
asteht, wie als Privateigentümerin: sie darf
nur nicht aus „Willkür“ oder „persönlichen Be-
weggründen“ (Jahrb. 15, 208) die besondere
Nutzung versagen, „möge dos Unternehmen
(das die besondere Nutzung beansprucht) auch
noch so gemeinnützig sein“.
Aehnlich ist das württembergische Recht
gestaltet: auch hier ist die Lehre vom öffentlichen
igentum abgelehnt (Goez, Verw Roflege 375),
und infolge des bestehenden Privateigentums
der Gemeinde die Möglichkeit von privatrecht-
lichen Verträgen für den Gemeingebrauch über-
steigende Nutzungen anerkannt (vgl. Goez S 127,
387 f, 396; Soergel 2, 926). Da aber die Ge-
meinde außer diesem privatrechtlichen Eigentum
auch noch publizistische Beziehungen zu den
Wegen hat (vgl. Goez 193), ergeben sich Ver-
quickungen zwischen Eigentums- und öffentlicher
Verw, die bei der scharfen preußischen Scheidung
zwischen staatlicher Polizei Verw und kommunaler
Eigentums Verw und bei der Konstruktion der
öffentlichen Wege als polizeilicher Gemeindean-
stalten (s. unten 5 21 III) nicht möglich sind:
Probleme, wie die von Goez S 387 f, 395 f er-
örterten, können in Preußen nicht auftauchen
(und die S 387 Note 1 und 388 Note 1 er-
wähnten Entscheidungen sind von ihm nach
württembergischen Kategorien beurteilt und da-
her mißverstanden).
Jedenfalls kann diese neueste sächsische und würt-
tembergische Praxis nicht als ein Fortschritt gegen-
Über dem preußischen Recht angesehen werden:
historisch bedeutet sie eine unter französischen
Einflüssen erfolgte Wiederanknüpfung an die von
unserer Rechtsentwicklung im 18. Jahrhundert ab-
gebauten publizistischen Bestandteile des Regalien-
begriffes und praktisch eine (alles anders als
klärende) Verdoppelung der Stellung der Kom-
munen zu den öffentlichen Wegen, die neben den
ordentlichen Gerichten oder statt ihrer die Verw-
Gerichte zuständig macht.
#5# 21. Die öffentlichen Austalten.
J. Fast noch gefährlicher für die Eigenart
unseres Verw# als der Begriff des Iefentlichen
Eigentums ist der der öffentlichen n-
stalt (XI, namentlich in der Ausprägung, die
er durch Fleiner erfahren hat, und die von Schoen
im wesentlichen rezipiert worden ist: er wäre
in dieser Form geeignet, ebenso der Zentralbe-
griff unseres VerwK zu werden, wie der des
service public für das französische, dem er im
wesentlichen entspricht.
Während Fleiner den Begriff des öffentlichen
Eigentums abgelehnt hat, faßt er den der öffent-
lichen Anstalt dahin, daß, wenn er in conore to
für eine Anstalt bejaht wird, damit „das urteil
über alle ihre möglichen rech tli-
chen Beziehungen gefällt ist: über die
Anwendbarkeit der Gewerbeordnung, über das
Erfordernis polizeilicher Genehmigung des Un-
ternehmens, über die Pflicht zur Entrichtung der
Gewerbesteuer, über die Zulässigkeit einer staat-
lichen Beaufsichtigung, über den Gerichtsstand
für die Beurteilung von Streitigkeiten zwischen
der Anstalt und ihren Benutzern (ordentliche
Gerichte oder Verw Behörden und VerwGerichte) ,
über den Charakter des Entgelts für die Be-
nutzung der Anstalt (privatrechtliches Entgelt oder
Gebühr), über die Verjährung (NI, über die
Haftung des Staates oder der Gemeinde für
Versehen oder Vergehen der Beamten usw.“
Bestände dieser Begriff mit seinen vielseitigen,
durch Aufzählung garnicht zu erschöpfenden
Konsequenzen tatsächlich als eine dem positiven
Recht entsprechende Kategorie, so hätten wir in
ihm den Stein der Weisen für das gesamte Verw.
Er müßte zunächst die Lehre von den öffentlichen
Sachen in sich aufnehmen, da auch die Verw der
öffentlichen Wege, Gewässer, Museen, Kirch
höfe, Kanäle usw. einen „Bestand von Personen
und Mitteln, der technisch zu einer Einheit zu-
sammengefaßt ist", bildet. Aber darüber hinaus
bildet im Grunde jede ôöffentliche Ver-
waltungstätigkeit des Staates und der
Gemeinden eine öffentliche Anstalt im Sinne
Fleiners: und damit wäre die Scheidung von
Verw#k und bürgerlichem Recht bei uns ganz
im französischen Sinne gezogen.
II. Wie fern unserem Recht diese Auffassung
liegt, zeigt an einem typischen Beispiel die
Behandlung des Kaiser-Wilhelm-
Kanals 11] durch die Judikatur des Reichs-
gerichts. Da sein Bau und Betrieb eine den
zuständigen Verw Behörden vom Gesetz aufge-
tragene öffentliche Pflicht ist, kann ein dadurch