Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Verwaltung, Verwaltungsrecht 
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werbsmäßige"“ Vornahme von Privatrechtsgeschäf- 
ten einer bestimmten Art in der natürlichen Frei- 
heit enthalten sein muß; ferner Kelsen, Haupt- 
probleme 632 ff; Bühler, Subjektive öffentliche 
Rechte 233 ff). Ob ein Dürfen oder Können vor- 
liegt, könnte höchstens aus der privat= oder ver- 
waltungsrechtlichen Gestaltung des einzelnen In- 
stitutes im positiven Recht abgelesen werden, 
nicht aber umgekehrt der privat= oder verwaltungs- 
rechtliche Charakter aus dem (vermeintlich psycho- 
logischen) Tatbestande eines Dürfens und Kön- 
nens. „Nicht das Lebensverhältnis bestimmt den 
Charakter der Norm, welche dasselbe regelt, son- 
dern die Norm bestimmt den Charakter des Le- 
bensverhältnisses, insofern dasselbe durch die 
Norm geregelt wird und daher den Charakter eines 
Rechtsverhältnisses annimmt“ (Prazak im Arch- 
Oeff RK 4, 259 f#). 
So ist denn auch unsere Eisenbahn- 
konzession (JI (mag anfangs auch der Ge- 
sichtspunkt des Wegeregals die Anknüpfung ge- 
boten haben) nicht die Verleihung eines „öffent- 
lichen Unternehmens“, sondern die besonders aus- 
gestaltete „Genehmigung“ eines besonders wich- 
tigen und besondere Gefahren und Nachteile mit 
sich bringenden gewerblichen Unternehmens. Die 
Anfechtungsklage, die Sächs. Verwi#flG #§# 73 
Ziff. 7 gegen VerwEntscheidungen über Bestand, 
Umfang und Entziehung des verliehenen Rechtes, 
Eisenbahnen zu bauen und zu betreiben, sowie Ge- 
leise in einen Straßenkörper zu legen, gibt, umfaßt 
nach der Begründung des Gesetzes nicht den Streit 
mehrerer darüber, w m das verliehene Recht zu- 
steht, noch auch die Ansprüche des Berechtigten 
gPegen Dritte wegen Störung, noch endlich die 
ritter gegen den Berechtigten wegen Schädi- 
ungen durch das verliehene Recht (Apelt S254/5). 
ierfür bleibt vielmehr der Rechtsweg offen. Auch 
die Verwlage des # 73 Ziff. 7 hebt daher die 
Eisenbahnkonzession nicht aus der privaten und ge- 
werblichen Sphäre. Selbst das in der Pfalz früher 
geltende französische Eisenbahnwegerecht ist auf- 
gehoben: vgl. Reger--Dyroff“ S 283. 
Unsere „Konzession“ ist eben überhaupt kein 
einheitliches Institut, sondern je 
nach seiner Verwendung auf den einzelnen Verw- 
Gebieten verschieden ausgestaltet. Die Erteilung 
kann mehr oder minder im freien Ermessen der 
Behörde liegen; die „genehmigte“ Betätigung 
kann eine verschieden starke Sicherung ihres Bestan- 
des gegenüber der VerwBehörde (z. B. GewO 
#5 51, 53; O## 24, 351 für den Baukonsens; 
57, 323 für die Genehmigung öffentlicher Ver- 
sammlungen) und gegenüber Dritten (z. B. GewO 
##26, Preuß. Wasser G #82) erfahren, und das 
„gewährte“ Recht kann ein privates (Bergwerks- 
eigentum, Patent, preußische Wassernutzung, Ent- 
eignungsbe fugnis: Kormann, Rechtsgeschäftl. 
Staatsakte S 91) oder ein öffentliches sein. 
So die sächsische und württembergische Wassernutzung, 
freilich nicht die Fischereiberechtigung, außer der im Bo- 
densee, Göz, Verw Rechtspflege 404 ff, — übrigens ein 
gutes Beispiel für die Unmöglichkeit aus dem „Wesen-“ 
einer solchen Betätigung oder aus dem des „modernen 
Berwaltungsrechts“ irgendwelche Konsequenzen zu ziehen. 
Vol. auch v. Sarwey, Das öffentl. Recht und die Verwlfl 
Pflege S 329 f, 346 f’°. In Sachsen war früher der 
ordentliche Richter auch für Streitigkeiten über Art und 
Umfang der Wassernutzung zuständig: Jahrb. CV.G 18. 129. 
  
*26. Die Haftung des Staates für Ausübung 
der öffentlichen Gewalt. Auch die Haftung 
des Staates ist bei uns so geregelt, daß der 
Staat nur da nicht nach den allgemeinen Nor- 
men des BGB (5 89, 31, 278, 823, 831) haftet, 
wo seine Beamten „#n Ausübung der ihnen an- 
vertrauten öffentlichen Gewalt"“ Scha- 
den zufügen (E z. BGB a77, 81RGv. 22. 56. 10, 
Preuß. G v. 1. 8. 09). 
Dieser Begriff der „öffentlichen Gewalt“ wird 
ganz im Sinne unserer obigen Ausführungen (822) 
interpretiert. Es handelt sich „nicht bei jeder 
Tätigkeit kraft öffentlichen Rechts um Ausübung 
der öffentlichen Gewalt“ (Soergel 1, 59; Kamptz- 
Delius, Erg Bd. 1 S 20); „auch bei Gelegen- 
heit der Ausübung eines Staatshoheitsrechtes 
und zur Unterstützung der Ausübung desselben 
können privatrechtliche Verhältnisse zustande kom- 
men“ (Kamptz-Delius 1, 67). So wird „öffent- 
liche Gewalt“ im einzelnen nur insoweit ange- 
nommen, als für die Durchführung des unmittel- 
baren Zweckes von Hoheitsrechten „besondere 
Gewaltverhältnisse“ zwischen den Behörden und 
bestimmten Personen geschaffen sind. 
Daher sind die Probe fahrten der Kriegsschiffe, die nicht 
dem Zwecke der Truppenausbildung unmittelbar dienen 
(Kamptz-Delius 1, 64/5), die Prüfung von Glühzündern 
durch einen Leutnant, die Schädigungen Dritter durch den 
Kanallotsen (öffentliche Gewalt nur gegenüber dem zur 
Mitahme des Lotsen verpflichteten Schiff), das Ueber- 
reiten eines Passanten durch einen Gendarm bei der Ber 
folgung eines Verbrechers (öffentliche Gewalt nur gegen- 
Über dem Verbrecher), die Beschädigungen Dritter durch 
SBuchthäuslerarbeiten (öffentliche Gewalt nur gegenüber 
den Strafgefangenen selbst), die Behandlung in staatlichen 
Krankenhäusern, die Niederlegung von Schriftstücken bei 
Gericht, die Beschädigungen der Lehrer und Schüler und 
ihrer Sachen in den öffentlichen Schulen (nur die Schul- 
zucht selbst ist in den der Schulpflicht bienenden Anstalten 
Auslbung öffentlicher Gewalt), ebenso die zur zollamt- 
lichen Behandlung übergebenen Gegenstände, die Tätig- 
keit der Beamten einer kommunalen Sparkasse, die „öffent. 
liche Anstalt“ ist, usw. usw. — bloß „dfiskalische“ Tätig- 
keiten (ugl. Soergel 1 E 29, 58, 50, 67; Kamptz-Delius 
1, 67; Simon, Die Haftung der Verbände des öffentlichen 
Rechts für ihre Beamten nach dem G v. 1. 8. 0O9, Dissert. 
Königsberg 1913 S 31 , 35 f, 40 f; bayrische Judikatur 
bei Reger- Dyroff“ 183 fl. 
§# 27. Die bürgerliche Rechtsstreitigkeit. End- 
lich ist der Begriff„ bürgerliche Rechts- 
streitigkeit“ im §5 13 GV im Sinne un- 
serer Begrenzung des VerwR auf die besonderen 
Gewaltverhältnisse ausgelegt worden. 
Es kommt für diesen Begriff bekanntlich nicht 
an auf die Parteien, nicht auf die anzuwendenden 
Rechtsnormen, nicht auf den Inhalt oder Gegen- 
stand der Leistungen, nicht auf den Titel, sondern 
allein auf die „innere Natur“ des strittigen An- 
spruchs (vgl. Stoelzel, Rechtsweg und Kompetenz- 
konflikt ( Rechtsweg S 228, 233, 3271 22; 
Stein, Justiz und Verw S 32ff; Goez 11fj; 
Seydel-Piloty 1, 415/6). 
Der Begriff „Rechtsverhältnis“ ist nicht ein- 
deutig; sondern ces muß unterschieden werden 
zwischen dem einzelnen subjektiven Recht, das ein 
„Rechtsverhältnis im engeren Sinne“ darstellt, 
und dem „Rechtsverhältnis im weiteren Sinne“, 
aus dem die einzelnen Ansprüche und Rechte er- 
wachsen, dem „Ursprungsverhältnis“, das die
	        
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