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die mitwirkenden Beamten müssen die allgemeinen
oder die für ihre besonderen Funktionen gesetz-
lich geforderten Eigenschaften besitzen. Endlich darf
der handelnde Beamte nicht wegen persönlicher
Beteiligung ausgeschlossen sein.
Eine Mitwirkung der Interes-
senten ist in verschiedener Weise möglich. Sehr
häufig wird eine Zustimmung der Interessenten,
entweder zu dem Inhalt der Verfügung oder als
Antrag zum Erlaß der Verfügung vorgesehen.
Die Mitwirkung kann aber auch durch die Vor-
schrift eines besonderen Verfahrens in verschieden-
ster Weise, von dem primitiven Verfahren der
bloßen „Anhörung“ bis zu dem kunstvollen Bau
eines kontradiktorischen Prozeßverfahrens J Ver-
waltungsgerichtsbarkeit; Beschlußverfahren), sicher-
gestellt werden; grundsätzlich aber kennt
das Verwaltungsrecht nur ein form-
loses Instruktionsverfahren.
Die Mitwirkung anderer Behör-
den hat eine selbständige Bedeutung nur insoweit,
als sie in einer Zustimmung oder Genehmigung
besteht, wie namentlich bei den aufsichtsrechtlichen
Genehmigungen. Im übrigen gelten für sie die
gleichen Grundsätze wie für die Mitwirkung von
Interessenten.
II. Grundsätzlich gilt auch im öffentlichen Recht
Formlosigkeit, woraus sich insbesondere
die fast durchweg anerkannte Möglichkeit still-
schweigender Willenserklärungen ergibt. Ausnah-
men von diesem Grundsatz klönnen auf ausdrück-
licher gesetzlicher Bestimmung beruhen; sie können
sich aber auch als stillschweigende gesetzliche Form-
vorschriften aus gewissen sonstigen Vorschriften
ergeben, wie z. B. aus der gesetzlich verlangten
förmlichen Zustellung auf die Notwendigkeit der
Schriftform zu schließen ist; die Form kann end-
lich auch eine gewillkürte, durch den V. selbst nor-
mierte sein.
Als ein zelne Formen kommen in Be-
tracht: Schriftform in ihren verschiedenen Ab-
stufungen von der gewöhnlichen Schriftform mit
oder ohne Unterschrift bis zur feierlichen Aus-
fertigung urkundlich unter Siegel; Mündlichkeit
wie namentlich im Prozeßrecht; gewisse förmliche
Handlungen.
III. Nach der Art ihrer Kundgabe hat
man, ähnlich wie im Privatrecht, zu unterscheiden
zwischen empfangsbedürftigen und
streng einseitigen Verwaltungs-
akten. Bei den letzteren genügt die Kund-
machung schlechthin, bei diesen ist zur Hervor-
bringung der gewollten Wirkungen weiter erfor-
derlich, daß sie erklärt werden gegenüber einem
bestimmten Adressaten.
Wie im Privatrecht, so sind auch im öffentlichen
Recht die empfangsbedürftigen Rechts-
geschäfte die Regel. Adressat der Erklärung ist
derjenige, für den die Verfügung ihrem Inhalt
nach bestimmt ist. Die Bekanntgabe kann wirksam
nur an geschäftsfähige Personen erfolgen. Der
Zeitpunkt des Zugehens der Erklärung ist nach der
sog. Empfangstheorie unter entsprechender An-
wendung von B(# 130, wie übrigens wiederholt
in der Rechtsprechung anerkannt worden ist, zu
bestimmen.
Die Nichtempfangsbedürftigkeit
bildet auch im öffentlichen Recht die Ausnahme.
Als solche bedarf sie stets einer gesetzlichen Grund-
Verwaltungsakte
lage. Ein Beispiel streng einseitiger Verfügung
bildet die Einberufung von Kontrollversammlun-
gen durch öffentliche Bekanntmachung nach
ehr O 115 Ziff. 7.
Es gibt auch Mischformen von Emp-
fangsbedürftigkeit und Nichtemp-
fangsbedürftigkeit. Hierher gehört zu-
nächst der Fall, daß ein V. für gewisse Wir-
kungen streng einseitig, für andere empfangs-
bedürftig ist, wie z. B. das Urteil. Eine zweite
Mischform besteht darin, daß der V. wirk-
sam wird nur durch Bekanntgabe, aber unter
Rückbeziehung seiner Wirkungen auf den Tag
seines Erlasses; das Hauptbeispiel bildet der
Konkurseröffnungsbeschluß gemäß Konk. O 108;
es gehören hierher aber auch die nicht seltenen
beamtenrechtlichen Bestimmungen, wonach der
Rang oder das Dienstalter mehrerer Beamten
derselben Kategorie sich nach dem Datum der
Anstellungsurkunde, ohne Rücksicht auf den Zeit-
punkt ihres Zugehens, richtet.
IV. Die Kundgebung der Verfügung kann
formlos oder förmlich erfolgen. Form 1 o ig
keit und Formen der Kundgaben
stehen in gewisser Beziehung zu Formlosigkeit.
und Formen der Verfügung 2#½# dürfen damit
aber nicht verwechselt werden.
Grundsatz ist auch für die Kundgabe Form-
losigkeit. Daher kann, wo keine Form für
die Verfügung selbst besteht, auch ihre Bekannt-
gabe in jeder beliebigen Form geschehen: durch
schriftliche Mitteilung, auch durch Zeichen. Dort,
wo die Verfügung selbst der Schriftform bedarf,
scheidet natürlich auch die mündliche Eröffnung
zu Protokoll und die gewöhnliche mündliche Mit-
teilung aus den zulässigen Kundgabearten aus;
aber die Uebergabe des Schriftstückes, in dem sich
die Verfügung verkörpert, kann in jeder beliebigen
Form geschehen. Wo eine besondere Form nicht
vorgeschrieben ist, da wird man unter entsprechen-
der Anwendung vom BGB 132 Abs 1 Satz 2
jedenfalls stets die Zustellung in den Formen der
8., insbesondere also die Ersatzzustellung, für
ausreichend zu erachten haben. Das bloße Er-
fahren von einer Verfügung ersetzt nicht ihre
Bekanntgabe.
Soweit ausnahmsweise Formenvorschriften be-
stehen, kommen als Formen hauptsächlich in
Betracht: die Zustellung im technischen Sinn,
d. h. die in bestimmter Weise formalisierte Ueber-
gabe von Schriftstücken, und die Veröffentlichung,
seltener die Eröffnung zu Protokoll.
5. Nichtigkeit, Aufechtbarkeit, Verbindlich-
keit und Rechtskraft.
I. Nichtigkeit in dem Sinn von absoluter
Nichtigkeit, d. h. in demselben Sinn wie er in
Privatrecht verwendet wird, bedeutet diejenige-
Mangelhaftigkeit einer Willenserklärung, bei der
die Mängel so groß sind, daß sie die Willenser-
klärung vollständig vernichten; sie bewirken, daß
die Rechtslage trotz der Willenserklärung so ist
als ob diese nicht vorhanden wäre.
1. Tas Wesen dieses Nichtigkeits-
begriffs wird am besten verdeutlicht durch die
Folgerungen, zu denen er führt. Die nichtige
Verfügung in diesem Sinn bedarf keiner Aufhe-
bung, da sie im Rechtssinn ja überhaupt nicht als
etwas wirkliches vorhanden ist; soweit formell
eine Aufhebung erfolgt, hat diese lediglich dekla-