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Verwaltungsbeiräte
Informationsorgane zu gqualifizierenden V. Da
die Zustimmung dieser Strombeiräte in bestimm-
ten Angelegenheiten notwendig ist, sind sie wahre
Administrativorgane, die den Behörden, denen
sie beigegeben sind hier den Verwüusschüssen
der Strombauverbände ähnlich gegenüberstehen
wie etwa die Stadtverordneten dem Magistrat.
Der Geschäftsgang der V. ist vielfach dem
Parlamentsrechte nachgebildet. Häufig bestehen
detaillierte Geschäftsordnungen. Oft wird den
Mitgliedern eine Aufwandsentschädigung gewährt.
5#2. Beamtenverwaltungsbeiräte, d. h. V., die
überwiegend aus beamteten Personen
durch landesherrliche (bundesratliche) oder mini-
sterielle Ernennung entnommen sind, kommen
besonders auf dem Gebiete der Unterrichts-
und Kunst= sowie der Medizinal-- und
Veterinärverwaltung vor. An diese
Amtskommissionen pflegt man nicht zu denken,
wenn von V. die Rede ist; diese Bezeichnung wird
vielmehr in der populären Terminologie den
Beiräten mit überwiegender Beteiligung nicht-
beamteter Personen vorbehalten.
1. Schulwesen. Das Reich bedient sich
bei Geltendmachung seiner geringen Kompetenz
in Schulsachen (z. B. Einjährigenprüfungswesen)
der Reichsschulkommission. Bayern hat für
das Mittelschulwesen den Obersten Schulrat, für
das Volksschulwesen eine Landesschulkommission
und in den Reg Bezirken Kreisschulkommissionen.
Württemberg besitzt einen Beirat für das
gewerbliche Fortbildungsschulwesen.
2. Für die Pflege des Urheber-- und Er-
finderrechts sind im Gefolge der Reichs-
gesetze über diese Materien durch das ganze
Reich Sachverständigenkammern je für Werke
der Literatur, für Werke der Tonkunst, für Werke
der bildenden Künste, für Werke der Photogra-
phie sowie endlich gewerbliche Sachverständigen-
vereine ins Leben getreten. Daneben besteht
eine Fülle künstlerischer Kommissionen.
Das Reich hat bei der Reichsdruckerei eine
Sachverständigenkommission in Kunst= und tech-
nischen Fragen. In Preußen erfreut sich
das Kunstgewerbemuseum eines Beirats; es
findet sich eine Landeskommission zur Beratung
über Verwendung der Fonds für Kunstzwecke, und
für Denkmalpflege [NU bestehen provinzielle Kom-
missionen. Die bayerische Staatsregierung
benützt als Beirat in Kunstfragen den Künstleri-
schen Sachverständigenverein. Außer einer Ge-
neralkommission der Kunstsammlungen des Staa-
tes besteht in Bayern noch eine Kommission für die
staatlichen Monumentalbauten. Für Sachsen
wäre nur die Kommission zur Erhaltung der Kunst-
denkmäler zu erwähnen, während in Würt-
temberg neben einer Kommission des Kon-
servatoriums und der Staatssammlung vaterlän-
discher Kunst= und Altertumsdenkmale eine Kom-
mission für Pflege der bildenden Künste waltet.
3. Auf dem Gebiete der Medizinal-- und
der Veterinär verwaltung ist das Amtskom-
missionswesen ebenfalls eine häufige Erscheinung.
Im Reich ist dem Gesundheitsamt der Reichs-
gesundheitsrat beigegeben, der gemäß §s 43 des
R#v. 30. 6. 1900 betr. die Bekämpfung gemein-
gefährlicher Krankheiten (Rel S 306) das Ge-
sundheitsamt zu unterstützen hat. In Preu-
ßen besteht eine Wissenschaftliche Deputation für
das Medizinalwesen und in den Provinzen sind
Medizinalkollegien eingerichtet. Der preußische
Aerztestand [NI ist in provinziellen Aerztekammern
mit einem zentralen Aerztekammerausschuß organi-
siert. Diese autorisierten Standesvertretungen
amtieren zugleich, wie alle derartigen Institute,
als Beiräte der Staatsbehörden in den den Stand
berührenden VerwFragen. Für das Apotheken-
wesen [MIfinden sich die Technische Kommission für
pharmazeutische Angelegenheiten als Beirat in
Fragen des täglichen Geschäftsgangs, z. B. in
Taxfragen, und der in den Angelegenheiten von
allgemeiner Bedeutung fungierende Apothekerrat.
Im preußischen Veterinärwesen [J.] haben Bei-
ratscharakter das Landesveterinäramt selbst so-
wie der ihm beigegebene Ständige Beirat für
das Veterinärwesen. In Bayern ist für
das Land ein Obermedizinalausschuß eingerichtet,
während in den Reg Bezirken Kreismedizinalaus-
schüsse sowie an den 3 Universitäten Medizinal-
komitees fungieren. Als Berufsorganisationen
der Aerzte und der Apotheker bestehen in Bayern
für jeden Reg Bezirk eine Aerztekammer und eine
Apothekerkammer. Sachsen besitzt ein Landes-
medizinalkollegium sowie eine Kommission für das
Veterinärwesen, Württemberg ein Me-
dizinalkollegium (2 Abteilungen: für die Staats-
krankenanstalten und tierärztliche Abteilung) und
an seiner Universität ein Medizinisch-Chirurgisches
Kollegium. I/X Tierärzte, Gesundheitswesen.)
#5 # 3. Verwaltung der Verkehrsanstalten. Die
Eisenbahnverwaltungen haben in Deutschland
durchgängig Beiräte. Für die Postverwaltung
sind, von Württemberg abgesehen, die Beiräte
derzeit noch eine Forderung der interessierten
Schichten. / Eisenbahnbeiräte, Band 1 673—
1. Wie in l bemerkt, ist 1874 von der Verwal-
tung der Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen
ein Eisenbahnausschuß gegründet worden, als der
erste Eisenbahnbeirat in Deutschland. Von be-
sonderer Bedeutung war das Vorgehen Preu-
ßens. Preußen schuf (G v. 1. 6. 82, betr. die
Einsetzung von Bezirkseisenbahnräten und eines
Landeseisenbahnrates für die Staatseisenbahn-
verwaltung, GS # 313, und G v. 15. 6. 96, GS 321,
sowie v. 15. 6. 10, GS # 99) eine doppelte Schicht
von Eisenbahnbeiräten, Bezirkseisenbahnräte für
einen oder mehrere Direktionsbezirke (9 Bezirks-
eisenbahnräte auf 21 Direktionsbezirke) und auf
der Grundlage der Bezirkseisenbahnräte einen
Landeseisenbahnrat. In Sachsen (Kgl B
v. 9. 7. 81, die Errichtung eines Eisenbahnrates
betreffend, Dresdener Joürnal Nr. 160 v. 14. 7.
81) und in Württemberg (Kgl V v.
28. 7. 10, betr. den Beirat der Verkehrsanstalten,
Reg Bl Nr. 24) begnügte man sich, entsprechend
dem geringeren Gebietsumfang, mit einem ein-
zigen Beirat, in Sachsen Eisenbahnrat, in Würt-
temberg Beirat der Verkehrsanstalten genannt.
Bayern hiegegen (Kgl V v. 15. 8. 08, GBhl
523) sah sich wegen der Abgelegenheit des pfälzi-
schen Eisenbahnnetzes genötigt, neben dem Lan-
deseisenbahnrat für die Pfalz einen — Verkehrs-
ausschuß genannten — Beirat ins Leben zu rusen,
der also einen Bezirkseisenbahnrat im Sinne der
preußischen Terminologie darstellt.
Die Bildung der Eisenbahnbeiräte erfolgt über-
wiegend aus Vertretern von Handel, Gewerbe