Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Verwaltungsgemeinschaften (Internationale Unionen) 
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und im Arch f. R. u. Wirtsch.-philosophie 4, 4 (Juli 1911); 
Preuß. Verwalt.-Blatt 17, 77; 21, 423; 22, 486; 23, 
S 314, 481, 407, 525; 27, 23 (GÖ14. 784. 841); 28, 772. 
Preuß. Jahrbücher 107, Heft 1 (Frh. v. Zedlitz) und 
Z f. Soz.-Wissensch. IV Heft 11. Lunglmayr, Der jn- 
ristische BVorbereitungsdienst in Bayern, 1905; 3Z. f. 
Rechtspflege in Bayern 1910 (S 415, 430: Müller); 
1912 (S 345: Eckert); Gareis, Jurg#t#g#1910, 1432; 
Rienhardt, Der höhere württemb. Staatesdienst, 1904. 
Manches auch in den Schriften zur Berwaltungsreform 
in Preußen (oben Seite 727). 
v. Kirchenheim. 
Verwaltungsgemeinschaften 
(Internationale Unionen) 
#m6 1. Begriff. # 2. Berwaltungsgemeinschaften, an denen 
Einzelstaaten des Reichs beteiligt sind. 3. Verwaltungs- 
gemeinschaften des Reichs. # 4. Unionen. 1 5. Die Organe 
der Union. 4 6. Einfluß des Krieges auf bestehende Ver- 
waltungsgemeinschaften. 
8 1. Begriff. I. Verwaltungsgemein- 
schaften im weiteren Sinne sindauf 
Staatsvertrag []beruhende Ver- 
bindungen zweier oder mehrerer 
Staaten, zu dem Zweck, eine Ge- 
meinschaft auf einem der Verwal- 
tung angehörenden Gebiete her- 
beizuführen. — Daher liegt eine V. im 
Sinne dieser Darstellung nicht vor: 
1. Wenn in einem Bundesstaat auf Grund von 
Verf Bestimmungen oder der Gesetzgebung des 
Bundesstaates ein Gebiet der Verwaltung der 
Einzelstaaten gemeinschaftlich ist (vgl. z. B. die 
Reichszollgesetzgebung). 
2. Im Falle von „Parallelge setzgebung“, bei der 
aus Zwecksmäßigkeitserwägungen mehrere Staa- 
ten gleichartiges Recht schaffen, ohne daß der ein- 
zelne gehindert wäre, es einseitig abzuändern 
(Hauptbeispiele: der von allen seefahrenden Mäch- 
ten adoptierte internationale Signalkodex nach 
dem Vorbild des englischen Commercial code of 
signals for the use of all nations von 1857; die 
auf dem Washingtoner Kongreß von 1889 fest- 
gestellten Grundsätze zur Vermeidung von Zu- 
sammenstößen auf See, in Geltung seit 1897 bezw. 
1906; ferner im Reich die Landesseuchengesetze 
der thüringischen Staaten aus den Jahren 1910 
bis 1912). 
3. Aus dem Rahmen dieser Darstellung fallen 
ferner alle internationalen Vereinigungen 
von Privatpersonen, wie sie in stetig 
wachsendem Umfang und mit zum Teil großartiger 
Entwicklung ins Leben treten, auf einer ganzen 
Reihe von Gebieten als Pioniere für völker- 
rechtliche V., denen sie vielfach die Richtung 
durch die Erkenntnis gewiesen haben, daß das mo- 
derne Völkerrecht in erster Linie dazu berufen sein 
muß, den von Jahr zu Jahr wachsenden Bezie- 
hungen zwischen den Kulturstaaten und ihren An- 
gehörigen und der auf allen Gebieten des staatlichen 
Lebens sich zeigenden Solidarität der Interessen 
  
durch vertraglichen Zusammenschluß Anerkennung 
zu verschaffen (X Staatsverträge § 3 S. 5071. 
Eine vollständige Zusammenstellung der vie inter- 
nationale privée s. in Annualre de la vie Ionter- 
nationale I, 1908/00, S 537—1282; II, 1910/11, S 613 
bis 2536, herausgegeben, gleich dem seit 1912 monatlich 
erscheinenden Publikationsorgan „La vie internationale“ 
von der Union des associations internationales. Ueber die 
Siele dieser großartigen Institution, deren Organ seit dem 
Jahre 1910 das Oftice central mit dem Sitz in Brüssel ist, 
siehe Annualre II, p. 33—35; ferner de Stael- Hol- 
stein, T Union des associations Iinternationales in „Revue 
de drolt international et de législation comparée“, 1912, 
p. 643—650; Derselbe in Niemeyer-Strupps Jahr- 
buch des Völkerrechis, 1, 1913, 1427 ff, sowie das Buch 
„D’union des asscciations internatlonales“, Brüssel 1912. — 
Ueber die internationalen Privatgemeinschaften vgl. noch 
Fried, Das internationale Leben der Gegenwart („Aus 
Natur und Geisteswelt“ Bd. 226), 1908, S 80—104; 
Harmt, Probleme der Weltwirtschaft, 1912, S 250 bis 
281, 465—473 (vorzüglich.; Wilhelm Kaufmann 
in 8 für Völker= und Bundesstaatsrecht 2, 419 ff. 
II. Es genügt zum Begriff der V. i. weiteren 
Sinne, wenn zwei Staaten eine auf Schaffung 
jener V. gerichtete Konvention schließen. Derartige 
Konventionen sind heute noch in der Mehrzahl; 
soweit es ihrer Natur nach möglich ist, streben sie, 
der modernen wirtschaftlichen und sozialen Ent- 
wicklung entsprechend, danach, einen universellen 
Charakter anzunehmen, wie sie umgekehrt auch 
vielfach neben umfassenden Ve. bestehen, 
deren vertragliche Grundlagen im Verhältnis 
zwischen den Kontrahenten der engeren Gemein- 
schaft erweiternd oder einschränkend (Beispiele: 
Zahlreiche Urheberrechtskonventionen, ferner das 
deutsch-französische Uebereinkommen v. 15. 11. 11, 
durch das die nach der internationalen Pariser 
Sanitätskonvention von 1903 bestehende Anzeige- 
pflicht bei Cholera und Pest für die Grenzgebiete 
auf einer Reihe anderer Infektionskrankheiten 
ausgedehnt wird; Text im Jahrbuch des Völker- 
rechts, 1, 1913, 310). 
III. Es muß eine Gemeinschaft her- 
beigeführt werden entweder 
1. so, daß ein bestimmter Teil oder die ganze 
Verwaltung auf einen der Vertragschließenden 
übergeht (vgl. die preußisch-waldeckische [I V., 
die preußisch-hessische Eisenbahngemeinschaft [Bd. 
1 S654 l, vor allem aber die mit Preußen abge- 
schlossenen Militärkonventionen [JI) oder 
2. so, daß ein gemeinschaftliches Organ geschaffen 
wird (siehe unten); oder es kann die Gemeinschaft 
3. darauf beruhen, daß die Teilnehmer an ihr 
verpflichtet werden, ihre Gesetzgebung in bestimm- 
tem Sinn auszugestalten und daß (was nicht 
wörtlich gesagt zu werden braucht, sondern aus 
den Umständen entnommen werden kann), so- 
lange die Vereinbarung besteht, an diesem Zu- 
stand ohne Zustimmung des oder der Mitkontrahen- 
ten keine Aenderung eintreten darf. Fehlt das 
letztere Moment, so liegt nur eine Verpflichtung 
zu einem einmaligen Tun, nämlich zum Umguß 
von Völkerrecht in Landesrecht, vor, ohne daß 
dadurch eine Gemeinschaft hergestellt 
würde. Es handelt sich also in diesem Falle ledig- 
lich um völkerrechtlich gebotene Parallelgesetzge- 
bung (oben 12). Aus diesem Grunde ist auch der 
Ausdruck V. für die hier darzustellenden Rechts- 
verhältnisse treffend.
	        
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