Verwaltungsgemeinschaften (Internationale Unionen)
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das Entstehen und die Entwicklung der Internotionalen
Erdmessung 1862—1912, Leiden 1913.
b) Ueber die Gemeinschaft zur Bekämpfung des
Sklavenhandels, geschaffen durch die Brüsseler
Antisklavereiakte v. 2. 7. 90, heute in Geltung für
Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Belgien mit der
Kongo-Kolonie, Dänemark, Spanien, den Ver-
einigten Staaten, Frankreich (mit Ausnahmen),
Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Per-
sien, Portugal, Rußland, Schweden, Norwegen,
der Türkei, Liberia (N Sklaverei 5 3 (S 442) und
Durchführungsrecht!. Weiter werden zwei Bu-
reaus geschaffen von denen das Bureau interna-
tional maritime in Zanzibar, unterstützt von Hilfs-
bureaus, mit der Aufgabe betraut ist, alle Schrift-
stücke und Auskünfte zu sammeln, die der Bekämp-
fung des Sklavenhandels förderlich sein können,
während das Bureau special in Brüssel den Aus-
tausch aller einschlägigen Gesetze und Verordnun-
gen zu besorgen hat, die auch in sog. Graubüchern
(Documents relatifs à la répression de la traite
des eschaves, publiès en exécution des articles
LXXXI et suivants de Pacte général de Bru-
Kelles) alljährlich veröffentlicht werden.
JPc) Die internationale Gemeinschaft zum Zwecke
der hydrographischen und biologischen Erfor-
schung der Meere: Konvention v. 11. 5.01,
zwischen dem Deutschen Reich, Belgien, Däne-
mark, Großbritannien, Norwegen, den Nieder-
landen, Rußland und Schweden. Die Union be-
sitzt einen internationalen Rat (der bis jetzt jedes
Jahr zusammengetreten ist), ein internationales
Laboratorium und ein Zentralbureau — die beiden
letzteren in Kopenhagen (Annuaire de la Vie
Internationale I, 1908/1909, p. 397).
d) die seismologische Union (Association
internationale de sismologie) begründet durch die
Konvention v. 28. 7. 03 revidiert 15. 8. 05; Mit-
glieder zur Zeit das Deutsche Reich, Belgien, Bul-
garien, Chile, Ungarn, Frankreich, Spanien, Ver-
einigte Staaten, Canada, Großbritannien, Grie-
chenland, Japan, Italien, Mexiko, Norwegen,
Niederlande, Portugal, Rumänien, Rußland, Ser-
bien, Schweiz. Zweck der Gemeinschaft ist das
Studium der Erdbebenforschung, deren Ergeb-
nisse an der Hand der Berichte der einzelnen
Stationen von einem in Straßburg errichteten
Zentralbureau bearbeitet werden. Organe der
Assoziation sind: die Vollversammlung (die alle
Jahre zusammentritt), die ständige Kommission
und das Zentralbureau (Text: nur in Annuaire
de la Vie internationale 1908/1909, p. 393 sq.).
65. Die Organe der Union.
I. Begrifflich (§ 1 IV) sind nur solche V. als
Unionen aufzufassen, die mit Organen begabt in
die Erscheinung treten. Als Unionsorgane, die
nicht, wie es in der ausländischen Literatur (Fiore,
Fedozzi, Mohynier) vielfach geschieht, als solche
einer juristischen Person, sondern als die der Sum-
me der die Union bildenden Staaten aufgefaßt
werden müssen, treten uns entgegen: a) die Kon-
ferenzen (beim Weltpostverein „Kongreß"“, bei dem
landwirtschaftlichen Institut assemblee généralo
genannt), — b) der geschäftsleitende Staat, —
c) die Bureaus, — d) die Kommissionen.
a) Die Konferenzen, deren Zusammen-
tritt entweder in der die Union ins Leben rufenden
Konvention ein für allemal festgestellt ist — so
z. B. in dem Weltpostvertrag, in der die geo-
dätische Union schaffenden Vereinbarung — oder
von der vorhergehenden Konferenz beschlossen oder
die von einer bestimmten Zahl der Unionsstaaten
einberufen werden, haben die einmalige Funktion
einer quasi-konstituierenden und die wiederkeh-
rende einer quasi-gesetzgebenden Versammlung,
wobei es jedoch nicht erforderlich ist, daß von der
jeweils tagenden Konferenz eine Aenderung der
bisherigen Gesetzgebung tatsächlich vorgenommen
werden müßte.
Für die Konferenzen selbst, auf denen neben
Staaten häufig auch Nebenländer durch besondere
Bevollmächtigte vertreten sind, ohne daß aber
hierdurch neue Völkerrechtssubjekte geschaffen
würden (so mit Recht v. Toll gegen W. Kauf-
mann), gilt teils Einstimmigkeits-, teils Majori-
tätsprinzip, wobei jedoch ersteres als die Regel
anzusehen ist.
Ausnahmen bestehen insbesondere bei der
Assemblée générale des landwirtschaftlichen In-
stituts, bei der zur Gültigkeit eines Beschlusses
* Majorität gehört, sowie bei der Zuckerkom-
mission, die ebenso wie der Conseil supérieur de
santé in Konstantinopel nur einfache Majorität
verlangt. Besonderheiten gelten für den Kongreß
des Weltpostvereins.
Während Aenderungen in der Konvention selbst,
die außer der Verfassung der Union gewisse Grund-
sätze enthält regelmäßig zur Zuständigkeit der Kon-
ferenz gehören, werden Aenderungen der meistens
beigefügten Reglements vielfach („Verwaltungs-
verordnungen!“) von technischen Delegierten oder
von einer „Kommission" (unten 1 b) ausgeübt. So
hat die Zuckerkommission im Jahre 1903 eine
eingehende Verw Verordnung über Einfuhr, Aus-
fuhr und Zollbehandlung von Zucker erlassen.
b) Die Kommissionen. Sieben Unio-
nen, nämlich die für internationale Erdmessung,
für Maß und Gewicht, zur Regelung der Zucker-
produktion, zur Erforschung der Meere, die geo-
dätische Union, die für öffentliche Hygiene und das
landwirtschaftliche Institut haben besondere Or-
gane ins Leben gerufen, die in erster Linie als
Aufsichtsbehörden der Bureaus geschaffen, zu-
weilen auch mit der Vorbereitung oder dem Erlaß
von Verw Verordnungen betraut, eine inter-
nationale Verwaltung ausüben. Eine
besonders gehobene Stellung nimmt die Zucker-
kommission ein, die nicht nur verwaltende Tätig-
keit ausübt, sondern auch über die Zulassung neuer
Verbandsmitglieder entscheidet. Ferner aber ist
sie mit gewissen wichtigen Feststellungen tatsäch-
licher Natur betraut (denen Rechtskraftwirkung
zukommt) und befugt, die Erhebung einer Ueber-
taxe im Verhältnis zwischen einem Vertragsstaat
zum andern anzuordnen, worin (Reinsch 162)
quasi-richterliche und quasi-gesetzgeberische Gewalt
erblickt werden kann.
Für die Zusammensetzung der Kommissionen
läßt sich keine Einheitlichkeit feststellen. Neben
einer Vertretung aller Teilnehmerstaaten (Zucker-
union, landwirtschaftliches Institut) findet sich
Wahl durch die Konferenz z. T. mit Partialer-
neuerung; eine Kombination beider Systeme be-
sitzt die ständige Kommission der geodätischen
Union. Für die Beschlüsse ist Majoritätsprinzip
die Regel.
c) Die internationalen Bureaus
oder Zentralämter. Wenn auch die
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