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Verwaltungsgerichtsbarkeit (Preußen)
Wassergesetz (lI v. 7. 4. 13 die Vorschriften
4# 65—95 aufgehoben, die s### 96—98 über die
Deichpolizei nicht, obgleich auch diese unter das
Wassergesetz fällt). #
Das LV soll in einer dem Landtag zur Zeit
(1914) vorliegenden Novelle umgestaltet wer-
den; die Aenderungen betreffen viele Einzel-
heiten, aber keine grundsätzlichen Fragen).
II. Geschichte des Beschlußver-
fahrens. Neben dem Verwötreitverfahren
gibt es in Preußen auch ein Beschlußverfahren (NI
vor den V0, das gleichfalls aus der KrO v.
13. 12. 72 stammt und nach verschiedenen ab-
weichenden Zwischenstufen ebenfalls im LVG v.
30. 7. 83 seine gegenwärtige Regelung gefunden
hat. Das Beschlußverfahren ist auch eine ver-
waltungsgerichtliche Tätigkeit, es stimmt mit dem
Verwtreitverfahren in den wesentlichsten und
wichtigsten Punkten überein, nämlich der Unab-
hängigkeit der Behörden, Ausübung der obrig-
keitlichen Gewalt, festem Instanzenzug, befriste-
ten Rechtsmitteln, Unabänderlichkeit der Entschei-
dung. Es unterscheidet sich aber teilweise durch
die Zuständigkeit der Behörden, insofern als
dritte JIustanz nicht das OV, sondern die Pro-
vinzialräte tätig sind (zu bemerken ist, daß auch
der Bezirksausschuß aus zwei verschiedenen Be-
hörden zusammengewachsen ist, nämlich dem
Bezirksrat für das Beschlußverfahren unter dem
Vorsitz des Reg Präsidenten, und dem Bezirks-
verwaltungsgericht für das Verw Streitverfahren
unter einem eigenen VGirektor als besonderer
Behörde), teilweise auch dadurch, daß es regel-
mäßig (nicht immer) an 2 getrennten Parteien
fehlt, durch Vereinfachung des Verfahrens und
namentlich durch das Fehlen der mündlichen
Verhandlung, die im Verwtreitverfahren die
Regel, im Beschlußverfahren die Ausnahme bil-
det. Es gibt aber keine unbedingten Grenzen,
sondern nur Uebergänge, denn z. B. wird über
Anträge auf Genehmigung gewerblicher An-
lagen im Sinne des 3 16 der GewO im Beschluß-
verfahren mit mündlicher Verhandlung und
regelmäßig zwischen verschiedenen Parteien ent-
schieden.
Im nachstehenden wird das Verwötreitver-
fahren im engeren Sinne behandelt, als das für
Preußen besonders kennzeichnende; die Besonder-
heiten des Beschlusses und einiger anderer Ver-
fahren werden bei geeigneter Gelegenheit beson-
ders hervorgehoben werden (& Beschlußverfahren)].
# 2. Die Behörden. Die ordentlichen Be-
hörden für die Verwerichtsbarkeit sind:
1. Der Kreisausschuß I/|1, bestehend
aus dem Landrat als Vorsitzenden und 6 ge-
wählten Mitgliedern, der in derselben Zusammen-
setzung und unter derselben Geschäftsordnung
nicht nur im Verwtreitverfahren und Beschluß-
verfahren erster Instanz, sondern auch in der
Verwaltung der Angelegenheiten der Kreis-
gemeinde tätig ist.
2. Der Bezirksausschuß (/ 1, bestehend
unter dem oft mehr nominellen Vorsitz des
Reg Präsidenten, aus 3 ernannten Berufsbeam-
ten und 4 gewählten Mitgliedern (mit ebensoviel
Stellvertretern) für das Verwtreitverfahren
1) Wesentliche Aenderungen der Novelle sind weiterhin
in Kleindruck angesügt (# Verwaltungsbehörden)j.
und Beschlußverfahren in erster und zweiter In-
stanz, ohne eigenen Anteil an der inneren Ver-
waltung, aber mit derselben in Verbindung ge-
bracht durch eines seiner ernannten Mitglieder,
den sogenannten Stellvertreter des Reg Präsiden-
ten im Stimmrecht, der aber aus eigener Ueber-
zeugung stimmt. Der Bezirksausschuß kann nach
Bezirken in Abteilungen zerlegt werden.
Nach der Novelle soll auch eine Teilung nach Geschäften
öugelassen werden, eine Neuerung, auf welche die Ber-
hältnisse bei dem Bezirksausschuß Potsdam gebieterisch
binweisen. Wenn eine Teilung nach Bezirken erfolgt, so
müssen die Beschlußsachen unter einem Bodirektor zu-
sammenbleiben.
3. Der Provinzialrat, bestehend aus dem
Oberpräsidenten, einem zweiten ernannten Be-
amten, 5 gewählten Mitgliedern und ebensoviel
Stellvertretern, wird jedoch nur fer das Be-
schlußverfahren in erster und zweiter Instanz tätig.
4. Das Oberverwaltungsgericht
in Berlin, als Revisions-, Berufungs= und erste
Instanz im Verwtreitverfahren, daneben aber
auch tätig in der VerwRechtsprechung über Staats-
steuern, Konflikte (] (bei Pflichtverletzungen
von Beamten, auch wenn der Anspruch gegen den
Staat erhoben wird), Kompetenzkonflikte, um-
fangreichen Disziplinarverfahren gegen mittel-
bare Staatsbeamte und einzelnen Handlungen
der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Vereidigung des
Direktors und der Mitglieder der Hauptverw altung
der Staatsschulden und Verpflichtung des Präsi-
denten der Oberrechnungskammer als Mitglied
der Staatsschuldenkommission, G v. 29. 1. 79
(GS 10) # vgl. Jebens in Pr VBl 22, 80 r. Das
O besteht nur aus ernannten Richtern. Die Ge-
schäfte werden in Senaten von nicht bestimmt vor-
geschriebener Mitgliederzahl erledigt, deren es zur
Zeit 9 gibt (2VG 5 7, VGG v. 2. 8. 80 86 17—30a.
l 88 mit verschicdenen Ergänzungen).
Als außerordentliche Verwaltungs-.
gerichtsbehörden kommen in Betracht:
1. In der Kreisinstanz an Stelle des
Kreisausschusses:
a) der Stadtausschuß in Stadtkreisen,
bestehend aus dem Bürgermeister, 4 gewählten
Mitgliedern und ebensovielen Stellvertretern
(ArO # 170, LV SK 4, 37, 39, 40). Die Zu-
ständigkeit ist beschränkter als die des Kreisaus-
schusses, da in gewissen Fällen der Bezirksaus-
schuß statt seiner zuständig ist, aber immerhin
noch eine allgemeine;
b) der Magistrat in Landstädten von
mehr als 10 000 Einwohnern (LVG F 4 II. III),
dessen Zuständigkeit sich nur auf einzelne be-
sondere Angelegenheiten beschränkt, während sie
im übrigen bei dem Kreisausschuß verbleibt.
2. in der Bezirksinstanze:
a) der Bezirksausschuß Berlin (JIl, der hier
besonders erwähnt werden muß, weil er keinem
Reg Präsidenten, sondern der Ministerial-, Mili-
tär= und Baukommission angegliedert ist und in
2 eigenartige Abteilungen zerfällt, deren eine
die polizcilichen Angelegenheiten des Landes-
polizeibezirks Berlin, die andere die übrigen An-
gelegenheiten aus dem Stadtkreis Berlin besorgt.
Für die nicht polizeilichen Angelegenheiten der
Vororte von Berlin ist und bleibt der Bezirks-
ausschuß Potsdam zuständig. Die Berliner
Beschlußsachen sind dem Bezirksausschuß teil-