Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
  
Personenstand 67 
Von dem Aufgebot kann Befreiung be- 
willigt werden. Zuständig ist die durch Landes- 
recht berufene Behörde des Bundesstaats, in dessen 
Gebiet die Ehe geschlossen werden soll. Irgend 
welche Voraussetzungen der Befreiung sind im 
Gesetze nicht aufgestellt. Das Aufgebot kann 
entweder ganz oder nur teilweise — z. B. die 
Frist des Aushangs wird abgekürzt — erlassen 
werden. Der StB kann ferner selbständig von 
dem Aufgebot absehen, wenn die lebensgefähr- 
liche Erkrankung eines der Verlobten, die durch 
ärztliche Bescheinigung nachzuweisen ist, den Auf- 
schub der Eheschließung nicht gestattet. Das in 
Bayern früher geltende und durch den Vorbehalt 
des 3 71 gedeckte landesrechtliche Aufgebot ist durch 
a 154 des bayer. AG z. BG# beseitigt. 
5 14. Eheschließung (dazu oben 8 9). 
I. Die Eheschließung im deutschen Reichsge- 
biete erfolgt auch nach Be#B vor dem StB. Aber 
die Mitwirkung des St B# hat hier eine andere recht- 
liche Bedeutung, als sie nach PStGesetz hatte. 
Das BGB unterscheidet in Wiederaufnahme einer 
alteren Rechtsentwicklung zwischen wesentlichen 
und unwesentlichen Förmlichkeiten der Ehe- 
schließang. Der Mangel einer wesentlichen 
Förmlichkeit hat die Nichtigkeit der Ehe zur Folge; 
der Mangel einer nicht wesentlichen Förmlichkeit 
hat auf die Gültigkeit der Ehe keinen Einfluß. 
Wesentlich ist (5 1317): 1. daß die Ehe vor 
einem StB geschlossen wird, der zur Entgegen- 
nahme der Erklärungen bereit ist, 2. daß die Ver- 
lobten vor dem StB persönlich und bei gleich- 
zeitiger Anwesenheit den Eheschließungswillen 
erklären. Die Erklärung kann nicht unter einer 
Bedingung oder mit einer Zeitbestimmung ab- 
gegeben werden. Nicht wesentliche Förm- 
lichkeiten sind (§ 1318 Abs. 1): 1. die Gegenwart 
von zwei Zeugen (Eigenschaft der Zeugen 3 1308 
Abs 2), 2. die Frage, welche der St an die Ver- 
lobten einzeln und nacheinander zu richten hat, ob 
sie die Ehe miteinander eingehen wollen; 3. der 
auf die bejahende Antwort der Verlobten erfol- 
gende Ausspruch des St, „daß sie kraft dieses 
Gesetzes nunmehr rechtmäßig verbundene Ehe- 
leute seien". Die Eheschließung spielt sich daher 
auch nach BGB in wesentlicher Uebereinstim- 
mung mit der Form des PStesetzes ab. Aber 
ehewirkende Kraft kommt ausschließlich der Kon- 
senserklärung vor dem StB an sich zu, nicht dem 
Ausspruch des StB. 
Aber selbst in dieser abgeschwächten Bedeutung 
ist die Mitwirkung eines St B nicht unbedingtes 
Erfordernis einer gültigen Cheschließung. Dem 
St steht eine Person gleich, die, ohne StB zu 
sein — sei es, daß sie überhaupt nicht, sei es, daß sie 
im betreffenden Bezirk nicht zum Stm bestellt ist 
— das Amt eines St öffentlich ausübt (& 1319). 
Die öffentliche Ausübung des Amtes ersetzt jedoch 
die amtliche Eigenschaft nicht, wenn beide Ver- 
lobte den Mangel der amtlichen Befugnis im 
Augenblick der Eheschließung kennen. Der Ehe- 
konsenserklärung kommt also unter diesen Vor- 
aussetzungen ehewirkende Kraft selbst dann zu, 
wenn sie vor einem Privatmann abgegeben wird. 
Zuständig ist der St B, in dessen Bezirk einer 
der Verlobten seinen Wohnsitz oder seinen ge- 
wöhnlichen Aufenthalt hat (5 1320 Abs 1). Unter 
mehreren zuständigen StB haben die Verlob- 
ten die Wahl (5 1320 Abs 4). Auf Grund einer 
  
  
schriftlichen Ermächtigung des zuständigen St B 
darf die Ehe auch vor dem St eines anderen 
Bezirks geschlossen werden (5 1321). Verlobten, 
die im Inland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen 
Aufenthalt haben, kann die Eheschließung im In- 
land ermöglicht werden, wenn einer der Verlob- 
ten ein Deutscher ist: der zuständige St B wird 
bestimmt von der obersten Aufsichtsbehörde des 
Bundesstaats, dem der Deutsche angehört, wenn 
dieser keinem Bundesstaat angehört, von dem 
Reichskanzler (§ 1320 Abs 3). 
Die Zuständigkeit des St B im Sinne dieser 
Vorschriften ist kein Erfordernis für die Gültig- 
keit der Eheschließung. Nicht Mangel der Zu- 
ständigkeit aber, sondern der amtlichen Befugnis 
überhaupt liegt vor, wenn der St B außerhalb sei- 
nes Amtsbezirkes Handlungen vornimmt. Der 
Konsenserklärung vor einem StB außerhalb sei- 
nes Amtsbezirkes käme ehewirkende Kraft nur 
unter den Voraussetzungen des & 1319 BGB zu. 
II. Beurkundung der Eheschließung. 
Der St B soll die Eheschließung in das Heiratsre- 
ister eintragen (BoB 5 1318). Die Eintragung 
Font nach dem Reichsgesetz enthalten Vor= und Fa- 
miliennamen, Alter, Stand oder Gewerbe, Ge- 
burtsort und Wohnort der Eheschließenden, Vor- 
und Familiennamen, Alter, Stand oder Ge- 
werbe und Wohnort ihrer Eltern, Vor= und Fa- 
miliennamen, Alter, Stand oder Gewerbe und 
Wohnort der zugehörigen Zeugen, die Erklärung 
der Eheschließenden und den Ausspruch des StB. 
Sie kann auch die Anerkennung der Vaterschaft 
eines ehelichen Kindes enthalten (oben §&# 9). 
Die Heiratsurkunde ist von der Ehefrau mit dem 
neuerworbenen Familiennamen d. h. mit dem 
des Ehemanns zu unterzeichnen. 
Die Eintragung in das Heiratsregister ist nicht 
Bestandteil, sondern Beurkundung der bereits 
vollzogenen Cheschließung, und schafft regel- 
mäßig lediglich ein Beweismittel für die Tatsache 
des Vollzugs der Eheschließung. Rechtliche Wir- 
kungen für den Bestand der Ehe selbst kommen 
ihr aber dann zu, wenn die Ehe formwidrig, d. h. 
unter Verletzung der wesentlichen Erfordernisse 
des § 1317 BeB eingegangen und daher nichtig 
ist. Die Geltendmachung der Nichtigkeit der ein- 
getragenen Ehe kann, solange die Che nicht auf- 
gelöst ist, nur durch Nichtigkeitsklage erfolgen 
(BGB 8 1318). Ferner ist die wegen Form- 
mangels nichtige, aber in das Heiratsregister ein- 
getragene Ehe als von Anfang an gültig anzu- 
sehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung 
zehn Jahre oder bis zu dem früher eintretenden 
Tode des einen Ehegatten jedoch mindestens drei 
Jahre als Ehegatten miteinander gelebt haben, 
ohne daß die Nichtigkeitsklage erhoben worden 
ist (§ 1324 Abs 2). Diese Rechtswirkungen kommen 
aber der Eintragung nur dann zu, wenn sie nach 
Maßgabe des PStGGesetzes gültig, d. h. vom 
ordnungsmäßig bestellten St B innerhalb seines 
Amtsbezirks (oben I a. E.) in das zur Beurkun- 
dung bestimmte Register eingetragen ist. Der 
Mangel der amtlichen Befugnis wird hier nicht 
durch die öffentliche Ausübung des St# ersetzt. 
Die von einem Nicht-St eingetragene Ehe steht 
einer nicht eingetragenen rechtlich gleich. 
5 15. Die Beurkundung des Personenstandes 
und die Eheschließung in den landeeherrlichen 
Familien. Fur die landesherrlichen Häuser (/1 
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