Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Verwaltungsgerichtsbarkeit (Baden) 
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lich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen einzelnen, 
zwischen einzelnen und Verbänden und zwischen 
Verbänden untereinander berufen. Streitigkeiten, 
welche zwischen dem Staate einerseits und den 
Verbänden oder einzelnen anderseits geführt 
werden, sind in der Regel der ausschließlichen Zu- 
ständigkeit des VGC vorbehalten. 
In die Zuständigkeit des Bezirksrats fallen hier- 
nach insbesondere Streitsachen: 1. über die aus 
der Zugehörigkeit der Person oder Liegenschaft zur 
Gemeinde abgeleiteten Ansprüche, wie über den 
Gemeindebezirk, das Gemarkungsrecht, die 
gegenüber der Gemeinde und dem weiteren Kom- 
munalverbande (Kreis) begründete Steuer-, Bei- 
trags= und persönliche Leistungspflicht (auch zur 
Bekleidung von Kommunalämtern), über die 
gegen die Gemeinde begründeten Ansprüche auf 
Bürgernutzen und auf Teilnahme an den Ge- 
meindeanstalten; 2. über die Rechtsverhältnisse 
der Mitglieder öffentlicher Genossenschaften (Was- 
ser--, Fischereigenossenschaften, Beiträge zur Han- 
delskammer); 3. über Ansprüche der Gemeinde- 
beamten gegen die Gemeinde auf Gebühren für 
ihre Dienstverrichtungen und über Ansprüche 
öffentlicher Bediensteter oder bestallter Gewerbe- 
treibender gegen die Beteiligten auf Gebühren; 
4. über Beiträge und Leistungen für Kirchen-- und 
Schulverbände und über den Umfang dieser Ver- 
bände; 5. Streitsachen der Armenverbände unter 
sich oder mit der Staatskasse über die Verpflich- 
tung zur Armenunterstützung und über Ersatz- 
leistungen; 6. über die Pflicht zur Quartierleistung, 
über Unterstützungsansprüche der Familien Ein- 
berufener, über die gegenseitigen Verpflichtungen 
der Gemeinden aus Anlaß von Landlieferungen; 
7. über die Beitragspflicht einzelner und der Ge- 
meinden zum Aufwand der Gemeinde= und Kreis- 
straßen; 8. über die Verpflichtung der Hand- 
werkerbetriebe zum Ersatz der von den Gemeinden 
getragenen Kosten der Handwerkskammern; 9. 
Streitigkeiten zwischen Staat, Gemarkungsge- 
meinde und Ufereigentümer über das Recht zur 
Fischereiausübung, sowie Streitigkeiten über die 
Ansprüche der Grundeigentümer auf selbständige 
Jagdausübung und auf Teilnahme am Gemeinde- 
jagdertrag; 10. Streitigkeiten über eine Anzahl 
landwirtschaftlicher Rechtsverhältnisse, über die 
Beitragspflicht zur Viehentschädigung und Strei- 
tigkeiten aus Anlaß gemeiner Schafweiden; 11. 
Streitigkeiten über Ersatzansprüche aus s§ 82—88, 
90 des Angestelltenversicherungsgesetzes. 
8 4. Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts- 
hofs insbesondere. 
I. Der VG# ist einerseits Berufungsinstanz, 
indem an ihn die Berufung gegen die vom Bezirks- 
rate in erster Instanz erlassenen verwaltungsge- 
richtlichen Entscheidungen geht; anderseits ist er 
für eine Anzahl von Sachen auch zur ausschließ- 
lichen Entscheidung in einziger Instanz zuständig. 
II. Zur ausschließlichen Zuständigkeit 
gehören folgende drei Klassen von Streitigkeiten: 
1. Parteistreitigkeiten. Wenn in 
Sachen des öffentlichen Rechts auf der einen 
Seite der Staat, eine Staatsanstalt oder ein Ver- 
band, auf der anderen Seite Verbände oder ein- 
zelne Parteien sind, ist in der Regel der VG# 
in einziger Instanz zuständig. Er entscheidet hier- 
nach insbesondere folgende Streitigkeiten: a) über 
die allgemeinen politischen Rechte, insbesondere 
  
die Staatsangehörigkeit und den Anspruch auf 
Einbürgerung, die Wahlberechtigung zu staatlichen, 
Kreis-, Bezirks-, Gemeindewahlen, zu Wahlen 
für Handelskammern und Landwirtschafts- 
kammer, kirchliche Vertretungen, Stiftungs-, 
Schatzungsräte, über die Gültigkeit solcher Wahlen 
(ausgenommen zur Volksvertretung); b) über die 
Schuldigkeit zu Staatsabgaben und zur Zahlung 
von Flößerei-, Hafen= und Schiffahrtsgebühren, 
über Einsprachen der Gemeinden gegen Steuer- 
befreiung staatlicher Liegenschaften und Gewerbe; 
JP) über Rechte und Verpflichtungen der einzelnen 
hinsichtlich gewisser staatlicher Veranstaltungen, 
insbesondere der Gebäudebrandversicherung, über 
die Ansprüche auf Entschädigung für polizeilich ge- 
tötete Nutztiere; d) über die Verpflichtung der 
Staatskasse zur Uebernahme eines Anteils am 
Schulaufwand minder leistungsfähiger Gemein- 
den, über die Beitragspflicht des Staates und 
der Gemeinden zum Aufwande der Mittel- und 
Fachschulen; e) über eine Anzahl die Verwaltung 
der Stiftungen und den Anspruch auf Stiftungs- 
genuß betreffende Streitigkeiten; f) über die Bei- 
tragspflicht der Gemeinden zum staatlichen Fluß- 
und Deichbau, sowie zum staatlichen Aufwande für 
Landstraßen; g) über gewisse, bei der Feldbereini- 
gzung und bei der Feststellung der Eigenschaft von 
nwesen als geschlossene Hofgüter sich ergebende 
Streitigkeiten; h) Streitigkeiten über Wasserbe- 
nutzung und die Pflicht zu Wasserschutzmaßnah- 
men. 
2. Klagen gegen behördliche Ver- 
fügungen. Wenn die Beteiligten behaupten, 
durch die Verfügung einer VerwBehörde in ihrem 
Rechte verletzt zu sein, weil die Verfügung auf 
Gesetzesverletzung beruhe oder weil die tatsäch- 
lichen Voraussetzungen für Erlassung der Ver- 
fügung überhaupt nicht vorliegen, so können sie 
zum Zwecke der Abänderung oder Aufhebung der 
Verfügung eine Klage beim Vsß in folgenden 
Fällen erheben: a) bei polizeilichen Verfügungen!Is 
der Bezirksbehörden (Bezirksamt oder Bezirksrat), 
nicht auch der Mittel- und Zentralbehörden; 
b) bei Verfügungen der Staatsaufsichtsbehörden, 
durch welche in die Selbstverwaltungsbefugnis 
einer Gemeinde oder eines anderen öffentlichen 
Verbandes eingegriffen wird (durch Aufhebung 
von Beschlüssen dieser Verbände oder Auflegung 
von Leistungen); c) gegen die Entscheidung der 
VerwBehörde über Dienstentlassung von Ge- 
meindebeamten; d) gegen Disziplinarverfügungen 
der Bezirksämter, wodurch gegen das ärztliche 
Hilfspersonal (Heilgehilfen, Krankenwärter usw.) 
Ordnungsstrafen ausgesprochen werden; e) gegen 
Verfügungen der Bezirksräte, wodurch dem Sta- 
tut von Innungen die Genehmigung versagt, oder 
eine Innung geschlossen oder wodurch die Befug- 
nis zum Halten und zum Anleiten von Lehrlingen 
entzogen oder beschränkt wird; f) gegen Ver- 
fügungen der Bezirksämter, wodurch die Unter- 
bringung in einer Irrenanstalt für statthaft er- 
klärt oder der Einspruch gegen die Zurückhaltung 
in einer Irrenanstalt verworfen wird. Bei ge- 
wissen Arten der polizeilichen Verfügungen (lit. a) 
ist übrigens die Klage nach besonderer gesetzlicher 
Bestimmung ausgeschlossen, iusbesondere bei Aus- 
weisungen (X), bei Verfügungen hinsichtlich der 
Viehseuchen [XI, der Wasserbenutzung, der Ertei- 
lung von gewerbepolizeilichen Genehmigungen uff.
	        
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