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Verwaltungsgerichtsbarkeit (Hessen)
eines Beteiligten („Antrag auf mündliche Ver-
handlung im Verw treitverfahren“) oder durch
Einlegung des Rechtsmittels der Berufung gegen
die das Beschlußverfahren abschließende Entschei-
dung.
é 3. Organisation der Verwaltungsgerichts-
barkeit. Als Verw# fungieren 1. die Kreis-
ausschüsse, 2. die Provinzialaus-
schüsse, 3.der Verwaltungsgerichts-
hof mit dem Sitze in Darmstadt, 4. das Min Inn
in dem Sonderfall des a 78 der LG v. 8. 7. 11.
Die beiden ersteren entscheiden in der durch die
KPO geordneten Zusammensetzung von 5 Mit-
gliedern einschließlich des Vorsitzenden (des nähe-
ren 7 Hessen, B. Behördenorganisation Band II
S 403 |, der VGP regelmäßig in gleich starker
Besetzung, wobei — außer in dem Verfahren bei
Kompetenzkonflikten und bei Vorentscheidungen —
die Mehrheit aus Mitgliedern bestehen soll, die
nicht gleichzeitig dem Oberlandesgericht angehören.
Der VG# besteht aus einem hauptamtlichen
Präsidenten und der erforderlichen Zahl haupt-
oder nebenamtlicher Mitglieder. Die auf Lebens-
zeit erfolgende Ernennung zum Präsidenten oder
zum Mitglied im Hauptamt setzt die Fähigkeit
zum Richteramt oder zur Anstellung im höheren
Verw Dienst voraus. Zum Mitglied im Nebenamt
kann — für die Dauer der Bekleidung des Haupt-
amts oder auf Lebenszeit — ernannt werden,
wer entweder die vorgenannte Qualifikation be-
sitzt oder das Amt eines Professors der juristischen
Fakultät oder der staatswissenschaftlichen Fächer
an der Universität Gießen bekleidet (BRe#ff).
Das Min Inn entscheidet in dem vorerwähnten
Falle in kollegialischer Beratung.
4 4. Die Zuständigkeit der Verwaltungsge-
richte.
II. Oertliche Zuständigkeit. Zu-
ständig ist in erster Instanz: 1. In Angelegenheiten,
die sich auf ein Grundstück beziehen, das Verw
der belegenen Sache; 2. bei Streitigkeiten zwischen
öffentlich-rechtlichen Verbänden und deren Ange-
hörigen das VerwG# des Verbandssitzes; 3. in
allen anderen regulären Fällen das Verwe, in
dessen Bezirk die in Anspruch genommene Person,
Körperschaft, Gesellschaft, Stiftung, Anstalt oder
Behörde ihren Wohnsitz bezw. ihren Sitz hat;
4. in einigen, im Gesetz besonders genannten
Fällen das vom Vsß# bestimmte Gericht (VR
a 12, 13).
II. Sachliche Zuständigkeit. 1. Die
Kreisausschüsse sind als VerwG 1. In-
stanz für alle Verw Streitfachen zuständig, für die
nichts anderes bestimmt ist (a 14). 2. Die Pro-
vinzialausschüsse sind zuständig: a) als
VerwG 1. Justanz für alle Verw Streitsachen, hin-
sichtlich deren sie durch gesetzliche Vorschrift für
zuständig erklärt sind (a 15); b) als Verw
2. Instanz für die Verhandlung und Entscheidung
über Berufungen gegen die Urteile der Kreis-
ausschüste (a 16). 3. Der Verwaltungs-
gerichtshof ist zuständig: a) als Verwos
erster und letzter Instanz in den Fällen, in denen
er durch gesetzliche Vorschriften für zuständig er-
klärt ist (a 17); b) als Verwu 2. Instanz zur Ver-
handlung und Entscheidung über Berufungen
La) gegen die erstinstanziellen Urteile der Provin-
zialausschüsse, 3) in den Fällen des a 59 Abs 3—5
des VWoltsschulc, v. 16. 6. 74, 7) in den durch
folgende
Gesetz zu seiner Zuständigkeit verwiesenen Steuer-
angelegenheiten (a 18); o) als VerwE 3. Instanz
zur Verhandlung und Entscheidung über Revi-
sionen a) gegen die zweitinstanziellen Urteile der
Provinzialausschüsse, ) gegen bestimmte Ent-
scheidungen der Landeskommission für Steuer-
sachen und sonstiger Behörden in Steuer= und
Stempelangelegenheiten nach den hierüber be-
stehenden besonderen Vorschriften (a 19); d) als
einziges Gericht zur Entscheidung a) im Wieder-
aufnahmeverfahren in Verw treitsachen (a 102),
6) im Kompetenzkonfliktsverfahren (a 104 ff;
Rechtsweg und Kompetenzkonflikt oben S 249),
7) in dem Vorentscheidungsverfahren über die
zivil- oder strafrechtliche Verfolgbarkeit eines Be-
amten gemäß a 77 Ac BGB (a 110); e) als
Disziplinargericht, und zwar a) als Disziplinar-
strafgericht erster und einziger Instanz („Diszi-
plinarhof") in dem Verfahren gegen nicht richter-
liche Staatsbeamte und diesen gleichgestellte Per-
sonen gemäß a 1—4 und 18 des G, die Disziplinar-
verhältnisse der nichtrichterlichen Staatsbeamten
betr., v. 21. 4. 80, und a 46 Abs II und 82 Abls II
der Kreis= und Prov O v. 8. 7. 11, ß) als Diszipli-
narbeschwerdegericht gemäß a 46 Abs II Satz 3
der vorbez. KPO, ) als Disziplinarberufungsge-
richt gemäß a 113 VR; k) als „vorgesetzte“
(Disziplinar-),Behörde“ gemäß a 82 Abs II Satz 2
KPO:g6)) als landesherrlich verordnetes Gericht
zur Entscheidung streitiger, in den a 17—19 VR
nicht bezeichneter öffentlich-rechtlicher Fragen
(a 20). 4. Das Ministerium des In-
nern, welches unter dem früheren Recht in
ausgedehnterem Maße an der Verw Gbk beteiligt
war, ist heute auf die letztinstanzielle Entscheidung
von Berufungen gegen Entscheidungen der Pro-
vinzialausschüsse in Sachen der Bestätigung der
Bürgermeister und Beigeordneten in Landge-
meinden beschränkt (LGO a 78 Abs 1).
#5. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren.
Das Verw treitverfahren wurde in dem VR#
von 1911 ausschließlich und erschöpfend geregelt
so daß Vorschriften der Zivilprozeßordnung, so-
weit ihre Anwendung nicht ausdrücklich vorge-
schrieben ist, im allgemeinen nicht mehr als ana-
log anwendbar erscheinen.
Die wichtigsten Verfahrensgrundsätze sind:
I. Die Einlcitung des Verfah-
rens. Sie erfolgt bei den Parteistreitigkeiten
(. oben s 1) im Wege der schriftlichen Klage, bei
den strittigen Verw Sachen und den vor die
Verwe# kommenden Verweschlußsachen durch
amtliche Vorlage von seiten der beteiligten Verw-
Behörden (Kreisrat oder Provinzialdirektor); bei
dem Kreisausschuß kann die Klage auch mündlich
zu Protokoll erhoben werden (VR a 38, 39;
Bek des Min Inn v. 27. 3. 12, Ml Nr. 11).
Durch die Klageerhebung wird vorbehaltlich be-
stimmter Ausnahmen die Rechtshängigkeit der
Streitsache begründet (a 40, 42, 43; die gleiche
Wirkung muß der amtlichen Vorlage beigemessen
werden. Klagezurücknahme ist (auch ohne Zu-
stimmung des Beklagten) statthaft, jedoch kann.
der Vorsitzende die Klage im öffentlichen In-
teresse bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils
weiter verfolgen (a 41).
II. Die Durchführung des Verfahrens.
1. Vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen gelten
prozessuale Grundsätze: