Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Verwaltungszwang 
  
zu erklären: die ländlichen Bürgermeister bis zu 
6 Mk., die Bürgermeister und Magistrate der 
einem Bezirksamt untergeordneten Städte in den 
Landesteilen rechts des Rheins und die Bürger- 
meister der Städte in der Pfalz bis zu 9 Mk., 
die übrigen Magistrate, Bürgermeister und Behör- 
den der inneren Verwaltung bis zu 45 Mk. 
Die Gesetzgebung des Kgr. Sachsen spricht 
den VerwBehörden ganz allgemein die Befugnis 
zu, innerhalb ihrer Zuständigkeit die von ihnen 
ausgehenden Verfügungen mit Nachdruck durch- 
zuführen und zu dem Ende sachgemäße Strafen 
anzudrohen und zu vollstrecken. Allgemeine Be- 
stimmungen über Art und Grenze der zulässigen 
Zwangsstrafen bestehen — abgesehen von einzel- 
nen Vorschriften, welche sich in Spezialgesetzen 
finden — nur für die Bürgermeister mittlerer und 
kleiner Städte und die Gemeindevorstände der 
Landgemeinden. Die Bürgermeister der mittleren 
und kleinen Städte sind berechtigt, Haft bis zu 
acht Tagen und Geldstrafe bis zu 75 Mk., die Ge- 
meindevorstände der Landgemeinden Geldstrafen 
bis zu 30 Mk. anzudrohen. Die Festsetzung der 
Strafen steht ihnen jedoch nicht zu; im Fall des 
Zuwiderhandelns dürfen sie nur eine provisorische 
Strafverfügung erlassen, gegenüber welcher die 
Beschreitung des Rechtsweges zulässig ist. 
In Württemberg sind die Behörden be- 
fugtf, den Ungehorsam gegen ihre Anordnungen mit 
Geldstrafe bis zu 100 Mk. oder mit Haft bis zu 
acht Tagen zu strafen; doch erstreckt sich die Straf- 
befugnis der Ortsvorsteher in Gemeinden dritter 
Klasse nur bis zu zwei Tagen Haft und Geldstrafe 
von 12 Mk., in Gemeinden zweiter Klasse und in 
den unter Staatsaussicht gestellten Gemeinden bis 
zu vier Tagen Haft und Geldstrafe von 24 Mk., in 
Gemeinden erster Klasse bis zu sechs Tagen Haft 
und Geldstrase von 36 Mk. 
In Baden gibt das PolSt #B den mit 
Pol Gewalt betrauten Behörden die Befugnis, die 
Erfüllung solcher Verbindlichkeiten des öffentlichen 
Rechts, für deren Vollzug ein besonderes Ver- 
fahren nicht vorgeschrieben ist, durch Androhung 
und Ausspruch von Geldstrafen gegen bestimmte 
Personen zu erzwingen, und zwar den Bürger- 
meistern in den Landgemeinden bis zu 4 Mk., 
in den Städten bis zu 10 Mk., den Staatsver- 
waltungsbehörden bis zu 50 Mk. 
Im Großh. Hessen sind die Kreisräte und 
die Bürgermeister der Städte berechtigt, Geld- 
strafen bis zu 90 Mk. anzudrohen. Die An- 
drohung soll womöglich durch schriftliche Ver- 
fügung oder durch Eröffnung zu Protokoll erfol- 
gen; derselben ist eine bestimmte Frist, innerhalb 
deren der Gehorsam erwartet wird, beizufügen. 
Die angedrohte Geldstrafe ist vom Gericht auf 
Antrag des Kreisrates bezw. des Bürgermeisters 
auszusprechen, wenn die zureichende Eröffnung 
des PolBefehls an die betr. Person und die 
Uebertretung desselben durch diese erwiesen wird. 
b) Das französische VerwäRecht kennt kein Straf- 
androhungsrecht der Behörden; infolgedessen be- 
steht ein solches auch nicht in Elsaß-Loth- 
ringen. 
In einzelnen Fällen ist gewissen Behörden 
reichsgesetzlich ein Strafandrohungsrecht ein- 
geräumt worden. Dieses hat natürlich im ganzen 
Reichsgebiete, also auch im Reichslande Elsaß- 
Lothringen Gültigkeit. Derartige Bestimmungen 
  
finden sich in den neueren Gesetzen über Tabaks-, 
Branntwein= und Zuckersteuer (X1 (die Steuer- 
behörde kann die Beobachtung der Kontrollen, 
welche durch die angeführten Gesetze selbst oder 
durch die in Gemäßheit derselben erlassenen 
Verw Vorschriften angeordnet sind, durch An- 
drohung und Einziehung exekutivischer Geldstrafen. 
bis zu 500 Mk. erzwingen). 
o) Die Strafen, welche von den Behörden ange- 
droht werden, um jemand zu einer Handlung oder 
Unterlassung zu nötigen, haben nicht den Charak- 
ter von Strafen im eigentlichen Sin- 
ne, sondern den von Zwangsmitteln. 
Sie werden nicht erkannt, weil und nachdem eine 
Uebertretung stattgefunden hat, sondern zu einer 
Zeit festgesetzt, wo es noch zweifelhaft ist, ob eine 
solche stattfinden wird oder nicht (v. Stein 1, 
209 ff; Gneist im RL. 3, 1108; Rosin, Pol Ver- 
ordnungsrecht in Preußen, 103 ff; Anschütz im 
Verwürch 1, 453 ff; A. M. Loening, Verw R 251). 
Die Strafandrohungen kommen namentlich bei 
solchen Verw Verfügungen in Anwendung, welche 
Ausfluß des freien Ermessens der Verw BBehörden 
sind. Sie können aber auch dazu dienen, jemand 
zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten anzuhalten, 
wenn im Gesetze selbst für die Verletzung derselben 
eine Strafe nicht angedroht ist. Dagegen erscheint 
nach herrschender Meinung die Androhung einer 
Exekutivstrafe nicht als zulässig, wenn die Zu- 
widerhandlung schon gesetzlich mit Strafe bedroht 
ist (O#c#5, 278 ff; 7, 215 ff; 23, 384; 48, 286; 
Rosin, Pol VR 103 ff; Loening VR 252; Haenel, 
DStaats R 1, 458; AM Neukamp, Verwürch 
3, 1 ff; Hofacker, Verwerch 14, 447 ff). 
3. Endlich sind die Verw Behörden auch zur An- 
wendung unmittelbar physischer Ge- 
walt berechtigt, wenn eine Anordnung ohne 
diese nicht durchgeführt werden kann. Die physi- 
sche Gewalt kann sich gegen eine Person richten 
oder eine Sache zum Gegenstande haben. Sie 
kann bestehen in Verhaftung [/JI, zwangsweiser 
Vorführung, Wegnahme, Zerstörung von Sachen, 
zwangsweiser Besichtigung, Schließung einer ge- 
werblichen Anlage u. dgl. 
4. Im äußersten Falle ist die Requisition der 
bewaffneten Macht und die Brechung 
des mit sonstigen Mitteln unüberwindlichen Wi- 
derstandes mit deren Hilfe zulässig X Waffen- 
gebrauch und Einschreiten der bewaffneten 
Machtil. 
#s# 4. Rechtsmittel im Verwaltungszwangs- 
verfahren. Die Beschreitung des 
Rechtsweges l/I ist gegenüber den im V. 
vorkommenden Akten unzulässig. Sie können nur 
im Instanzenzuge der Verwal- 
tungsbehörden und Verwaltungs- 
gerichte angefochten werden. Diese Anfech- 
tung ist in einer zweifachen Weise möglich. Da 
die Vollstreckung nur als ein Mittel zur Durch- 
führung anderer Anordnungen erscheint, so kann 
zunächst gegen die Verfügung, zu de- 
ren Vollstreckung die Maßregel 
bestimmt ist, Widerspruch erhoben werden; 
ein solcher ist auch noch in der Exekutionsinstanz; 
zulässig. Der Widerspruch kann sich aber auch 
gegen die Exekutivmaßregel selbst 
richten; hier muß er darauf gegründet werden, 
daß bei Ausführung der Vollstreckung die gesetz- 
lichen Vorschriften nicht beobachtet seien. «
	        
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