Viehseuchen
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widerhandlungen gegen die zur Abwehr der
Rinderpest erlassenen Vieheinfuhrverbote, v. 21.
5. 78 (RGBl 95) ist erlassen, da die Bestimmun-
en des 8 328 des StGB sich zur Verhütung des in
nbetracht der Rinderpesteinschleppung besonders
gefährlichen Viehschmuggels an den östlichen Lan-
desgrenzen namentlich deshalb als unzureichend
herausgestellt hatten, weil danach zur Bestrafung
der Nachweis von dem Bewußtsein des Angeklag-
ten erforderlich ist, daß seine Handlung dem ge-
troffenen Verbote der Vieheinfuhr zuwiderlaufe.
Außerdem machte sich auch der Mangel einer gegen
den Versuch gerichteten Strafandrohung fühlbar.
In diesen Beziehungen schafft das Gesetz Abhilfe.
Es trifft nur die Beschränkungen und Verbote der
Einfuhr — selbstredend auch der Durchfuhr, da jede
Durchfuhr mit einer Einfuhr beginnt — lebender
Wiederkäuer, nicht anderer Tiere. Wegen der
Gefährlichkeit der betreffenden Handlungen sind die
Strafen gegenüber dem Stn durch Erhöhung
des Höchstmaßes sowie des Mindestmaßes ver-
schärft. Eine weitere Strafverschärfung tritt ein,
wenn die Zuwiderhandlung in der Absicht began-
gen wird, sich oder einem anderen einen Vermö-
gensvorteil zu verschaffen oder einem anderen
Schaden zuzufügen. Auch das fahrlässige Zu-
widerhandeln, praktisch besonders bedeutsam, wenn
es in der verschuldeten Nichtkenntnis der erlassenen
Beschränkungen oder Verbote zu finden ist, wird
hier unter Strafe gestellt, und eine Erhöhung der
Strafe tritt ein, wenn eine wirkliche Schädigung
der zu schützenden Interessen vorliegt.
Soweit die Bestimmungen dieses Gesetzes keine
Anwendung finden, fallen die Verletzungen der im
8 2 des Rinderpest G bezeichneten Beschränkun-
gen, Verbote usw. unter den 8 328 des StGB,
wonach derjenige, welcher die Absperrungs-
oder Aufsichtsmaßregeln oder Einfuhrverbote, die
von der zuständigen Behörde zur Verhütung des
Einführens oder Verbreitens von V., also auch
der Rinderpest, angeordnet worden sind, wissentlich
verletzt, mit Gefängnis usw. bestraft wird. Welche
Behörde die zuständige ist, muß nach den Landes-
gesetzen beurteilt werden.
Neben den Strafen, welche die vorerwähnten
Gesetze, das Ro# v. 21. 5. 78 und das StGB
328 vorschreiben, trifft nach dem VB#G v. 1. 7.
69 (BGl 355) + 134 noch die Strafe der Kon-
trebande denjenigen, welcher einem Einfuhrver-
fotetuwider Vieh oder andere Gegenstände ein-
rt.
II. Vernichtung der Anstechungsstofse auf Eisen-
bahnen
#§s 6. Eisenbahn--Desinfektionsgesetz, Reichs-
gesetz und Ausführungsverordnungen der Einzel-
staaten. Das den § 6 des RinderpestG auf-
hebende (oben § 3 III) R, betr. die Beseiti-
gung von Ansteckungsstoffen bei Viehbeför-
derungen auf Eisenbahnen, v. 25. 2. 76 (RE#Bl
163) macht den Eisenbahnverwaltungen, in deren
Bereich die Entladung stattfindet, unabhängig
von der Rinderpestgefahr eine ständige Desin-
sektion der zur Beförderung von Einhufern,
Wiederkäuern und Schweinen verwendeten Eisen-
bahnwagen nach jedesmaligem Gebrauche, so-
wie der Gerätschaften, Rampen, Vieh- Ein-
und Ausladeplätze und der ihnen gehörigen
Viehhöfe unter Androhung schwerer Strafen zur
Pflicht. Zu den s 3 und 4 dieses G hat der BR
unter Aufhebung der früheren Bekanntmachungen
neue Ausführungsbestimmungen erlassen (Bek d.
RK v. 16. 7. O4, Röl 311, und zugleich solche
über die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei
der Beförderung von lebendem Geflügel auf
Eisenbahnen (Bek d. RK v. 17. 7. O4, Rol 317),
welche die von dem Gesetze für zulässig erklärten
Ausnahmen regeln und für die von den Landes-
regierungen zu erlassenden näheren Bestimmungen
über das anzuordnende Verfahren, über Ort und
Zeit der zu bewirkenden Desinfektionen sowie
über die Höhe der zu erhebenden Gebühren die
Normen angeben. Hiernach haben die Einzel-
staaten das Verfahren durch die im folgenden be-
zeichneten Verordnungen geregelt.
Preußen: Erl d. Min d. öffentl. Arbeiten v. 19. 11. 86
(Eisenbahn BBl 470), Erl d. Min d. öffentl. Arbeiten v.
30. 9. 04, 8 BBl 311, und v. 5. 10. o7, 3Bl 340;
Bayern: Bek des Staats Min des Innern und f. Ber-
kehrsangelegenheiten v. 24. 8. 04 (GVBl 1904, S 481
und 494); Sachsen: Vd. Min Inn und der Finanzen
v. 16. 9. 0O4 (GVBl 1904, 392)!) Württemberg:
Erl d. Min d. ausw. Angel. v. 8. 6. 92/30. 6. 97 und v.
11. 8. 99 (Aml#l v. BA. 1899, 348); Baden: Bd. Großh.
Hauses und der ausw. Angel. sowie des Min Inn v. 27. 9. 04
(GVBl 1904, 413); Hessen: Bek d. Min Inn v. 23. 10.
04 (Anl v. Min f. öff. G. 1904, Nr. 353); Mecklen-
burg--Schwerin: Bek d. Min v. 28. 5. 91 und v.
2. 11.01; Sachsen -- Weimar: Vd. Min v. 29. 12. 86;
Mecklen burg--Strelitz: Bek der Landesregierung
v. 23. 9. 04 (Offiz. Anz 1904, 253) und 19. 10. 05 (Offiz.
Anz. 1905, 383)) Oldenburg: Bek des Staats Min
v. 17. 12. 04 (GBl f. Old. 1904, 260, und Gl f. Lübeck
1904, 763);) Braunschweig: Bek des Staats Min
v. 13. 12. 0O4 (GBl 1904, 423); Sachsen. Alten-
burg: B des Min v. 24. 11. 04 (GS 1004, 119) und
v. 5. 12. 06 (GS 1906, 130)0;) Anhalt: Landesherrl.
B# v. 8. 12. 04 (GS 1904, 207)0; Hamburg: B des
Senats v. 2. 1. 05 (ABl 1005, 11); Lübeck: B d. Senats
v. 10. 9. 04 (S. d. Lübk. GVBl 1904 Nr. 75).
hseuchen
6v7. Viehseuchengesetz vom 26. Juni 1909.
Allgemeines.
I. Neben der Rinderpest gibt es noch eine Reihe
von Seuchen, die zwar nicht einen gleich hohen
Grad von Gefährlichkeit besitzen, wie jene, aber
immerhin sehr schwere Verluste herbeiführen, um
so mehr, als sie in ihrer großen Mehrzahl ständig
im Reichsgebiete herrschen und jederzeit erneut
in dasselbe eingeschleppt werden können. Gegen
diese mußte ein geschlossenes Vorgehen des Reichs
gleichfalls dringend geboten erscheinen.
Zu diesem Zwecke ist ein umfassendes Gesetz
erlassen, welches das Verfahren zur Bekämpfung
übertragbarer V. mit Ausnahme der Rinderpest
regelt. Dieses „Viehseuchengesetz v.
26. 6. 09“ (RE#Bl 1900, 519)) ist an die Stelle
des früheren R, betr. die Abwehr und Unter-
drückung von V., v. 23. 6. 80/1. 5. 94 getreten und
mit dem 1. 5. 12 in Kraft gesetzt worden.
III. Sonstige Magetzeln gegen die übrigen
e
1) Das Gesetz wird weiterhin zumeist kurz als „V. “
bezeichnet werden.