Volksschule (Schulpflicht)
Leistungen der öffentlichen V Sch. Er hat daher
für die Heranbildung von Lehrern (NI und dafür
zu sorgen, daß überall die nötigen Schulanstalten
und die Mittel zur Unterhaltung von L und Sch
bereitstehen [/ Schullasten l. Letzteres führt zur
Bildung von Schulverbandsbezirken (unten 88 6
und 6), in denen die körperschaftlich zusammenge-
faßten Schullastträger der die Deckung ihres Be-
darfs fordernden Schulanstalt gegenüberstehen.
Während auf dem Gebiet der Unterhaltung der
einzelnen Sch und der damit zusammenhängenden
Verwaltung des den örtlichen Schulzwecken ge-
widmeten Vermögens Raum für eine Selbst-
verwaltung sich eröffnet (unten 5§8 6 und 8), muß
der Staat die innere Einrichtung der VBSch
(unten § 10) und die Schulaufsicht (unten
5 14) sich vorbehalten.
II. Einzelne Eigentümlichkeiten:
In Preuße ndarf in mehrklassigen Sch (zwar keine „Se-
lekta“ aufgesetzt werden IU.8 Bl 1888, 7221, aber) die Ober-
stufe nach dem Lehrplan der Mittelschule (M arbeiten, und es
ist Tatfrage, ob diese Mittelschulklassen von der B Sch ganz ge-
trennt sind oder mit ihnen ein einheitliches System bilden.
Bayern kennt einen Sch Zwang für die „Werktags-
schule“" von 7 Jahren und daran anschließend für die Feier-
tags- oder Sonntagsschule von 3 Jahren; es ist aber den
Gemeinden gestattet (mit Genehmigung der Kreisregierung)
die Werktags Sch Pflicht auf 8 Jahre auszudehnen (nach Be-
lieben auch diese Ausdehnung zu beschränken auf eins der
beiden Geschlechter oder gewisse Gattungen von Schul-
pflichtigen oder einen Teil des Sch Sprengels), wodurch dann
die Sonntagsschulzeit sich auf 2 Jahre verkürzt. Die Feier-
tags Sch soll den Werktagsschulunterricht ergänzen und nach
praktischen Richtungen (Buchführung, Staatsbürgerkunde)
fortsetzen. Deshalb befreit der Besuch einer ländlichen (oben
Band II S 750) oder gewerblichen (Band II S 275)
Fortbildungs Sch von dem Sonntagsschulzwang. Aber die
Unterrichtsgegenstände sind dieselben wie die der Werktags-
schule. Die Feiertags Sch scheidet im Folgenden aus.
Sachsen läßt neben der „einfachen“ noch eine „mitt-
lere Volksschule“, die durch Vermehrung der Klassen (min-
destens 4) und Unterrichtsstunden (u. U. der Sch Zeit) eine
höhere Bildung in denselben Lehrsächern vermitteln soll,
und eine „höhere Volksschule“, die in mindestens 5 Klassen
und mit zehnjähriger Sch Zeit arbeitet und mindestens eine
moderne Kultursprache berücksichtigt, zu. Wir fassen nur die
einsache BSch ins Auge.
III. Statistisches:
Zahl d. voll. Zahl der Volks-.
Zahl beschäftigten schüler
der Lehrkräfte von 1000
1911 Volks- Frloodh waren
— em zus. evg. tath.
Preußen 38 e84 116 203 211 % 140 „ o108
Bayern 7 566. 18 352| 263 1 041 676 277 717
Sachsen 227014 0054 50 771 103 deo2
Württemberg 2250 r!4 12950 "%%u 691. 313
Baden 1 6606 625; 170 835 264 378 600
Oessen S 205658 657 326
Els.-Lothring 297 5 700 52 251 70517013
z 3. Schulpflicht.
I. Preußen. Ein allgemeines Gesetz fehlt noch.
1. Im allgemeinen dauert die Schulpflicht vom
6.—14. Lebensjahre, also 8 Jahre. Wo die Pro-
vinzialrechte Abweichendes bestimmen, hat die
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Rücksicht auf neuere Anschauungen der Gesund-
heitslehre, auf die Bedürfnisse der handarbeiten-
den Bevölkerung und die Notwendigkeit einer
f#esten Ordnung für Eintritt und Abgang der
Schulpflichtigen in Anpassung an das Schuljahr
dazu geführt, daß die Bezirksregierungen be-
stimmte Aufnahme= und Entlassungstermine fest-
setzten (KG 16, 438; §§ 43, 46 II 12 ALR, KabO
v. 14. 5. 1825). Die Listen der Schulpflichtigen
stellen die Gemeindevorstände auf. Empfang
ausreichenden (nach dem Urteil der Schulaussichts-
behörde: K 32 C. 37) Privatunterrichts (JI und.
Besuch einer höheren Sch befreien vom Schul-
zwang (K 34, C. 43). Der Orssschulinspektor
läßt gut entwickelte Kinder auf Wunsch der Eltern
vorzeitig zu und stellt schwache zurück.
Der Besuch einer nicht-preußischen Sch ist keine Erfül-
lung der Sch Pflicht (dbie Privatrechtsnorm des #1 1631 Bö68
kommt nicht in Betracht; Ug##l. 1902, 295; 1904, 365;
1908, 300; 1909, 734; VSch#rch 1, 313; 9, 35), wohl aber
der Besuch einer Vch in einem deutschen Bundesstaat,
mit dem Preußen einen Gegenseitigkeitsvertrag abgeschlossen
hat (KG 23. C. 111).
Die Sch, die das einzelne Kind besuchen muß,
bestimmt sich nach dem Schulbezirk bezw. der
Einschulungsverfügung der Schulaufsichtsbehörde
oder der Zulassung zu gastweisem Besuch (unten
##5). Der Besuchspflicht entspricht ein Recht auf
Aufnahme falls verschiedene Sch in einem Be-
zirk in Frage kommen, hat § 33 Abs 2 SchucG
die freie Wahl zwischen einer einklassigen und-
einer drei= oder mehrklassigen Sch ausgeschlossen,
„insbesondere soweit dadurch der Bestand einer
vorhandenen Sch gefährdet oder die Errichtung
einer neuen Sch erforderlich" werden würde (siehe
ferner unten § 7).
Der Sch Zwang umfaßt auch die Pflicht zur Beschaffung
der vorgeschriebenen Lernmittel (aber eine Bestrafung ist
hier ausgeschlossen: BSchArch 11, 165). Die Schulbesuchs-
Pflicht erstreckt sich auf alle von der Sch festgesetzten Unter-
richtsstunden (ausgenommen die wahlweisen; KGo,
286, 21 C. 100), also auch auf den Religionsunterricht [Udes
Bekenntnisses des Kindes (K 22 C 71, 87 Cés, 89 C 66;
Dissidentenkinder:) werden vom schulplanmäßigen Religions-
unterricht nur befreit, wenn der ihnen privatim erteilte nach
dem Befinden der Schulbehörde ausreicht: Koa 36 C 61,
Recht 13, Sp 181 u. 782, Goltdammer 46, 147), auf Sch este
an Werktagen (BSchrch 10, 313; 12, 324) und aufß
Strafstunden (U Bl 1907, 347). Befreiung vom Sonn-
abend-Unterricht wird jüdischen Kindern auf Antrag be-
willigt (u.Bl 1902, 467, Religionsgesellschaften, Israe-
litische), Adventisten nicht (BSchurch 7, 330; 12, 37).
Schwachbegabte müssen die für sie eingerichtete
Oilfs Sch besuchen (KG# 31 C 37).
Vorübergehende gänzliche Befreiung vom
Schulbesuch wird aus dringenden Gründen (z. B.
häuslichen Notstandes wegen) bewilligt (vgl. 5s 44
II 12 ALR; KG9, 285; 10, 254) und bei Ge-
fahr einer Ausbreitung übertragbarer Krankhei-
ten [l (6 8 G v. 28. 8. 05) polizeilich an-
geordnet (VSch Arch 9, 242); teilweise Befreiung
können Konfirmanden, Juden für die hohen
Feste, Geimpfte, Herzleidende usw. für den
Turnunterricht erlangen.
2. Für die Entlassung ist Voraussetzung
die Reife (5§ 46 II 12 ALR). Das Bedürfnis der
1) Dazu val. jetzt Anschünz, Die Berfassungsurkunde
für den preuß. Staat 1 1912, S 233. (D. H.)