Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Volksschule (Schulversäumnis) 
  
Sch fordert ferner, daß der Abgang nicht vor 
Ablauf des Schuljahrs stattfindet. 
Für Hannover, wo gesetzliche Vorschriften im Wege 
stehen, ist deshalb der Min zu einer entsprechenden Anord- 
nung ermächtigt worden (G v. 2. 1. 05, MinE v. 15. 8. 05, 
u##s. V g. noch K# 5, 377; 9, 288; 19, 312, 33 Ces1, 
40, 435, BScharch 9, 35. In Ost-- und Westpreußen 
muß nach 1 2 SchO v. 11. 12. 45 die Verlängerung der 
Schulzeit für Unreise auf mindestens (Ka 33 C 56) ein 
und höchstens 2 Jahre bemessen werden. 
Aus wirtschaftlichen Gründen (Unterstützung 
der Eltern) ist u. U. vorzeitige Entlassung zulässig. 
#. Besondere Bestimmungen enthält das G v. 7. 8. 11 über 
die Beschulung blinder I(1) und taubstummer I/X1 Kinder. 
Darnach beschließt auf Grund eines kreisärztlichen Gutachtens 
die Schulaufsichtsbehörde (in kreisfreien Städten die Schul- 
deputation) über den Eintritt der Schulpflicht des einzelnen 
Kindes (Beschwerbde beim Kreis= bezw. Stadtausschuß). Der 
Kommunalverband 17 Schullasten 1 8) ist berechtigt die 
Schulpflicht auszudehnen bis zum Jahresschulschluß, der 
auf die Bollendung des 17. (bei Blinden) bezw. des 18. (beie 
Taubstummen) Lebensjahres folgt, falls die Kinder das 
Lehrziel noch nicht erreicht haben, aber erreichen können 
(Beschwerde beim Provinzialschulkollegium). 
II. Die anderen Staaten. 
In Bayern, Sachsen, Hessen und 
Elsaß-Lothringen beginnt die Schul- 
Ppflicht mit dem auf die Vollendung des 6. 
Lebensjahres folgenden Osteraufnahmetermin, 
in Baden mit Ostern des Jahres, bis zu dessen 
30. April das Kind sein 6. Lebensjahr vollendet. 
Württemberg dagegen läßt den Eltern die 
Wahl zwischen zwei in das 7. Lebensjahr des 
Kindes fallenden (Frühjahr und Herbst) Ter- 
minen. Die Aufnahme vor Vollendung des 
6. Lebensjahrs (genügende Entwicklung voraus- 
gesetzt) wird gestattet, wenn das Kind „innerhalb 
5 Monaten“ (Württemberg) oder bis zum 30. 
Juni (Sachsen), bezw. 30. September (Hessen) 
bezw. Ende des Kalenderjahres (Bayern: aber 
nur probeweise) in das 7. Lebensjahr eintritt. 
Eine Anmeldung durch die Eltern verlangt 
Bayern; zu spät angemeldete Kinder können 
zurückgewiesen werden. — Kinder, die eine Gefahr 
für Gesundheit und Sittlichkeit der übrigen 
Schüler bilden, können in Württemberg 
und Baden von der Sch ausgeschlossen und 
müssen, nötigenfalls mit Hilfe der Gemeinde, 
privatim unterrichtet werden. 
Die Schulpflicht erstreckt sich in Bayern 
und Württemberg auf 7—8 Jahre (siehe 
oben # 2), in Sachsen, Baden und Hes- 
sen auf 8, in Elsaß-Lothringen für 
Knaben auf 8, für Mädchen auf 7 Jahre. Die 
Hinaussetzung des Termins für Unreife kann in 
Württemberg um 1—2 Jahre, in Ba- 
den äußerstenfalls bis zu dem auf die Vollen- 
dung des 15. Lebensjahrs folgenden Schuljahrs- 
schluß stattfinden. In Bayern fällt sie fort 
für die Schüler, die bereits 8 Jahre die Werk- 
tags Sch besucht haben, den anderen wird die 
Verlängerung (um ½ oder ein ganzes Jahr) auf 
die Feiertagsschulzeit erst angerechnet, wenn sie 
2 Jahre derselben hinter sich haben. In Sach- 
sen beschränkt sich die erzwingbare Schulpflicht 
auf die einfache VSch (oben 82; OVG 10, 148). 
4. Schulversäumnis. 
I. Preußen. Die allgemeine Schulo flicht 
bedarf zu ihrer völligen Durchführung erfahrungs- 
  
gemäß des Zwanges, soweit es sich um wibder- 
willige Eltern oder Kinder handelt. Die letzteren 
werden äußerstenfalls, auf Ersuchen der Orts- 
schulbehörde, durch die Ortspolizei zwangsweise 
der Sch zugeführt. Der nötige Druck auf die 
Eltern wird durch Strafverfügungen (5 453 
StO) gemäß G v. 23. 4. 83 ausgeübt; denn 
die Nichtbefolgung der Vorschriften über den 
Schulbesuch gilt als Uebertretung. Wo nicht 
provinzialrechtlich (z. B. Rheinprovinz: Kab O 
v. 20. 6. 35) Strafandrohungen in Kraft stehen, 
haben die Regierungen solche auf Grund des 
11 Abs 2 Reg Instr gesetzt. 
Die Regierungen in bessen-Nassau wurden dazu ermächtigt 
durch die G v. 1. 8. 09 und 7. 8. 11. Es handelt sich keines- 
wegs um Pol Verordnungen I/II (trot 3K2 G v. ö. ö. S8e) (KG 
14, 376; 15, 315; 16, 438 und 442, 22 C 74). 
Die Grundlage für die alten Provinzen (vgl. 
Gv. 6. 5. 86 und 25. 7. 10) bildet § 48 II 12 AL, 
wonach „nachlässige Eltern“ bestraft werden sollen, 
und die Shde 14. 5. 1825, die den Eltern 
eren „gesetzliche Vertreter“ gleichgestellt ha 
(UZ#Bl 1909, 377). gleichges hat 
Nicht haftbar für Versäumnisse ist der außereheliche 
(KG 12, 258) und der Stiefvater (Ko# 20 C 36) sowie ver- 
jenige, der Erziehungspflichten nur vertragsmäßig über- 
nommen hat (KG 18, 307, uU BBl 1909, 377, B SchArch 
9, 239). Eine Versäumnis der Sch (Ko##8, 227; 13, 377; 
Böch-rch 2, 128) liegt schon vor, wenn das schulpflichtig 
gewordene Kind am 1. Schultag (BSchrch 10, 119) oder 
nach Entlassung aus einer Privat Sch (KG , 287, 1 Privat- 
unterricht 3 5 I Abs 40 in der Böch nicht erscheint: Wiedoch 
dann nicht, wenn es anwesend ist, sich aber nicht am Unter- 
richt beteiligt (polnischer Schulstreik, B Schurch 6, 239). Der 
Strafrichter hat nicht über die Entschuldbarkeit ver Ber- 
säumnis zu entscheiden: er muß bestrafen, wenn ein fahr- 
lässiges oder gewolltes Berschulden der Eltern die Bersäum- 
nis herbeigeführt hat (UgBl 1895, 726, K 13, 382, 32 C 37,. 
BScharch 9, 39), also dann nicht, wenn das gind ohne 
Wissen der Eltern „hinter die Sch geht“ (Bchurch 8, 39). 
Die Strafgelder fließen unverkürzt (die Kosten der Fest- 
setzung und Vollstreckung fallen dem Träger der sächlichen 
Polizeikosten zur Last) in die Schulkasse (1 Schullast *5.5 
UII. In Bayern setzt die Ortsschulbehörde 
die Schulversäumnisstrafen auf Grund einer 
mündlichen Verhandlung in einer Monatssitzung 
zu der die Verantwortlichen geladen werden, in 
Sachsen, Württemberg und Elsaß- 
L othringen der Orts-(Gemeinde-)Vorsteher, 
in Baden und Hessen der Bürgermeister 
fest. In Elsaß---Lothringen werden die 
Erziehungspflichtigen ebenfalls vorgeladen, und 
die Festsetzung der Strafe geschieht durch ein 
„Urteil“; spricht dieses frei, so kann der Kreis- 
direktor eine Strafe festsetzen. 
Außer den Eltern und Vormündern können 
Dienst= und Lehrherren bestraft werden in 
Bayern, Württemberg, Baden und 
Hessen. In Bayern und Württem- 
berg ist die Festsetzung der Strafen gegen die 
Sonntagsschulpflichtigen selbst zulässig. 
Die Strafen ersten Grades sind Warnungen in 
Bayern und Elsaß-Lothringen 
„Mahnungen“ durch den Schulleiter in den grö- 
ßeren Gemeinden, mit Gebührenerhebung (Orts- 
statut nötig)in Baden. Die Geldstrafen beginnen 
mit 10—15 Pf. in Bayern und Baden, 20 Pf. 
in Hessen. Erst in 3. Reihe tritt gerichtliche Be- 
strafung ein: in Bayern mit einem Höchstbe trag 
 
	        
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