Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Volksschule (Schulbezirk, Schulverband) 
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von 45 Mk. (Haft bis zu 8 Tagen), Sachsen 30 Mk., 
Baden 20 Mk. (oder 3 Tage Haft), Hessen 40 Pf. 
für jede Versäumnis, Elsaß-Lothringen 10 Frecs. 
(oder 1 Woche Gefängnis), Württemberg in 
Gemeinden 3. Klasse 12 Mk. (2 Tage Haft), 
2. Klasse 24 Mk. (4 Tage), 1. Klasse 36 Mk. (6 
Tage). Die Umwandlung in Freiheitsstrafe ist 
in Sachsen dem Amtshauptmann, in Hessen dem 
Kreisamt vorbehalten. 
zu I und II: Haftung Dritter (Band II). 
5. Schulbezirk. 
I. Preußen. Für jede Sch, die der allge- 
meinen Schulpflicht dient (OVG 12, 199), wird 
der Kreis derjenigen Personen, die ihre schul- 
pflichtigen Kinder oder Pflegebefohlenen der An- 
stalt anvertrauen müssen, wenn nicht Befreiungs- 
gründe vorliegen (oben §# 3 1), durch Abgrenzung 
eines räumlichen Bezirks bestimmt, der in großen 
Gemeinden usw. mit mehreren Schulsystemen 
„Schulbesuchsbezirk“, sonst „Schulbezirk“ heißt. 
Sämtliche Bewohner eines Schulbezirks sind in 
der Regel zugleich die Schulunterhaltungspflich- 
tigen (Schulverband). 
Ein Schulbesuchsbezirk kann nicht mehrere Schulbezirke 
umfassen: nur das Umgekehrte ist möglich. Wo der Schul- 
verband eine Zusammenfassung von Einzelpersonen ist 
(Sozietät), also in der Provinz Posen und bei den jüdischen 
Sch, deckt sich Schulbesuchs= und Schulbezirk meist. Wo 
Gemeinden (Gutsbezirke) Schullastträger sind, spricht man 
von „Eigenschulbezirk“, wenn die Grenzen der Gemeinde 
(des Gutsbezirks) sich mit denen des SchBezirks decken; 
wenn aber der SchBezirk mehrere kommunale Einheiten 
umfaßt, so ist es ein Gesamtschulverbandsbezirk (7 Schul- 
lasten & 111. Die Schulbesuchsbezirke überschneiden sich oft, 
wenn der SchBezirk mehrere konfessionell getrennte Sch hat; 
auf dem Lande gehört bisweilen eine Gemeinde (ein Guts- 
bezirk) mit den Kindern des einen Bekenntnisses dem einen 
Sch ezirk, mit den Kindern des andern Bekenntnisses einem 
andern Sch Bezirk an. Wo die Gemeinden Schullastträger 
sind, bewirken Aenderungen des Kommunal= zugleich Aen- 
derungen des Sch Bezirks (OB G 38, 190, Uu 8B1 1901, 303). 
Dem Wunsche, daß auf dem Lande jede kommunale Ein- 
heit eine eigene Sch habe (OBG 20, 199 u. 204), steht, neben 
der konfessionellen Zersplitterung und der Kleinheit vieler 
Gutsbezirke und Gemeinden, auch deren Leistungsschwäche 
häufig entgegen. Der Bezirk eines Gesamtschulver-. 
bandes findet aber eine natürliche Begrenzung durch die 
Forderung, daß der Schulweg 3 ½ km nicht überschreite, 
und dadurch, daß für mehr als eine Sch (an verschiedenen 
Orten) die Schulkinderzahl des Sch Bezirks oft nicht ausreicht. 
Besteht in einem Bezirk nur eine Sch, so gelten 
die Angehörigen aller Bekenntnisse als eingeschult. 
(Pr VBl 21, 490). Im übrigen ist die Zuweisung 
zu einer Sch, sei es die von Hausvätern bei Sozie- 
täten (OVG# 26, 165), sei es die von Grund- 
flächen mit allen (oder näher bestimmten) derma- 
ligen und künftigen Bewohnern (U. Bl 1902, 685, 
Pr VBl 13, 280), Sache der Schulaufsichtsbehörde. 
Eine gastweise Einschulung I#10 Schullasten # 41 
#ndert nicht die Grenzen des Schulbezirks. 
Handelt es sich darum der Begründung einer streitigen 
Zugehörigkeit nachzugehen, so kommt es nicht auf eine aus- 
drückliche Einschulungsverfügung an (CV 12, 206, PVBI 
24, 760, U BBl 1901, 302). Es genügt für althergebrachte 
BVerhältnisse die stillschweigende Anerkennung der Schul- 
aussichtsbehörde (Pr Berwl 19, 16, U 3BIl 1897, 446), und 
solche kann angenommen werden, wenn die Kinder (aber 
sämtliche: Pr Verwl 23, 453) eines Ortes seit Jahrzehnten 
eine bestimmte Sch besuchten (Pr Berw#I 12, 167). 
  
Andererseits wird die Bedeutung einer ausdrücklichen 
behördlichen Anerkennung der Zugehörigkeit einer Ortschaft 
zu einem bestimmten Sch Bezirk durch einen abweichenden, 
Schulbesuch nicht aufgehoben (Pr Verwl 11, 307). Die 
Errichtung einer eigenen Sch an einem Ort, wo solche feblt 
ersetzt nur mangels ausdrücklicher anderer Bestimmung 
die förmliche Ausschulung der Ortschaft (Pr Berw Bl 15, 170). 
II. In Bayern nennt man den Bezirk des 
Schulverbandes „Schulsprengel“ und den Schul- 
besuchsbezirk „Schulbezirk“. Nur „aus erheblichen 
Gründen“ soll ein Schulsprengel aus den Mar- 
kungen mehrerer Gemeinden gebildet werden 
(„zusammengesetzte Schulsprengel“). Ein ge- 
setzlicher Zwang zur Errichtung einer neuen Sch 
besteht in Bayern, wenn in den im Um- 
kreis von 3½ km liegenden Wohnplätzen nach 
fünfjährigem Durchschnitt mindestens 25 Kinder 
vorhanden sind, die einen Schulweg von mehr 
als 3½ km haben, in Württemberg an 
Orten mit 15 Familien, deren Kinder einen 
gefährlichen oder einen mehr als 4 km weiten 
Schulweg haben, sonst an Orten mit 30 Familien 
und mehr, in Hessen beim Vorhandensein von 
30 Schulkindern. In Sachsen werden die 
selbständigen Gutsbezirke als „exemte Grund- 
stücke“ den Schulbezirken zugeschlagen; wo die 
Schulgemeinden der konfessionellen Mehrheit und 
Minderheit gesondert sind, muß der Schulbezirk für 
beide der gleiche sein. Bei Ausschulungen werden 
die Gemeindevertretungen der politischen Ge- 
aniden über die sich der Schulbezirk erstreckt, 
gehört. 
In Baden wird der Umfang eines zusam- 
mengesetzten Schulverbandes durch die Satzungen 
(siehe §# 6) bestimmt. Ein Verwtreitverfahren 
mit letzter Entscheidung des Verwerichtshofs 
ist in Bayern und Baden möglich. 
8z 6. Schulverband und Schule. 
I. Preußen. Die Zwangsgenossenschaft der 
Schulunterhaltungspflichtigen heißt in der neueren 
Gesetzgebung „Schulverband“. Mitglieder sind 
entweder physische Personen („Schulsozietät“: 
so in der Provinz Posen und bei den jüdischen 
Sch) oder kommunale Einheiten (Gemeinden 
und Gutsbezirke: so in der übrigen Monarchie); 
eine Mischung kommt in der Provinz Posen (AJI 
vor. Schulverbände bilden, ändern und auflösen 
kann nur die Schulaufsichtsbehörde (Reg Instr 3& 18). 
Der Schulverband besitzt eigene Rechts- 
persönlichkeit, sobald er körperschaftliche 
Gliederung (§§5 25 und 137 II6 ALR) erhalten hat 
(Ausnahme: Westpreußen), d. h. sobald der Ge- 
samtheit der Mitglieder ein ordnungsmäßig be- 
stellter Vorstand gegenübersteht, der „alles“ zu 
„tun“ hat, „was zur guten Ordnung in den Ge- 
schäften .. und zum gewöhnlichen nützlichen Be- 
triebe der gemeinsamen Angelegenheiten erfor- 
derlich ist" (§ 141 a. a. O.). Die Vollmacht der 
Vorsteher bestimmt sich, soweit nicht Gesetz oder 
Ausführungsvorschrift der Schulaufsichtsbehörde 
(nUZBl 1891, 370; 1901, 240) sie festlegt, durch 
die Ortsschulverfassung, welche auf 
behördlich genehmigten „Schlüssen der (Körper- 
schafts-Mitglieder“ und der „bisherigen Gewohn- 
heit“ beruht (ss 26, 33, 51 II 6 ALR). Diese 
örtliche Schulverfassung stellt objektives öffent- 
liches Recht dar, dessen Aenderung nicht schon 
durch neue Schulverbandsbeschlüsse herbeigeführt 
werden kann, sondern deren Genehmigung durch
	        
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