Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Volksschule (Schulverband) 
  
die Schulaufsichtsbehörde (uU8l 1902, 603) 
voraussetzt. 
Die „Schule“ steht den Schulunterhaltungs- 
pflichtigen mit einer gewissen Selbständigkeit und 
eigenen Rechtsfähigkeit, auf dem Gebiet des 
öffentlichen Rechts wenigstens, gegenüber (U#BBl 
1894, 719, v. Kamptz Rechtsprechung II, 622/3, 
OVG 61, 66), weil sie eine Veranstaltung des 
Staates ist (s5 1 II 12 ALR). Dies gilt auch dort, 
wo die bürgerliche Gemeinde die Sch wie eine 
Kommunalanstalt (im Eigenschulverband) unter- 
hält (uB Bl 1898, 731). Aber volle selbständige 
Rechtspersönlichkeit (auch privatrechtlich) besitzt 
die Sch nur in Westpreußen. 
Insoweit der Schulvorstand die Sch nach außen vertritt 
als Verwalter des Schulvermögens (unten 1 7), oder wenn 
er bie Forderungsrechte der Sch als Schulsteuergläubigerin 
innerhalb des Schulverbandes geltend macht 17 Schul- 
lasten # 13 1), erfüllt er Aufgaben, die von der Vertretung 
der Schulunterhaltungspflichtigen begrifflich ebenso sorg- 
fsältig zu trennen sind, wie von der 3. Aufgabengruppe, der 
Teilnahme an der Schulaufsicht (unten 1 14). 
1. In der Provinz Posenl#ll, dem Gel- 
tungsgebiet des AL, sind Mitglieder der Schul- 
sozietät (Schulgemeinde) die im Schulbezirk woh- 
nenden wirtschaftlich selbständigen physischen Per- 
sonen beiderlei Geschlechts („Hausväter"), u. U. auch 
(wenn der Schulbezirk mehrere kommunale Ein- 
heiten umfaßt) Gemeinden, die, die Schullast 
ihrer Hausväter übernehmend, an deren Stelle 
getreten sind [J Schullasten 5 11 Ziff. 11. Die 
Schulaussichtsbehörde darf aber eine Schulsozietät 
nur aus Hausvätern bilden (O## 26, 1060, 
Ug#Bl 1900, 812). Der Schulvorstand vertritt die 
Sch und die Schulsozietät (Pr BBl 28, 970; 
Unl 1901, 899; Ro Z 58, 62), auch in den Städ- 
ten: ist eine städtische Schuldeputation (unten 
9 12) gebildet und die Sch (im städtischen 
Eigenschulverband) Gemeindeanstalt, so besteht 
keine „Sozietät“ mehr und die Vertretung der 
Schulunterhaltungspflichtigen ist Sache der Ge- 
meindekörperschaften (Magistrat und Stadtver- 
ordnetenversammlung). 
AM das OBG#im Pruerw1 23, 632, wo die Bertretungs- 
macht der Sch Deputation zugesprochen wird: dazu BSch- 
Arch 2, 295. 
Das Min Reskr. v. 28. 10. 1812 (OBG 11, 168) schrieb 
vor, daß die (ländlichen) Schulvorstände aus dem 
Patron (Gutsherrn), dem „Prediger" und, nach Verhältnis 
des Umfangs der Sozietät, aus 2—4 Familienvätern 
(darunter möglichst dem Schulzen) bestehen sollten, stellt 
aber den Regierungen frei durch Verordnung diese Grund- 
linien zu erweitern (Pr VerwB1l#7, 313, 25, 334, UBBl 
1901, 241, OVG 6, 175; 46, 228 ff): auf diesem Wege ist 
der L zum Mitglied gemacht worden (U '#Gl 1905, 519). 
Der Schulvorstand kann nicht ohne seinen Vorsitzenden 
(PrerwBl 24, 551 u. 374), wohl aber dann beschließen, 
wenn z. B. 2 Mitglieder fortgefallen und noch nicht ersetzt 
sind (u #Bl. 1907, 723); hat aber eine unbesugte Person 
mitgewirkt, so ist der Beschluß ungültig (U. BBl 1905, 517). 
Der Schulvorstand bedarf eines Beschlusses der Schul- 
sozietätsmitglicder zur Anstellung von Klagen (1 152 II 6 
A-LR, Pr VerwBl 28, 970; val. 26, 350), Aufnahmen von 
Darlehen (CW # 40, 197, U 3BBI 1900, 816, Pr VerwBl 26, 
850), zu Aenderungen hinsichtlich des Schulvermögens 
(1( 153 a. a. O., U. Bl 1897, 691), zur Ausschreibung von 
SchBeiträgen (C30 16, 257, U SBl 1901, 241, Pr Berw1. 
26, 350), zu allen Maßregeln, die über die laufende Ver- 
waltung hinausgehen und Kosten verursachen, die nicht im 
  
Schulhaushaltsplan vorgesehen sind (UgBIl 1894, 315; 
1907, 719 ff). 
Die Gesamtheit der Schulgemeindemitglieder 
ist meist so groß, daß ihre Versammlung zur Be- 
schlußfassung Schwierigkeiten bietet. Deshalb ist 
die Wahl (U BBl 1900, 817) von „fkepräsen- 
tanten" aus der Mitte der Hausväter für eine 
bestimmte Zeit üblich (S§S 114 ff II 6 ALR). 
Diese Repräsentanten fsind aber nicht „Stellvertreter 
der Korporation" (weil diese Ausgabe der Schulvorstand hat) 
(O## 55, 212). Es pflegt daher vor ver Wahl der Re- 
präsentanten deren Bollmacht festgestellt zu werden. 
Wo die allgemeine Vertretungsmacht des 
Schulvorstands aufhört, beginnt die Zuständigkeit 
der Repräsentanten an Stelle der Hausväterge- 
samtheit Beschlüsse zu fassen (AU8 Bl 1907, S 719 
bis 723). Meinungsverschiedenheiten entscheidet. 
die Schulaufsichtsbehörde. 
2. In der Provinz Westpreußen 
können Mitglieder des Schulverbands nur Ge- 
meinden oder Gutsbezirke sein. Einem Gesamt- 
schulverband fehlt die eigene Rechtspersönlichkeit 
(O### 21, 198; Pr VBl 19, 352; 20, 48); diese 
wohnt dagegen der Sch als Anstalt inne, und 
zwar auch im Eigenschulverband (Pr BBl 19, 401; 
RGZ S 74, 565). Der Schulvorstand vertriit nur 
das Rechtssubjekt der Sch. Der Schulverband 
hat keine eigene Vertretung (OG 17, 276): 
jede kommunale Einheit beschließt für sich. 
Der Besitzer des Gutes als „Grundherr“ ver- 
tritt die Einwohner („Anwohner") des Gutsbe- 
zirks, die Träger der Schullasten I# § 11 Ziff 2); 
als „Gutsherr des Schulbezirks“ (sind es mehrere, 
so haben sie gleiche Rechte) ist er „Schulpatron“. 
Für die Bildung der Schulverbände enthält die Sch O 
11. 12. 45 besondere Vorschriften (## 50—54):; zunächst 
sollen die „Verträge“ der Beteiligten maßgebend sein, wenn 
die Schulaufsichtsbehörde sie bestätigt; im übrigen gibt 
letztere die nötigen „Berordnungen"“. Zum (ländlichen) 
Schulvorstand gehören außer dem Ortsschulinspektor, der 
in Abwesenheit des Schulpatrons den Vorsitz führt, und 
2—4 Familienvätern (mindestens einem aus jeder zur Sch 
gehörigen Gemeinde bezw. jedem Gutsbezirke) noch die Orts- 
vorsteher. 
3. Das Bolksschulunterhaltun'gs- 
gesetz hat ebenso wie die Schul O v. 11. 12. 45 
das „Gemeindeprinzip“ angenommen. 
a) Städte sollen in der Regel einen Eigenschul- 
verband bilden: Ausnahmen dürfen bei Städten 
mit mehr als 25 Schulstellen nur mit ihrer eigenen 
und der übrigen zu dem Gesamtschulverband zu 
vereinigenden Gemeinden (Gutsbezirke) Zustim- 
mung gemacht werden. Den Gesamtschulverbän- 
den verleiht das Gesetz „die Rechte der Körper- 
schaften des öffentlichen Rechts“: ebenso den Guts- 
bezirken, denn sonst würde das Schulvermögen 
keine ausreichende Unabhängigkeit von den Schick- 
salen des Guts haben (RG# Z 74, 55). 
Die Sch als Anstalten dagegen haben keine 
eigene Rechtspersönlichkeit. 
Ueber die Bildung, Aenderung und Auflösung der Ge 
samtschulverbände beschließt die Schulaufsichtsbehörde, 
wenn die beteiligten Gemeinden und Gutsbezirke zustimmen 
(sie muß aber den Kreisausschuß oder, falls eine Stadt be- 
teiligt ist, den Bezirksaue#schuß hören); anderenfalls ergänzen 
diese Beschlußbehörden auf Antrag der Schulaufsichtsbehörde 
die mangelnde Zustimmung der Beteiligten (Beschwerde 
beim Provinzialrat).
	        
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