Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Volksschule (Schulvermögen) 
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wenn aber in einer hessischen konfessionellen Sch 
die Zahl der Kinder 3 Jahre lang weniger als 
30 betrug, hört die Pflicht zur Unterhaltung für 
Gemeinde und Staat auf. In Sachsen können 
die Mitglieder jeder zugelassenen Religionsgesell- 
schaft mit ministerieller Genehmigung eigene 
öffentliche Sch errichten; Dissidentenkinder müssen 
an dem Religionsunterricht einer anerkannten 
oder bestätigten Religionsgesellschaft teilnehmen. 
In Hessen erlangt die SonderSch einer 
Konfessionsgemeinde die Eigenschaft einer öffent- 
lichen nur auf Grund des Nachweises nachhaltigen 
Bereitstehens der gesetzlich erforderlichen Mittel 
durch ministerielle Anerkennung. In Baden 
ist es verboten, daß eine vorzugsweise zur Er- 
füllung konfessioneller Zwecke begründete Kor- 
porationsanstalt der Gemeinde die Pflicht zur 
Errichtung von Sch abnimmt. 
5#8. Schulvermögen: Preußen. 
Schulvermögen im weiteren Sinn um- 
faßt alle Gegenstände, die dem Betrieb und der 
Unterhaltung einer OrtsSch öffentlich-rechtlich 
gewidmet sind, im engeren Sinn alle 
dem Schulverband (der Sch) gehörigen 
(G 31 A. 225) Gegenstände (Grundstücke, Kapi- 
talien, dingliche Rechte, Forderungen, Gerech- 
tigkeiten: § 27 SchU) mit privatrechtlicher 
Grundlage (OVG 61, 55/6, Pr BBl 12, 75; 34, 
467; RGZ 74, 55; Gruchot 56, 1161; VSchrch 
12, 178 ff und 13, 89). 
1. Das Schulvermögen im engeren 
Sinn istmitverschiedenen Sonderrechten 
ausgestattet: 
aà)Nach Reichsrecht genießen die Schulgebäude, 
weil sie unmittelbar Staatszwecken dienen, Befreiung von 
der Benutzung zu Kriegszwecken (1 6 G v. 13. 6. 73) und 
zu Quartieren im Frieden, weil sie zum öffentlichen Unter- 
richt bestimmt sind (#4 Gv. 25. 6. 68). — Die Erbschafts- 
steuer (G v. 3. 6. 06) beträgt nur 5 v. H. und ist beschränkt 
auf Zuwendungen von mehr als 5000 Mk. — Forderungen 
von Sch wegen Abgaben und Leistungen aus dem letzten Jahre 
vor Eröfsnung des Konkursverfahrens stehen im 3. Range 
der Konkursgläubiger (3 61 Ziff. 3 Konk ). „Abgaben und 
Leistungen, die aus dem Schulverband entspringen oder an 
Sch oder Schulbediente zu entrichten sind“, sofern sie als 
aöfsentliche (gemeine) Lasten nach Gesetz oder Verfassung 
auf einem Grundstück haften und zu den laufenden oder aus 
den letzten 2 Jahren rückständigen Beträgen gehören, stehen 
im 3. Range der Rechte auf Befriedigung aus dem Grund- 
stück bei Zwangsversteigerungen und Verwaltungen (5 10 
Abs 1 Ziff. 3 G v. 24. 3. 97; vgl. a 1 Abs 1 Ziff. 2 sowie 
a 2 Ziff. 1 Preuß. AG v. 23. 9. 99). — Die Ausübung des 
Gewerbes in Anlagen, deren Betrieb mit ungewöhnlichem 
Geräusch verbunden ist, kann, wenn die gewählte Betriebs- 
stätte in der Nähe von Sch liegt, deren bestimmungsmäßige 
Benutzung durch den Gewerbebetrieb an dieser Stelle eine 
erhebliche Störung erleiden würde, untersagt oder nur 
unter Bedingungen gestattet werden (1 27 GewdoO). 
b) Landesrecht. Sch sind frei von Gerichtsgebühren 
(( 8 Ziff. 3 Gv. 6. 10. 99), von der Stempelsteuer (# 5 Ablsl 
zu e und 1 G v. 30. 6. 09; ebenso Gemeinden und Guts- 
bezirke in Schulangelegenheiten: RK G:# 71, 137, C VG 62, 
114), von der Grundsteuer, soweit sic bei Erlaß des G v. 
21. 5. 61 (3 4 zu e) frei waren, und der Gebäudesteuer 
(6 3 Ziff. 3 und 5 Gv. 21. ö. 61). Das KAG (524 zu fu. k) 
befreit die zum öffentlichen Unterricht bestimmten Gebäude 
und zu Schulzwecken benutzten Schulgrundstücke sowie die 
Dienstgrundstücke und Dienstwohnungen der L, soweit ihnen 
bieher Steuerfreiheit zustand, von den Gemeinde-Realsteuern. 
  
Grundstücke der Sch erhalten ein Grundbuchblatt nur auf 
Antrag des Eigentümers oder eines Berechtigten (a 1 
Preuß. B v. 13. 11. 99 zu § 90 Grundbuch O). Nach An- 
legung eines solchen ist das Grundeigentum im Geltungs- 
bereich des ALK und des Schuc' für den „Schulverband“ 
(KG 26 A. 87), in Westpreußen dagegen für „die Schule“ 
(KG# 27 A. 244) einzutragen. Dasselbe gilt von Rechten der 
Sch an Grundstücken (Gruchot 56, 1161, Bech#rch, 
12, 178). Die L Stelle hat nicht die Eigenschaft einer juristi- 
schen Person, für die das Grundvermögen eingetragen wer- 
den könnte. 
Grunderwerb für Sch sowie Beräußerung und Be- 
lastung von Schulgrundstücken bedarf der Genehmigung der- 
Schulaufsichtsbehörde und, wenn es sich um Beräußerung. 
von Schulhäusern oder ganzen Schulgehöften handelt, des- 
Ministers (u.3Bl 1896, 606, VSch Arch 5, 346). Für Schen- 
kungen und letztwillige Zuwendungen im Werte von mehr 
als 5000 Mk. an Schulverbände und Sch ist (a 16 AG z. BGB). 
die Genehmigung des Königs erforderlich. 
Nach # 25 SchuE muß über das Schulvermögen ein 
genaues Berzeichnis (Matrikel) ausgestellt und darf 
eine Beräußerung von Schulvermögensstücken oder ihre 
Berwendung für andere Zwecke nicht genehmigt werden, 
wenn nicht die Schuldeputation (bezw. Kommission) bezw. 
der Schulvorstand gehört worden sind. 
Wegen Ablösung von Realberechtigungen der Sch 7J Ab- 
lösung, Preußen # 5 Abs 3 und #7, Baden 3 3, Hessen 31. 
2. Das Schulvermögen im weite- 
ren Sinn umfaßt neben den eben behandelten 
auch diejenigen Gegenstände, die im Eigentum 
Dritter stehen, aber Sch Zwecken gewidmet sind. 
a) Diese Widmung verleiht unbeweglichen Sa- 
chen die Eigenschaft von öffentlichen [NI), von „Ver- 
waltungsvermögen“, und läßt privatrechtlicher 
Verfügung des Eigentümers sowohl als Dritter 
(z. B. der Gläubiger des Eigentümers) nur inso- 
weit Raum, als die Erreichung des öffentlichen. 
Zwecks dadurch nicht behindert wird (vgl. V Sch- 
Arch 11, 127; R #74, 55). 
Ein Gutsbesitzer z. B., der ein Hausgrundstück zu einer 
öffentlichen Sch hergegeben hat, wird erst durch einen 
Ausspruch der Schulaussichtsbehörde von der durch die 
Widmung eingetretenen Beschränkung seines Eigentums- 
rechts frei (CBG 21, 192 ff, W Sch Arch 12, 182). 
Aber auch das Gemeinderecht wird durch das 
Schulrecht ausgeschlossen. Selbst im Eigenschul- 
verband hat die politische Gemeinde keine freie 
Verfügung über Schulvermögen zu anderen Zwek- 
ken, sondern bedarf dazu der Genehmigung der 
Schulaufsichtsbehörde (Berliner Schulstreit, Min E 
v. 17. 11. 03, U.ZBl 597; v. 7. 1I. 04, UZBl 620). 
(siehe noch oben & 6 I Abs. 3; betr. Stiftungen 
Schullasten § 6). 
b) Ausschulungen geben oft den aus. 
dem Schulverband Ausscheidenden, namentlich 
Gemeinden, Anlaß zur Erhebung von An- 
sprüchen an das Schulvermögen. 
Es sehlt an gesetzlichen Bestimmungen für das Geltungs- 
gebiet des ALR. — Die Sch O v. 11. 12. 45 bestimmt aus- 
drücklich (§ 51 Abs 1 Ziff. 5), daß der alten Sch ihr bisheriges 
Stiftungs-, Grund-- und Kapitalvermögen ungeteilt ver- 
bleibt, sofern nicht besondere Rechtstitel eine Ausnahme 
begründen. Das Reichsgericht (U. BBl 1898, 397 ffo kommt 
zu demselben Ergebnis aus der allgemeinen Erwägung, daß 
weder einzelne Hausväter noch ein nach Auflösung des alten 
Schulverbands gebildeter neuer als Miteigentümer an dem 
Schulvermögen anzusehen sei, und daß eine Rechtsnachfolge 
auch nicht aus der Natur der Sache folge; vielmehr habe die 
Schulaussichtsbehörde nach freiem Ermessen zu versügen.
	        
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