Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Volksschule (õrtliche Verwaltung) 
vereinigten beiden ersten Gruppen. Hierzu treten (von der 
Regierung ernannte) „Bertreter“ der Sch nicht-städtischen 
Patronats, die den Deputationen unterstellt werden, und 
in den großen Städten die Kreisschulinspektoren. Wo Sch 
verschiedener Konfession bestehen, soll darauf bei der Zu- 
sammensetzung Rücksicht genommen werden. Alle Mitglie- 
der der Deputation bedürfen der Bestätigung ihrer Wahl, 
die auf 6 Jahre erfolgt. 
Das Schulunterhaltungsgesetz hat biese 
Vorschriften insbesondere dahin ergänzt, daß unter den Ge- 
wählten der 3. Gruppe mindestens ein Rektor (Hauptlehrer) 
oder L sein müsse, daß die Mitglieder der 1. Gruppe vom 
Bürgermeister ernannt werden, der selbst als Borsitzender (mit 
Stimmrecht) eintreten kann, und daß geborene Mitglieder 
der Deputation je ein Ortspfarrer der evangelischen und der 
katholischen Kirche (in der Regel der älteste) und der (älteste) 
Ortsrabbiner (falls in der Stadt. mindestens 20 jüdische 
BchfKrinder sind) sein sollen. Die zuständigen Kreisschul- 
inspektoren nehmen an den Sitzungen als Staatskommissare 
Teil. Der Bestätigung bedürfen nicht die Mitglieder der 
ersten Gruppe und die christlichen Pfarrer. Die Schulauf- 
sichtsbehörde darf unwürdige Mitglieder (ausg. die der 
ersten Gruppe) ausschließen und die betr. Verfügung ist 
mittels Berw Klage ansechtbar. Für eine oder mehrere Sch 
der Stadt können „Schulkommissionen"“ mit ähnlicher Zu- 
sammensetzung als „Organe“ der Deputation eingesetzt 
werden. 
3. Auf dem Lande bestehen für die Orts- 
schulverwaltung überall Schulvorstände. 
Für Posen und Westpreußen siehe oben & 6 I1, 2. 
Im Geltungsgebiet des SchnU ist deren Wir- 
kungskreis wie der der Schuldeputationen 
abgegrenzt mit dem Unterschiede, daß dem 
Schulvorstande auch die Verwaltung des Schul- 
vermögens zugeteilt und zu seinen Gemeindean- 
gelegenheitsgeschäften noch die „Sorge für die 
äußere Ordnung im Schulwesen"“ sowie die „Pflege 
der Verbindung zwischen Sch und Elternhaus“ 
gezählt wird. Für die letztgenannten beiden Auf- 
gaben sind konfessionelle Schulkommissionen ein- 
zusetzen, wenn die Sch konfessionell getrennt sind. 
In Gesamtschulverbänden gehören 
jene beiden und die gesamten, im Eigenschulver- 
band zwischen Gemeindeorganen und Schulvor- 
stand geteilten Aufgaben zur Zuständigkeit des 
Verbandsvorstehers in Gemeinschaft mit dem 
Schulvorstand (oben 5 6 1 3). 
Der Schulvorstand im Eigenschulverband be- 
steht nach dem Schulunterhaltungsgesetz aus 
dem Gemeindevorsteher, dem Amtmann in Westfalen, dem 
Bürgermeister in Rheinland, einem (schulaufsichtlich be- 
stimmten) L der Sch, dem Pfarrer (bezw. beiden Pfarrern 
und dem Rabbiner, wenn die Sch nicht konfessionell sind) 
und 2—6 von der Gemeindevertretung gewählten Einwoh- 
nern: diese und der Rabbiner bedürsen der Bestätigung der 
Schulaufsichtsbehörde, die auch den Vorsitzenden bestimmt. 
Der Ortsschulinspektor ist stets zu laden und jederzeit zu 
hören. In Gutsbezirks-Eigenschulverbänden wird in gleicher 
Weise ein Schulvorstand gebildet, dessen Einwohner-Mitglie- 
der im Falle des 1 8 Abs 1 (oben 16 1 3 Abs 6) der 
Gutsvorsteher ernennt, im Falle des #1 8 Abs 2 die Gutsver- 
tretung wählt. 
II. In Bayern, Württemberg, 
Baden, Hessen und Elsaß-Loth- 
ringen ist die örtliche Schulverwaltung reine 
Gemeindeangelegenheit. Ueber die Träger dieser 
Verwaltung in Bayern in zusammengesetzten 
Schulsprengeln siehe oben § 6 II: das Schul- 
vermögen wird dort als Miteigentum der betei- 
  
833 
ligten Gemeinden behandelt. In Baden wird 
das Schulvermögen in den Städten vom Stadt- 
rat, in Gemeinden mit 4000 und mehr Einwohnern 
vom Gemeinderat, sonst von der Ortsschulbehörde 
verwaltet; in den größeren Gemeinden muß, in 
den kleineren (unter 4000 Einw.) kann dazu eine 
besondere Schulkommission bestellt werden, d. i. 
die durch eine Anzahl (4—20) Gemeindeeinwohner 
(ein Viertel können Frauen sein) verstärkte Orts- 
schulbehörde (unten #& 13 Z. 4). Für zusammen- 
gesette Schulverbände werden die Rechte der 
eteiligten Gemeinden an dem gemeinsamen 
Schulvermögen durch die Satzungen (siehe §& 6 I) 
geordnet. In Bayern und Baden er- 
kennt der V# in letzter (nach vorangegangenem 
schiedsgerichtlichen Verfahren) bezw. in erster 
und letzter Instanz bei Streit gelegentlich der 
Teilung und Auseinandersetzung infolge von 
Aenderungen im Bestande der Schulverbände. 
In Hessen verwalten die Kirchenvorstände 
das Stiftungsvermögen, das für Schulzwecke 
bestimmt ist. In Sachsen kann der Schul- 
vorstand mit der ihm obliegenden Schulvermö- 
gensverwaltung besondere, aus seiner Mitte 
gebildete Deputationen betrauen. Scheidet eine 
Gemeinde aus dem Schulverband aus, so hat sie 
regelmäßig weder Entschädigung zu fordern 
noch zu zahlen, muß aber einen Teil der gemein- 
samen Schulden übernehmen. Die Schulspar- 
kassen werden dort als Gemeindeanstalten be- 
handelt. i 
5 10. Innere Einrichtung der Vch Ferien. 
1. In Preußen schreibt die A#f v. 15. 10. 72 
die Gliederung sämtlicher Kinder einer Sch in 
drei, der Verschiedenheit von Alter und Bildun 
entsprechenden Abteilungen vor (Unter-, Mitte 
und Oberstufe): die Klasseneinteilung dagegen 
richtet sich nach der Gesamtzahl der Kinder. 
Unterrichtlich besonders leistungs ähig ist die sechsklassige 
Sch, in der jeder Stufe 2 Klassen zuzuweisen sind: bei 4 
Klassen soll die Mittelstuse 2 Klassen erhalten. Normale 
Schuleinrichtungen sind außer der „mehrklassigen“ Sch 
(mit 3 und mehr L): die Sch mit 2 L (1911 gab es deren 
8296 = 21,4%), bie bei einer Schülerzahl bis zu 120 in 2, 
sonst in 3 Klassen unterrichten, und die Sch mit einem 2L, 
die entweder die einklassige (1911: 13 571 = 34,8%) oder 
die Halbtags Sch (1911: 6655 = 17,2⅝) ist. Die Halb- 
tagsschule wird eingerichtet namentlich dann, wenn die 
Kinderzahl über 80 steigt, ohne daß die Anstellung eines 
zweiten L sich ermöglichen läßt, oder wo das Klassenzimmer 
zu klein ist. Die Unterstufe hat in der einklassigen Sch 20, 
in der dreiklassigen mit 2 L 12, in der mehrklassigen Sch 22, 
die Mittelstufe 30, 24, 28, die Oberstuse 30, 28, 30—32 
Lehrstunden wöchentlich zu erhalten. 
Geschlechtertrennung wird nur für mehr- 
klassige Sch und nur für die oberen Klassen ge- 
wünscht. Bei mehrklassigen Sch sollen nicht mehr 
als 70 Kinder in einer Klasse sein. 
Die Ferien dürfen 80 Tage jährlich nicht über- 
steigen. 
Dauer und Lage der Ferien-Abschnitte setzt für Orte mit 
höheren Sch (einschl. Seminare) der Oberpräsident (und 
zwar einheitlich für alle Schulgattungen, wenn nicht 
Abweichungen beantragt sind), 2. für die übrigen Orte 
a) die Regierung hinsichtlich der Weihnachts-, Ostern= und 
Pfingstserien (tunlichst ebenso, wie es für die zu 1 genannten 
Orte geschehen), d) der Landrat im Berein mit dem Kreis- 
schulinspektor (für den Rest der Tage) hinsichtlich der Sommer- 
v. Stengel- Fleischmann, Wörterbuch. 2. Aufl. III. 53
	        
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