Vollsschule (Schulzucht)
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und bei Entlassungsprüfungen die Zensur in der Religion
mit feststellt. Die staatliche Aufsicht über den Religions-
unterricht, der nichts den bürgerlichen und staatsbürgerlichen
Sflichten zuwiderlaufendes enthalten darf (a 12 Bu, 5# 13,
14 HI 11 ALK), bleibt neben jener Leitung bestehen.
II. In den andern Bundesstaaten
sind die Unterrichtsgegenstände dieselben.
In Sachsen soll den Kindern „wendischer
Nation“ das wendische Lesen gelehrt und die
wendische Muttersprache beim Religionsunterricht
a#mit angewendet“ werden, so lange in der Ge-
meinde regelmäßig wendischer Gottesdienst statt-
findet. In Elsaß--Lothringen ist Deutsch die
Unterrichtssprache. In den gemischt-sprachigen
Sch, d. h. da, wo mehr als 20 v. H. der Schü-
ler Französisch als Muttersprache sprechen, wird
der Religionsunterricht jedem Kinde in seiner
Muttersprache erteilt, auf der Unterstufe mit
französisch Lesen begonnen, wo die Muttersprache
der Mehrzahl der Kinder Französisch ist, und
französischer Sprachunterricht gegeben auf der
Unterstufe in 7 bezw. 5 Stunden, der Mittel-
stufe in 3 Stunden, der Oberstufe in 2 Stunden
(526 Verf., Oberschulrat-Verfügung 26. 3. 1911).
Der Religionsunterricht II| wird in Württemberg
in der Regel vom Ortsgeistlichen „unter angemessener Teil-
nahme des Lehrers“, in Baden teils von den Geistlichen
teils (der katholische) vom L mit kirchlicher misslio canonica
erteilt; in Baden stellt die geistliche Behörde den Lehr-
plan auf und überwacht seine Befolgung; in Hessen
bestimmen die kirchlichen Behörden die Lehrbücher für den
Religionsunterricht und das Min hat nur ein Einspruchs-
recht.
In Württemberg und Baden kann durch Ge-
meindebeschluß mit Genehmigung der Oberschulbehörde
allgemein verbindlich Turnen für Mädchen und Handfertig-
keit für Knaben eingeführt werden; in Württemberg
kommt hinzu Haushaltungskunde für Mädchen, in Baden
Unterricht in fremden Sprachen: aber statt der allgemein-
verbindlichen ist dort auch die wahlfreie Form möglich. In
Bayern soll teils mit dem „Sprach“= teils mit dem
Rechen-Unterricht im obersten Kurse der Unterricht in ge-
werblicher Buchführung verbunden werden.
In Elsaß-Lothringen wird den Mädchen der
Oberstufe im Anschluß an Naturkunde Unterricht in Haus-
haltungskunde, erster Hilfeleistung bei Unfällen und Be-
sorgung des Krankenzimmers erteilt.
5* 12. Schulzucht ist die Anwendung derjenigen
Zwangs= und Strafmittel, die die L zur Errei-
chung des Unterrichts= und Erziehungszweckes
bei den Schulkindern anwenden dürfen (Röst
15, 376; 33, 71).
In i reußen sind solche Mittel: münd-
liche Vorhaltungen, Verweise (die aber nicht
beleidigen dürfen: U8BBl 1881, 671), Stehen-
lassen, Nachsitzen und körperliche Züchtigungen.
Den 2 steht das Züchtigungsrecht in dem gleichen Um-
fang wie den Eltern (Pr Verwl 24, 743; 25, 730, U#l
1906, 700), auch außerhalb der Schulräume und Schulzeit
(IMin Bl 1859, 442, Ugnl 1870, 440, OVG 15, 454;
43, 451, Pr Verw 3, 159; 6, 219) zu und ist auf die Schüler
der Sch, an der der L amtiert, dann nicht beschränkt, wenn
mehrere Sch in demselben Gebäude untergebracht sind
(Iml 1868, 78, Pr Verw#ß## 3, 343, UßB#l 1885, 3785,
RGSEt 42, 142, OBG 60, 481). Auch der Schulinspektor
darf züchtigen (UnLZ##1 1897, 707). Der Schuldiener kann
mit der Züchtigung beauftragt werden (Pr Verwl ,
218).
Gesetzliche Grenzen des Züchtigungsrechts enthält
#s50 II 12 ALK und Ziff. 4 Kab O v. 14. 5. 1825, wonach
odie Schulzucht niemals bis zu Mißhandlungen ausgedehnt
werden darf, die der Gesundheit des Kindes auch nur auf
entfernte Art schädlich werden können" (Pr Verw#l 38, 517,
Böchurch 12, 54); dieser Grundsatz gilt, als ein natürlicher,
auch in den neuen Provinzen (O## 37, 453/4). Sonstige
objektive Normen, die von den Schulaufsichtsbehörden ge-
geben waren (RE St 15, 376; 19, 265), sind allgemein auf-
gehoben worden (Un#Io81 1888, 422), weil die Rechtsprechung
(O30 156, 444, U.B#BI# 1888, 423 ff) jeden Verstoß da-
gegen als Amtsüberschreitung i. S. des 3 11 EGz. GVG er-
klärte und damit die Erhebung des Konflikts ( | wirkungslos
machte. Die Verletzung eines Sondergebots oder Verbots
der Vorgesetzten zieht für den betreffenden L nur disziplinare
Ahndung nach sich (OBG 37, 451), die aber auch allgemein
möglich ist, wenngleich die Züchtigung die strafgesestzliche
Grenze nicht überschreitet (RG##t 19, S 265, 270, OBG
15, 447).
Eine solche strafbare Ueberschreitung der Amtsbefugnis
liegt vor (RGSt 43, 281), wenn der L sich bewußt war
oder hätte sein müssen (Pr Berwnl 30, 458), daß die Züch-
tigung nicht ganz unwahrscheinlich eine Gesundheitsbe-
schädigung (BSchorch 12, 236/7) zur Folge haben werde
(Pr Verwl 34, 687), gleichviel, ob das Berhalten des
Kindes eine Züchtigung forderte. In letzterer Beziehung ist
aber das dem 2 zuzubilligende freie Ermessen (Pr Verw Bl
32, 282) kein pflichtmäßiges, wenn er wissentlich einen
Unschuldigen züchtigt, straft um zu mißhandeln oder um
Bergeltung zu üben (RSt 2, 10; 5, 129, VSchrch 11,
S174, 178, O G 15, 448; 16, 410; 43, 450), oder die Form
der Züchtigung noch unsittlichen Zwecken dient (VSchurch
11, 178).
In Bayern ist als Züchtigungsmittel eine
Rute oder ein Stäbchen vorgeschrieben.
Württemberg kennt noch,strengen Schul-
arrest“ d. h. Einzeleinsperrung in einem Sonder-
gelaß bis zu 12 Stunden bei Schülern von mehr
als 12 Jahren, Verweise vor der Sch und vor
der Ortsschulbehörde durch den Ortsschulaufseher:
letztere Strafen sind aber durch die Ortsschul-
behörde zu verhängen.
In Baden soll in jedem Schulzimmer eine
Schulordnung angeschlagen sein. Auch hier gibt es
Verweise der Ortsschulbehörde, Einsperrung bis
zu 6 Stunden (mit Genehmigung des Vorsitzen-
den der Ortsschulbehörde).
5#13. Schulbehörden.
1. Die obersten Behäörden heißen auch auf
dem Gebiet der VSch in der Regel Ministerien:
in Preußen das „der geistlichen und Unter-
richtsangelegenheiten“ (J. Ministerium des In-
nern #& 3 zu a), in Bayern „des Innern
für Kirchen= und Schulangelegenheiten“, in
Sachsen „des (Kultus= und) öffentlichen
Unterrichts“, in Württemberg „des (Kir-
chen= und) Schulwesens", in Baden „des
(Kultus und) Unterrichts“, in Hessen „dbes
Innern, Abteilung für Schulangelegenheiten“.
Nur Elsaß--Lothringen (1 8 3) weicht
ab und nennt seine Zentralbehörde „Oberschul-
rat". Einen „Evangelischen“ und einen „Ka-
tholischen“ Oberschulrat kennt Württem-
berg noch, die zur Beratung und Beschluß-
fassung, über gemeinsame Angelegenheiten auch
zusammen, berusen werden können, während
Baden nur einen einheitlichen Oberschulrat
als Zentralmittelstelle hat. Fachmännischen Bei-
rat sollen die bayrische Loandesschulkom-
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