Pfarrer
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gegen trat an Stelle des kath. Bischofs grund-
saätzlich der ev. Landesherr. In einer Reihe
deutscher Staaten werden die P. auch heute
noch durch den Landesherrn angestellt, so in
Bayern, Württemberg, Hessen, beiden Mecklen-
burg, Braunschweig, Oldenburg und den meisten
Kleinstaaten; in einigen dieser Staaten ist aller-
dings jetzt eine Mitwirkung der Gemeinden in
Form des sog. votum negativum anerkannt (nicht
in Bayern; Friedberg, Verfassungsrecht 240 26,
Kirchenrecht ", 395 f., 399 f).
Dagegen werden in Altpreußen, Hannover,
Sachsen und Elsaß-Lothringen die P. namens
der Landesherren durch die Konsistorien angestellt,
und zwar in Altpreußen durch die Provinzial-, in
Hannover und Sachsen durch das Landeskonsisto-
rium; die elsaß-lothringischen oonsistoires sind
allerdings nicht landesherrliche Behörden.
Die Mitwirkung der Gemeinden
ist nach diesem Entwickelungsgang in Deutschland
als Ausnahme zu betrachten, welche rechtlich eines
besonderen Titels bedarf. Allerdings besteht
diese Ausnahme in nicht unerheblichem Umfange,
so in den ehemaligen freien Reichsstädten, aber
auch sonst vielfach kraft Herkommens oder Sonder-
privilegs (Ostfriesland, Ditmarschen). Die sämt-
lichen stimmberechtigten Mitglieder der Ge-
meinde vollziehen in diesem Falle die Wahl nach
Maßgabe mehr oder minder verschiedener Spezial-
vorichriften. Rechtlich bedeutet die Wahl jedoch
auch hier immer nur eine Präsentation, über welche
das Konsistorium endgültig entscheidet, sei es frei
nach Würdigkeit des Gewählten, sei es gebunden
— — —
an die Präsentation unter Voraussetzung des Vor-
handenseins der gesetzlichen Qualifikationsbedin-
gungen (vgl. Friedberg, Verfassungsrecht 233 ff,
Kirchenrecht ", 398 f). In Altpreußen ist dieses
Recht der Gesamtgemeinde durch Kirchen G v.
28. 3. 92 an die vereinigten Gemeindeorgane,
Gemeindekirchenrat und Gemeindevertretung,
übertragen worden (v. Doemming, Pfarrbe-
setzungsgesetz, Pfarrarchiv 4, 193).
Außerdem besteht in zahlreichen deutschen Terri-
torien das Recht des sog. votum negativum für
die Gemeinde, kraft dessen die letztere unter be-
stimmten, mehr oder minder verschieden geordne-
ten Voraussetzungen den für sie bestimmten P.
ablehnen kann. So kann nach AL# überall,
wo nicht ein weiter reichendes Recht der Ge-
meinde besteht, durch zwei Drittel der Gemeinde-
mitglieder Einspruch erhoben werden, welchen das
Konsistorium nach Anhörung des Rreissynodal-
vorstandes entscheidet (KG# v. 15. 3. 86 5 10).
In Braunschweig muß die Gemeinde positiv ihre
Zustimmung zu der beabsichtigten Ernennung er-
klären. In Hannover und Meimar kann Ableh-
nung erfolgen wegen begründeter Einwendungen
gegen Lehre, Gaben, Wandel des designierten
Kandidaten. Aehnliche Vorschriften gelten in
Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Koburg-Gotha,
Meiningen, Altenburg, Schwarzburg, Waldeck,
Reuß (Angaben bei Friedberg, Verfassungsrecht
210 ff, Kirchenrecht ", 399 f).
Ferner ist in Altpreußen neuerdings durch die
Synodalgesetzgebung (SO 8 32, jetzt ausgeführt
durch &G v. 15. 3. 86 unter Aufhebung der Vv.
2. 12. 74) eine bedeutsame Erweiterung des Ge-
meindewahlrechts dadurch erfolgt, daß alle Pfar-
reien landesherrlicher Kollation, ausgenommen
diejenigen, mit welchen ein kirchenregimentliches
Amt verbunden ist, alternativ frei durch das
Konsistorium oder durch Wahl der vereinigten
Gemeindeorgane unter Bestätigung des Konsisto-
riums besetzt werden. Die Wahl erfolgt mit ab-
soluter Stimmenmehrheit, event. unter den 3, sub-
event. 2 Kandidaten, welche im ersten Wahlgang
die meisten Stimmen erhalten haben; bei Stim-
mengleichheit entscheidet das Los, welches durch
den die Wahl leitenden Superintendenten zu
ziehen ist. Die Bestätigung des Konsistoriums
ist zu versagen wegen Mangels der gesetzlichen
Voraussetzungen, insbesondere bezüglich des
Dienstalters (s. unten 5), ferner wegen Gesetz-
widrigkeit des Wahlverfahrens, endlich wegen
geistiger oder körperlicher Unfähigkeit des Ge-
wählten, kann aber auch aus anderen Gründen
versagt werden. Gegen die Entscheidung des
Konsistoriums ist Rekurs an den On# zulässig,
der in Gemeinschaft mit dem Generalsynodalvor-
stand entscheidet.
Bei allen Wahlen zu Pfarrämtern hat endlich
in Altpreußen jedes einzelne Gemeindeglied die
Befugnis, binnen 2 Wochen Einsprache zu er-
heben gegen Lehre, Gaben, Wandel des Gewähl-
ten. In ersteren Fall entscheidet das Konsisto-
rium unter Zuziehung des Provinzialfynodal-
vorstandes in erster, der OK ,K unter Zuziehung
des Generalsynodalvorstandes in zweiter und letz-
ter Instanz. In den beiden anderen Fällen ent-
scheidet das Konsistorium nach Anhörung des
Kreissynodalvorstandes endgültig.
3. Die gesetzlichen Voraussetzungen für
Empfang eines Pfarramtes sind nach katholi-
schem Kirchenrecht folgende (7 Geistliche §§ 2
bis 8): a) das zu verleihende Amt muß erledigt
sein, nur der Papst kann sog. Exspektanzen ver-
leihen; b) die Frist für Wiederbesetzung beträgt
6 Monate, über die Frist bei Patronatspfarreien
Patronat;c) die Verleihung muß bedingungslos
(pure) und unentgeltlich lohne Simonie) erfol-
gen; d) der Kandidat muß persona idonea sein,
das ist: 1. er darf nicht sein verheiratet, Ketzer,
exkommuniziert; 2. er muß zum Priester ordi-
niert sein oder dies binnen Jahresfrist nachholen;
3. er muß das 25. Lebensjahr zurückgelegt haben;
4. die erforderliche Kenntnis der Ortssvrache ist
heute selbstverständlich; 5. er muß die genügende
wissenschaftliche Vorbildung haben, welche teils
durch ältere kirchengesetzliche, teils durch neuere
staatsgesetzliche Vorschriften genau geregelt ist
(s. hierüber Friedberg, Kirchenrecht s, 359). 6. er
muß die deutsche (Sachsen, Preußen, Hessen,
Mecklenburg--Schwerin, Elsaß-Lothringen) oder
einzelstaatliche (Bayern, Württemberg, Baden,
Oldenburg, Weimar) Staatsangehörigkeit be-
sitzen; Anstellung von Ausländern ist nichtig
(Friedberg 3.59); 7. er muß dem Staate genehm
sein; diese Forderung wird in den verschiedenen
Staaten in verschiedener Weise gesetzlich gehand-
habt: in Bayern werden die Pfarreien und
ebenso dauernde Vertretungen entweder direkt
vom Staat kraft landesherrlichen Patronatrechts
besetzt oder den vom Bischof erfolgten Verleihun=
gen die „landesherrliche Genehmigung“ erteilt,
welehe auch ohne Angabe von Gründen versagt
werden kann; „bürgerlich und politisch tadelloser
Wandel“ ist absolute Voraussetzung beim Kandi-
daten; in Preußen wird bei dauernder bischöflicher