Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Waldeck (Fürstentum) 
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manialvermögens feststellte und anerkannte, daß 
die Einkünfte desselben in erster Linie für den 
standesgemäßen Unterhalt des Fürstenhauses, 
über einen gewissen Betrag hinaus aber zugleich 
für allgemeine Landesverwaltungszwecke zu ver- 
wenden seien, und daß insoweit, als sie für jene 
nächste Bestimmung nicht ausreichten, das Land 
hierfür eintreten müßte. Dieser Rezeß ist durch 
den bestehenden Akzessionsvertrag dahin abge- 
ändert worden, daß eine Inanspruchnahme der 
Domanialeinkünfte für die Landesausgaben aus- 
eschlossen, das Land aber von der Verpflichtung, 
far den Unterhalt des Fürstenhauses gegebenen- 
falls einzutreten, entlastet wird. Die dem Land- 
tag zustehende Kontrolle, wonach Veräußerun- 
en und Verpfändungen des Domanialvermögens 
owie Bestimmungen, durch welche die Substanz 
des Domaniums verringert würde, der ständischen 
Zustimmung bedürfen, ist aufrecht erhalten. Die 
Verwaltung des Domanialvermögens steht nach 
dem Akzessionsvertrag dem Fürsten zu; für diese 
Verwaltung findet eine Mitbenutzung der Landes- 
dienststellen nicht statt. Die Erträgnisse des Do- 
manialvermögens verbleiben dem Fürsten. 
# 3. VBolksvertretung. Die erste Volksver- 
tretung wurde in W. durch die Landständische 
Verf v. 19.4.1816 geschaffen. Der Landtag wurde 
aber während des 32jährigen Bestehens der Verf 
v. 1816 nur dreimal versammelt; in der Regel 
wurden die Beschlüsse der Landstände schriftlich 
herbeigeführt. Im April 1848 gab der Landtag 
seine Zustimmung zur Wahl von 12 Abgeord- 
neten, mit welchen dann das Staatsgrundgesetz 
vom Jahre 1849 vereinbart wurde. Der jetzige 
Landtag, für den die revidierte Verf v. 17. 8. 52 
und das (mehrfach abgeänderte) Wahlgesetz 
vom gleichen Tage maßgebend sind, besteht aus 
12 Abgeordneten aus dem Fürstentum W. und 
3 Abgeordneten aus dem Fürstentum Pyrmont. 
Die Abgeordneten werden in Wahlbezirken nach 
den Grenzen der Kreiseinteilung durch Wahl- 
männer der Ortsgemeinden auf 3 Jahre ge- 
wählt; in jeder Ortsgemeinde werden je nach 
ihrer Größe 3, 6, 9, 12 Wahlmänner gewählt. 
Die Wahl der Wahlmänner erfolgt durch die 
stimmberechtigten Gemeindebürger nach dem 
Dreiklassenwahlsystem. Stimmberechtigter Ge- 
meindebürger ist jeder Staatsangehörige, welcher 
das 25. Lebensjahr zurückgelegt und einen eigenen 
Hausstand hat, seit einem Jahre der Gemeinde 
als Mitglied angehört und mindestens 3 Mk. 
als Jahresbetrag an direkten Steuern entrichtet 
oder ein Grundstück im Werte von mindestens 
300 Mk. oder ein Wohnhaus im Gemeindebezirk 
besitzt. Zum Abgeordneten wählbar ist jeder 
männliche Staatsangehörige, der das 30. Le- 
bensjahr zurückgelegt hat, seit wenigstens 2 Jah-= 
ren dem Staate angehört, unbescholten ist und 
sich nicht im Konkurs oder unter Kuratel befindet. 
Die Wahl der Wahlmänner sowohl wie der Ab- 
geordneten erfolgt durch mündliche Stimmabgabe. 
Der Landtag muß nach der V regelmäßig im 
Laufe des Monats Oktober jedes Jahres ver- 
sammelt werden. Eine Vertagung darf ohne 
seine Zustimmung weder 2 Monate überschreiten 
noch während derselben Sitzungsperiode wieder- 
holt werden. Wird der Landtag aufgelöst, so 
müssen die neugewählten Stände innerhalb von 
3 Monaten nach der Auflösung versammelt wer- 
  
  
den. In der Regelung seiner Geschäfte und seiner 
innern Angelegenheiten genießt der Landtag 
die übliche Autonomie. Er kann Abgeordnete, 
welche an der Wahrnehmung der Geschäfte 
dauernd behindert sind oder sich denselben be- 
harrlich entziehen oder sich unwürdigen Betragens 
schuldig machen, für die übrige Dauer der Wahl- 
zeit mit einer Mehrheit von 3¾ sämtlicher Land- 
tagsmitglieder ausschließen. Die Immunität steht 
den Abgeordneten in der üblichen Weise zu; jedoch 
erstreckt sich die Immunität nicht auf während der 
Sitzungsperiode außerhalb der Ständeversamm- 
lung begangene, mit Strafe bedrohte Handlungen. 
1s Aufgaben des Landtags bezeichnet die 
Vu im 5+l 46 die „Wahrnehmung der verfassungs- 
mäßigen Rechte, namentlich des Rechtes bei der 
Mitwirkung der Gesetzgebung und des Steuer- 
bewilligungsrechts“. Das Mitwirkungsrecht bei 
der Gesetzgebung beschränkt sich nicht auf das 
Recht der Annahme oder Ablehnung bzw. Ab- 
änderung von Reg Vorlagen, sondern es gehört 
dazu auch die Befugnis, die Vorlage von Gesetzen 
zu beantragen. Das Steuerbewilligungsrecht 
umfaßt neben der periodischen Etatsaufstellung 
die Befugnis, zur Einführung neuer Steuern 
sowie zur Aenderung oder Forterhebung der 
bestehenden Steuern die Zustimmung zu er- 
teilen. Jedoch „dürfen die zu einer den Bundes- 
pflichten und der Landesverfassung entsprechen- 
den Regierung erforderlichen Mittel nicht ver- 
weigert werden“. Schließlich ist der Landtag 
befugt, über alle Landesangelegenheiten Aus- 
kunft zu begehren sowie zur Aufklärung von Tat- 
sachen und Vorbereitung der Beratungsgegen- 
stände Ausschüsse zu bilden; er kann Adressen, 
Beschwerden und Bitten in allen Landesange- 
legenheiten an den Landesherrn richten. Die 
Abgeordneten erhalten während der Dauer des 
Landtags Tagegelder, z. Zt. 9 Mk. 
## 4. Behördenorganisation nud Beamten- 
recht. I. Die Organisation der inneren Staatsver- 
waltung beruht auf dem Atkzessionsvertrage und 
dem AE v. 25. 1. 69. Durch diesen Erlaß wurde 
die ehemalige waldecksche Regierung ausfgehoben, 
die Funktionen der Gesamtregierung und ihrer 
einzelnen Abteilungen wurden auf einen „Landes- 
direktor“ übertragen, soweit sie nicht auf preußische 
Behörden unmittelbar übergingen. Die Er- 
nennung des Landesdirektors erfolgt durch den 
König von Preußen, vor der Berufung ist seine 
Person dem Fürsten namhaft zu machen; wird 
die Anstellung beanstandet, so werden zwei 
andere Personen namentlich bezeichnet, zwischen 
denen der Fürst binnen Monatsfrist eine Wahl 
zu treffen hat. Der Landesdirektor leistet dem 
Könige den Diensteid, in den das Gelöbnis auf- 
genommen wird, in bezug auf die dem Fürsten 
vorbehaltenen Rechte demselben treu und ge- 
horsam zu sein. Zur Bearbeitung der Geschäfte 
sind dem Landesdirektor höhere Verw-Beamte 
und höhere technische Beamte sowie die erforder- 
liche Zahl von Bureaubeamten beigegeben; die 
Behörde führt den Namen „Landesdirektorium“ 
und hat in Arolsen ihren Sitz. 
Das Land ist in 4 Kreise eingeteilt, an der 
Spitze jedes Kreises steht ein Kreisamtmann 
(während der früheren waldeckschen Verwaltung 
„Kreisrat"). Dem Kreisamtmann steht als be- 
schließende Behörde der „Kreisvorstand“ zur 
 
	        
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