Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
sisch-österreichische (österr. G v. 7. 5. 74 8 60, 
sächs. G v. 23. 8. 76 8 34) in diejenige der Verw- 
Behörden (Hinschius bei Marquardsen 1, 323, 
Zorn, Kirchenrecht, 506). Letzteres System ist 
das richtige, da die Staatsaufsicht über K und 
Religionsgesellschaften ihrer Natur nach dem 
Verwaltungs-, nicht dem Strafrecht angehört. 
Ueberdies hat sich das strafrechtliche System als 
undurchführbar erwiesen. — Im äußersten Falle 
hat die Gesetzgebung einzelner Länder, so Preu- 
ßens, dem Staate das Recht vorbehalten, Geist- 
lichen, deren weiteres Amtieren mit der öffent- 
lichen Ordnung unverträglich erscheint, die weitere 
Ausübung des Amtes zu verbieten (preuß. G v. 
12. 5. 73 §5 24 verb. mit G v.V 14. 7. 80 a 1, doch 
ist der hierfür zuständige Gerichtshof für kirchliche 
Angelegenheiten durch G v. 21. 5. 86 a 9 ohne 
Ersatz aufgehoben, so daß jene Vorschrift zur Zeit 
sich als undurchführbar darstellt). Die Reichs- 
gesetzgebung fügte hierzu als letztes Exekutivmittel 
die Ausweisung aus oder Einschränkung auf be- 
stimmte Bezirke, ja selbst Aberkennung der Staats- 
angehörigkeit und Landesverweisung gegen Geist- 
liche, welche mit der Staatsgewalt in schweren 
Konflikt gekommen waren und trotzgerichtlichen 
Verbotes ihr Amt weiter ausübten oder dasselbe 
sich widerrechtlich anmaßten (Re v. 4. 5. 74). 
Doch sind auch diese Bestimmungen (durch R 
v. 6. 5. 90) aufgehoben worden. 
2. Ueber Berufung an den Staat gegen geist- 
liche Amtshandlungen hatte die ältere französische 
Gesetzgebung ein umfassendes Rechtssystem aus- 
cbildet (appel comme d’abus, recursus ab abusu). 
Heses System war im wesentlichen durch das 
preuß. G v. 12. 5. 73 && 10—23 angenommen 
worden, jedoch waren die Anwendungsfälle ge- 
setzlich bestimmt, was im französischen Nechte nicht 
der Fall war. Durch preuß. Gv. 21. ö. 86 a 10 
wurde die ganze Berufung an den Staat wieder 
beseitigt. In Bayern steht nach Religionsedikt 
§& 52—54 das Rechtsmittel noch und zwar ohne 
Spezialisierung der Anwendungsfälle in Kraft, 
entbehrt jedoch vollständig des Wertes wegen 
Mangels von Exekutivvorschriften. Auch Oester- 
reich, Sachsen, Württemberg, Elsaß-Lothringen, 
  
Baden, Hessen haben teils auf Grund älterer, 
teils neuerer Vorschriften (Zorn, KRecht, 5122) 
das Recht der Berufung an den Staat aner- 
kannt, verweisen jedoch für dessen Durchführung 
entweder auf den allgemeinen Verwzwang 
(Oesterreich, Sachsen) oder haben hierüber gar 
keine Bestimmungen ( Kirchenhoheit Band II 
575 und den Artikel „staatskirchliche Gerichtsbarkeit" 
im 3. Bande). 
Literatur: An den Lehrbüchern des Kirchenrechts 
von Richter-Dove-Kahl, Friedberg, Stut, 
Sägmüller, Hergenröther-Hollweck, Schven, 
Zorn. 
Für die ev. K: Friedberg, Veriecht der deut- 
schen ev. Landesn ##l 19—241. 
Zu den vreußischen Gesetzen von 1873 bis 1887 die 
Kommentare von Hiuschius. 
Weiterer Geistliche. 
Phil. Jorn. 
Pfarrer — Pfründe 
Pfründe 
(Interkalarfrüchte) 
# 1. Pfründe. Begriff und rechtliche Natur. 12. Eigen- 
tümer des Pfründenguts. 1 3. Stellung des Benefiziaten. 
#ösü 4. Schmälerung der Pfründe. 1 5. Vorrechte des Pfrün- 
denguts. 1 6. Verdienstjahr, Sterbezeit und Gnadeniahr. 
* 7. Begriff und Verwendung der Interkalarfrüchte. 
5 8. Sogenannte Interkalar- und ähnliche Fonds. 
IX = Kirche: P — Pfründel 
&+#1. Begriff und rechtliche Natur. 
I. P. (benekicium) ist im katholischen und 
evangelischen K Recht das mit einem KAmt dauernd 
verbundene, aus kirchlichem Vermögen fließende, 
fest radizierte Einkommen für den Inhaber des 
Amts. Da jedes K Amt nach dem älteren Recht 
der katholischen K mit einem solchen Benefizium 
verbunden sein soll, so hat man P. und Bene- 
fizium auch schlechthin für KAAmt gebraucht und 
ebraucht beides noch in dieser Bedeutung. Für 
. kommt ferner der Ausdruck: praebenda (Prä- 
bende) im Hinblick auf das Amtseinkommen der 
Kanoniker vor, ein Wort, welches ursprünglich ge- 
wisse Reichnisse, zunächst von Lebensmitteln, 
dann aber auch von Geld aus einer gemeinsamen 
Masse bedeutete. Gemäß der früheren Natural- 
wirtschaft bestanden die P. zunächst aus Grund- 
stücken, Reallastberechtigungen (wie namentlich 
den Zehnten), ferner aber auch aus bloßen per- 
sönlichen Bezügen (wie den Stolgebühren). Je- 
doch sind heute in den deutschen Staaten zum 
Teil an Stelle dieser Vermögensmassen, aus deren 
Einkünften der Geistliche (Pfründner, Benefiziat) 
seinen Lebensunterhalt bezieht, auch Geldzah= 
lungen aus kirchlichen oder Staatsmitteln ge- 
treten. 
II. Das kanonische Recht bezeichnet das Ver- 
hältnis, in welches der Geistliche zu dem die P. bil- 
denden Komplex von Vermögensrechten und auch 
zu den mit dem Amt verbundenen geistlichen und 
kirchlichen Befugnissen infolge seiner Anstellung, 
der Uebertragung des Amtes an ihn, tritt, als 
ius in ro. 
Während die bisherige kirchenrechtliche Doktrin 
das Recht des Benefiziaten als Recht des Genusses 
oder des Nießbrauches an dem Pfründenvermögen 
bezeichnet, oder auch dieses Recht näher nach der 
Natur der einzelnen, die P. bildenden Objekte, so 
bei Immobilien als Nießbrauch, bei den Stol- 
gebühren und Oblationen als Forderungsrecht 
charakterisiert hat, ist neuerdings (von Groß) die 
Auffassung vertreten worden, daß das ius in re 
ein einheitliches, eigentümliches, durch die kirch- 
liche Rechtsbildung geschaffenes Recht öffentlich- 
rechtlicher Natur bilde, welches sowohl die spiri- 
tuellen Amtsrechte, wie auch die Vermögensob- 
jekte als Gesamtheit umfasse, ein dingliches Recht 
am Amte, das allerdings wegen der im Benefizium 
enthaltenen Vermögensgüter in eine nur für 
Privatrechtsverhältnisse bestehende Form gebracht 
sei. Die bisherige Lehre, daß der Benefiziat je nach 
der Verschiedenheit der die P. bildenden Sachen 
zu diesen in einem verschieden gearteten Rechts- 
verhältuis stehe, ist aber (aus den in der 1. Aufl. 
dieses Wörterbuchs 2, S 239, 240 entwickelten
	        
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