Wandergewerbe und Wanderlager
betrieb ist vielmehr kraft Gesetzes nur auf
Grund eines Legitimationsscheins,
der von der Ortspolizeibehörde nach Ermessen
ausgestellt wird, statthaft ( Preßrechtl.
Ist hiernach die Erlaubnispflicht eingeführt, so
gelten hinsichtlich der Erteilung, Versagung und
Zurücknahme der Erlaubnis die gleichen Grund-
sätze, welche nach dieser Richtung für die W. Scheine
bestehen, und auch die Ausübung des Gewerbe-
betriebs ist fast durchgängig nur unter denselben
Voraussetzungen angängig, unter denen der Ge-
werbebetrieb im Umherziehen vor sich geht. Ins-
besondere darf der Erlaubnisschein ausschließlich
von derjenigen Person, der er erteilt ist, benutzt
werden (§s 42 b GewoO). *
+ 6. Handlungsreisende. X Gewerbepolizei
§ 4, Band II S 242. Zur Ergänzung: Stadt-
reisende bedürfen überhaupt keiner Legitimations-
karte, wohl aber unter Umständen eines Erlaub-
nisscheins. Eine besondere Gattung der Hand-
lungsreisenden stellen die sog. Detailreisen-
den dar, die sich beim Aufsuchen von Waren-
bestellungen nicht auf Kaufleute und ähnliche
Personen beschränken, sondern sich an das große
Publikum wenden. Diese stehen in wirtschaft-
licher Beziehung nicht dem Geschäftsbetriebe der
anderen Handlungsreisenden, sondern dem Hau-
sierbetriebe nahe, sie haben nicht die wichtige
Aufgabe, geschäftliche Beziehungen der Fabri-
kanten und Großkaufleute zu anderen Gewerbe-
treibenden zu vermitteln; sondern sie gehen wie
die Hausierer darauf aus, unmittelbar bei den
Konsumenten Waren abzusetzen und unterschei-
den sich von diesen nur in dem unwesentlichen
Punkte, daß sie regelmäßig nur Muster und Pro-
ben mit sich führen (vgl. Begr zur GewONov.
v. 1896 RT Drucks. 95/96 Nr. 85 S 15). Sie
bedürfen deshalb als Gewerbetreibende im Um-
herziehen des Wandergewerbescheines.
# 7. Ausländer. Der Anspruch auf einen
W. Schein steht den Ausländern nicht zu. Das
Gesetz gewährt den Behörden lediglich die Be-
fugnis, den Ausländern den Gewerbebetrieb
im Umherziehen zu gestatten und ermächtigt den
Bundesrat, die deshalb nötigen Bestimmungen
zu treffen (I56 d GewO), die gemäß § 42 b GewO
von der höheren Verw Behörde auch auf den
ambulanten Gewerbebetrieb ausgedehnt werden
können. Die vom Bl (Bek d. RK v. 27. 11. 96,
RBl 745) getroffenen Anordnungen legen dem
Ausländer für jeden Gewerbebetrieb im Um-
herziehen den Besitz eines W. Scheins auf, auch
wenn der Inländer (wie bei selbstgewonnenen
landwirtschaftlichen Erzeugnissen) davon befreit ist.
Nur der Verkauf roher landwirtschaftlicher
Erzeugnisse im Grenzverkehr ist ohne den Schein
gestattet. Für die Erteilung des Scheines kom-
men im allgemeinen die gleichen Grundsätze
wie bei Inländern zur Anwendung (s. oben).
Der dem Ausländer erteilte W. Schein gilt
nur für den Bezirk derjenigen Behörde, die
den Schein erteilt oder ihn auf ihren Bezirk aus-
gedehnt hat und nur für die im Schein festgesetzte
Dauer. Gegen die Versagung oder Entziehung
des M. Scheins hat der Ausländer nur eine Be-
schwerde. — Wegen der Mitführung von Beglei-
tern s. oben § 4 Abs 1 a. E.
98. Wanderlager sind solche Unternehmungen,
in denen außerhalb des Wohnorts des Unterneh-
mers und außerhalb des Meß- und Markt-
verkehres [M ohne die Begründung einer Nieder-
lassung von einer festen Verkaufsstelle aus
Waren vorübergehend feilgehalten werden, wobei
es unerheblich ist, ob eine Anzeige von der Eröff-
nung eines stehenden Gewerbebetriebs gemacht
ist (vgl. Drucks. zu den Vhdl des BR 1879 Nr. 55
und Prot 5 172). Sie unterscheiden sich von den
sog. Saisongeschäften, die alljährlich während einer
bestimmten Zeit an einem bestimmten Orte, wie
insbesondere Badeorten, von einer festen Ge-
schäftsstelle aus von einem Unternehmer betrieben
werden, der an einem anderen Ort seine gewerb-
liche Niederlassung hat. Derartige Saisonge-
schäfte bilden eine Zweigniederlassung des Un-
ternehmers und können nicht als Wanderlager
angesprochen werden. Der Betrieb in letzteren,
bei denen es an einer gewerblichen Niederlassung
mangelt, stellt eine Form des Gewerbebetriebs
im Umherziehen dar, und zwar auch dann, wenn
die feilgehaltenen Waren sich schon von jeher an
dem Verkaufsorte befunden haben, wofern nur
der Verkäufer behufs vorübergehenden Feilbie-
tens sich dorthin begibt. Der Umstand, daß der
ortsfremde Verkäufer nach kurzem Aufenthalte
den Ort verläßt und nicht diejenige Gewähr bietet,
welche der ortsansässige Gewerbetreibende im
Interesse seines Rufes der Natur der Sache nach
leistet, läßt es geboten erscheinen, die Wander-
lagerbetriebe den gleichen Vorschriften wie die
übrigen Wandergewerbe zu unterwerfen. Der
Inhaber des Wanderlagers ist deshalb verpflichtet,
einen W. Schein nachzusuchen und darf ohne einen
solchen das Gewerbe nicht betreiben. Er muß an
der Verkaufsstätte in einer für jedermann erkenn-
baren Weise einen seinen Namen und Wohnort
angebenden Aushang anbringen, der, solange
als die Verkaufsstätte für die Zweck benutzt wird,
nicht entfernt werden darf. Zuwiderhandlungen
werden mit Geldstrafe bis zu 150 Mkr. und im
Unvermögensfalle mit Haft bis zu vier Wochen
bedroht (5 148 Ziff. 7b Gew0O).
Die Wanderlager werden landesrecht-
lich vielfach besonderer Besteuerung un-
terworfen (vgl. unten § 9), und eine möglichste
Ausdehnung der Besteuerung und Erhöhung der
Steuersätze wird vielfach von denjenigen Kreisen,
die in den Wanderlagern nur einen Nachteil für
die ansässigen Gewerbetreibenden erblicken, drin-
gend gefordert. Es wird dabei übersehen, daß in
gewissen Gegenden mit geringer Bevölkerung, in
denen ein stehender Gewerbebetrieb nicht auf
seine Rechnung kommt, das Wanderlager ebenso
wie der Gewerbebetrieb im Umherziehen über-
haupt einem Bedürfnisse der Bevölkerung ent-
spricht, dem nicht genügt werden könnte, wenn
durch Prohibitivsteuern dieser Form des Gewerbe-
betriebs der Lebensnerv abgeschnitten würde.
Außerdem kann auch der ansässige Handelsstand
ein Interesse daran haben, außerhalb der Nie-
derlassung vorübergehend Ausstellungen und in
Verbindung damit Verkäufe abhalten zu können
wie dies bei Waren der Fall sein wird, die dem
schnellen Verderben oder einem rasch wechseln-
den Geschmack unterworfen sind. Andererseits
erfordert das unsaubere Geschäftsgebaren, das
sich seitens unsolider Gewerbetreibender gerade
auf dem Gebiete des Wanderlagerwesens zeigt
dringend der Abhilfe.