Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Wasserrecht 
  
lung ausgesprochene Satz: „Eine mehr als 
lokale Bedeutung hat die Art und Weise 
dieser Regelung (nämlich der des W.) nicht", ist 
zweifellos unhaltbar. Richtig und durchschlagend 
dagegen ist ein anderer Grund, auf den die Mo- 
tive mit den Worten hindeuten: „Auch bildet 
der meist polizeiliche Charakter der einschlägigen 
Vorschriften ein weiteres Hindernis der Kodifi- 
kation“. In der Tat fließen die öffentlich-recht- 
lichen und die privatrechtlichen Bestimmungen 
des W. so durcheinander, daß eine Trennung der 
beiden Bestandteile für den Gesetzgeber unaus- 
führbar ist. Es sei nur erinnert an die Fragen 
der Vorflut [X) und der Reinhaltung der Ge- 
wässer [X1, an die Regelung der Wassernutzungs- 
rechte, die Herrschaft über das Grundwasser, die 
Abgrenzung des Begriffes der Privatflüsse usw. 
[I/ Flüsse, Ströme, Binnengewässer, Binnen- 
schiffahrt, Entwässerung, Bewässerung, Wasser- 
genossenschaft). Nun ist auf dem Gebiete des 
öffentlichen Rechts die Zuständigkeit des Reiches 
in Wassersachen auf vereinzelte Punkte beschränkt. 
Es kommt in Betracht a 4 Nr. 9 RV, betr. den 
Flößerei= und Schiffahrtsbetrieb auf gemein- 
samen Wasserstraßen, den Zustand der letzteren 
und das Abgabenwesen. Auch a 4 Nr. 15, betr. 
Medizinalpolizei, kann unter Umständen in das 
wasserrechtliche Gebiet einschneiden, vgl. Röc# 
betr. die Bekämpfung gemeingefährlicher Krank- 
heiten v. 30. 6. 1900. Von diesen Einzelheiten 
abgesehen ist aber das ganze Gebiet des ein- 
schlägigen Verwechts den Einzelstaaten ver- 
blieben. Es könnte ihnen auch nicht durch Ein- 
griff der Reichsgesetzgebung entzogen werden, 
ohne den bundesstaatlichen Charakter des Reiches 
zu gefährden. Denn diceser Teil des Verwechts 
hängt aufs engste zusammen nicht bloß mit der 
allgemeinen VerwoOrganisation und den be- 
stehenden staatlichen und Kommunaleinrichtungen, 
sondern auch mit der staatlichen Wohlfahrtspflege, 
die, einschließlich der Aufbringung und Verwen- 
dung der betreffenden Fonds und der Fürsorge 
für den Meliorationskredit, Aufgabe der Einzel- 
staaten geblieben ist. 
Ist hiernach eine allgemeine reichsgesetzliche Re- 
gelung auch für die Zukunft nicht zu erwarten, 
so schließt das doch keineswegs ein Eingreifen der 
Reichsgesetzgebung in besonderen Be- 
dürfnis fällen aus. So steht zurzeit die Frage 
reichsgesetzlichen Einschreitens gegen die Verun- 
reinigung der Wasserläufe zur Erwägung. LI/ Lan- 
desgrenze Bd. II S. 707, 708!. 
#& 2. Die Wassergesetze der Einzelstaaten. 
Bis auf neuere Zeit beruhte das W. der deutschen 
Staaten auf den Vorschriften des allgemeinen 
bürgerlichen Rechts und mannigfachen sie ergän- 
zenden Sondergesetzen. Nachdem indessen sich 
herausgestellt hatte, daß auf eine reichsgesetzliche 
Regelung des W. in Verbindung mit der Kodi- 
filation des allgemeinen bürgerlichen Rechts nicht 
zu rechnen war (vgl. § 1), ist die seit lange als 
dringlich erkannte Aufgabe von den Landesgesetz- 
gebungen mit Nachdruck ausgenommen und 
größtenteils zum Abschluß gebracht. Neue, die 
privatrechtlichen wie die öffentlich-rechtlichen Be- 
ziehungen der Gewässer regelnde „Wassergesetze" 
sind ergangen in Baden (1899), Württem- 
berg (1900), Bayern (1907), Sachsen 
(1909) und Preußen (1913). Nach der privat- 
  
rechtlichen Seite ist die Zuständigkeit der Landes- 
gesetzgebung begründet durch die umfassenden 
das W. und die zusammenhängenden Gebiete be- 
treffenden Vorbehalte in a 65, 66 EEG z. BGB. 
Preußen steeht mit der Lösung der gesetz- 
geberischen Aufgabe hier zeitlich an letzter Stelle. 
Dabei ist jedoch, abgesehen von den aus der Größe 
des Staatsgebietes und der Verschiedenartigkeit 
der Verhältnisse sich ergebenden besonderen 
Schwierigkeiten, zu berücksichtigen, daß der erste, 
im Jahr 1894 mit ausführlicher Begründung 
veröffentlichte, preußische Wassergesetzentwurf in 
hohem Maße anregend gewirkt und die Gesetz- 
gebungen der übrigen Staaten unverkennbar ge- 
fördert und auch beeinflußt hat. Im übrigen 
vgl. wegen des preuß. Gesetzes unten § 3. 
Das bayerische WasserG v. 23. 3. 07, 
dazu Kal Vollzugs V v. 1. 12. 07 und ministerielle 
Vollzugsvorschriften v. 3. 12. 07 (Kommentar: 
Otto Eymann, Das Wassergesetz f. d. Königr. 
Bayern, 2 Bd., 1908) regelt u. a. die Eigen tunts- 
verhältnisse an den Gewässern, die Benutzung 
und Instandhaltung der Gewässer, das Wasser- 
genossenschaftswesen, die Zwangsrechte zur För- 
derung der Benutzung und Instandhaltung sowie 
die Zuständigkeit und das Verfahren. Die öffent- 
lichen (schiff= und flößbaren) Gewässer stehen im 
Eigentum des Staates (a 1, 2), die Privatflüsse 
und Bäche im Eigentum der Anlieger (a 21). 
Das säch sische Wasser G v. 12. 3. O9 und 
Ausführungs B v. 21. 9. 09 (Kommentar v. 
Schelcher 1909) hat vorzugsweise den Charakter 
eines Verw SEesetzes. Die Frage des Eigentums 
an den Wasserläufen ist, da hierüber keine Eini- 
gung zu erzielen war, absichtlich offen gehalten 
durch die Formulierung in § 3, wonach Privat- 
rechte an fließenden Gewässern durch das Gesetz 
nicht berührt werden, dagegen ihre Ausübu ng 
den sich aus dem Gesetz ergebenden Beschrän- 
kungen unterliegt. Das Gesetz behandelt vor- 
zugsweise die Benutzung und Unterhaltung der 
ließenden Gewässer (II, das Wassergenossen- 
chaftswesen I(/I] und die Zwangsrechte. 
Das württembergische Wasser G v 
1. 12. 00 (dazu Vollzugs V#g v. 16. 11. C1 und 
zahlreiche bei Haller, Kommentar, 1902 abge- 
druckte andere Verf.) regelt dice allgemeinen Rech ts- 
verhältnisse der Gewässer, die Wasserbenutzung 
und Entwässerung; Unterhaltung und Uferschutz 
sind weiterer Gesetzgebung vorbehalten. In der 
Einteilung der Gewässer hat das Gesei den 
römisch-rechtlichen Grundsatz festgehalten alle 
ständig fließenden Gewässer als öffentliche zu be- 
bandeln die dem Privateigentum entzogen sind 
a 1, 7). 
In Baden erging das WasserG v. 2 
das durch die G v. 19. 10. 06 und 8. 4. 13 nt 
fach geändert ist. Nach Maßgabe dieser A#ndao- 
rungen ist das G in der jetzigen Fassung unter 
dem 12. 4. 13 neu herausgegeben (dazu Vollzugs 28 
v. 12. 4. 13 und dic weiteren bei Schenkel-Wiener 
Bad. W., Erg.-Bd. 1913, abgedruckten Ausfuh= 
rungsverfügungen). Die schiff= und flößbaren 
Gewaseer hürden un Egentum des Staates, die 
übrigen natürlichen Wasserläufe im Cia.# 
der Gemeinde (§F 1, 2.. he im Eigentum 
Für Hessen kommt wesentlich das 
ältere Güber die Bäche und nicht uiurhe sibeeese dn 
Gewässer v. 30. 7. 87 in Betracht; es ist abgeändert
	        
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