Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Pfarrers bestimmt ist, in ein lediglich als Waren- 
und Verkaufsmagazin oder als Wirtshaus zu 
brauchendes Gebäude, auf dem Lande in eine 
Spiritusbrennerei unstatthaft, andererseits er- 
scheint aber eine bloße Veränderung der Wohn- 
räume zulässig. Das letztere gilt ferner von der 
Urbarmachung der bisher unfruchtbaren Teile 
der Pfarräcker. Partikularrechtlich sind mitunter, 
weil im einzelnen bei Anwendung dieses Grund- 
satzes Schwierigkeiten entstehen können, alle 
Substanzveränderungen an die Zustimmung der 
Gemeindeorgane und der kirchlichen Oberen (so 
in Preußen) gebunden. 
II. Der Benefiziat hat die P. Grundstücke als 
uter Hausvater unter Haftung für maßiges 
zersehen in Kultur, und die Gebäude, soweit 
es sich um die kleineren, laufenden Reparaturen 
handelt, in baulichem Zustande — und zwar 
auf eigene Kosten — zu erhalten und die De- 
teriorationen zu ersetzen. Da er die Befug- 
nis zu meliorieren hat, so kann er auch Rechte, 
z. B. durch Ersitzung, zugunsten der Benefizial- 
Grundstücke erwerben. Ueber den Ersatz der 
Meliorationen enthält das kanonische Recht keine 
Bestimmungen: soweit nicht besondere vartikular- 
rechtliche Vorschriften bestehen (nach ALR T. II 
Tit. 11 85## 823, 824 kommen die Regeln über den 
Nießbrauch zur Anwendung), müssen die römisch- 
rechtlichen (Grundsätze über den Ersatz der impensae 
als mangebend betrachtet werden. 
  
III. Das Nutzungerecht des Benefiziaten ist zwar 
unveräußerlich, wohl aber kann er die Aus- 
übung einem anderen, sofern diese nicht der 
Zweckbestimmung, wie z. B. die Errichtung eines 
Bierhauses oder Bierkellers in dem Pfarrer- 
wohnhaus, zuwider ist, entgeltlich oder unentgelt- 
lich, letzteres, falls ihm dadurch nicht der notwen- 
dige Unterhalt geschmälert wird, überlassen. Er ist 
also befugt, das Pfarrhaus zu vermieten und die 
Pfarräcker zu verpachten, aber, da er über seine 
Amtsdauer kein Nutzungsrecht an diesen Gegen- 
ständen hat, nicht über dieselbe hinaus; doch kaun 
partitularrechtlich (z. B. in Preußen) durch 
Zustimmung der Gemeindcorgane der Nachfol- 
er an die über diese Zeit hinaus geschlossenen 
Pacht= und Mietsverträge gebunden werden. 
IV. Rechtsschutz: nach katholischem KRecht 
ist der Benefiziat einmal durch die Kanzleiregel 36 
de triennali possessorc insofern geschützt, als er 
auf Grund eines jeden eine kirchliche Verleihungs- 
art bildenden, nicht simonistischen Tilels nach 
ruhigem ungestörtem dreijährigem Besitz die Be- 
lästigung dritter ohne weiteres abwehren kann. 
Abgesehen davon hat er bei Besitzstörungen oder 
Besitzentziehungen die Besitzschutzkllagen. Nicht 
minder ist er zu Klagen, welche die Substanz be- 
treffen, also z. B. zur actio negatoria, confessoria. 
und zur Vindikation, ebenso wie der Vasall legi- 
timiert. Partikularrechtlich sind dagegen, z. B. 
in Preusßen, die Gemeindcorgane unter Zu- 
stimmung der Aufsichtsinstanzen legitimiert. 
Bei den ausstehenden, zum P. Vermögen ge- 
hörenden Kapitalien hat der Pfründner das Recht 
auf den Zinsgenuß, und die einzelnen Hebungen 
fallen in sein Cigentum, und dasselbe gilt in betreff 
des Zehntrechts. Daher kann er die einzelnen 
fälligen Raten einziehen, einklagen und sie auch 
erlassen. Inwieweit er aber über die Substanz 
des Zehntrechts zu verfügen, die Kapitalien zu 
  
Pfründe 
kündigen, einzuziehen, zu zedieren und einzukla- 
gen befugt ist, das hängt davon ab, ob ihm die 
rechtliche Vertretung der P. Stiftung zukommt 
(5 2 a. E.) und inwieweit er dabei an die Mit- 
wirkung der kirchlichen Oberen, der staatlichen 
Aufsichtsbehörden und der Gemeindeorgane ge- 
bunden ist (32 a. E.). Die Gebühren für die geist- 
lichen Amtshandlungen (die Stolgebühren) erhält 
er ebenfalls als Vertreter des betr. Amtes zu 
eigenem Recht, so daß er über die einzelne For- 
derung seinerscits frei zu verfügen befugt ist; aber 
sie prinzipiell zu beseitigen oder herabzusetzen 
oder zu erhöhen hat er kein Recht, weil er über die 
zum Amte gehörigen Rechte nicht verfügen und 
bestehende Rechtsnormen nicht aufheben kann. 
Wegen des gedachten rechtlichen Charakters der 
Stolgebühren fallen sie ihm auch zu, wenn einer 
seiner Gehilfen, nicht er selbst, die Amtshandlung 
geleistet hat, und ebenso während der Erledigung 
der Stelle an das P. Vermögen, bzw. an diejeni- 
gen, welche während derselben zunächst noch eine 
Gnadenzeit auf Nutzung der P. haben, jedoch 
kommen in beiden Beziehungen abweichende Vor- 
schriften dahin vor, daß sie dem Geistlichen gebüh- 
ren, welcher auchilfsweise oder als interimistischer 
Verwalter des Amtes die Handlung vorgenom- 
men hat (ALR II 11 +| 833). 
§5 4. Schmälerung der Pfründe. Die öffentlich- 
rechtliche Stellung des Amtsträgers zum P. Gut 
bedingt es, daß, wenn im öffentlichen Interesse 
seitens der kirchlichen Oberen Verfügungen über 
das betr. Amt und über die betr. lirchliche Anstalt 
getroffen werden, welche das P. Vermögen und 
die Einkünfte aus demselben schmälern, sich der 
Benefiziat dies gefallen lassen muß, sofern ihm 
dadurch die congrua, d. h. das zum standesgemäßen 
Unterhalt erforderliche Einkommen nicht entzogen 
wird, insbesondere kann er also keinen Widerspruch 
gegen Pfarrteilungen, bei welchen ihm ein Teil 
der Stolgebühren oder Zehnten durch Abtren- 
nung des einen oder des anderen Bezirkes ent- 
zogen wird, erheben. Das gilt unbedingt nach 
katholischem KRecht. In der evangelischen K 
hat sich aber vielfach die auch partikularrechtlich 
sanktionierte Rechtsauffassung festgestellt, daß 
für die Schmälerung des Einkommens Ersatz ge- 
währt werden muß, sofern der Amtsträger nicht 
vokationsmäßig verpflichtet worden ist, sich der- 
artige Veränderungen gefallen zu lassen. Eine 
solihe Verpflichtung wird bei der Anstellung häu- 
fig in betreff der sog. Kasnalien (der zufälligen. 
Einnahmen, namentlich aus Stolgebühren) auf- 
erlegt, und im übrigen ist für weitergehende und 
einschneidende Aenderungen nur dann Raum zu 
schafsen, wenn das Amt erledigt, z. B. der Amts- 
träger versetzt wird. 
85. Vorrechte des Pfründenguts. Die katho- 
lische K fordert für die P., ebenso wie für kirch- 
liche Grundstücke, Befreiung von allen Steuern 
und öffentlichen Lasten. In den modernen 
Staaten wird dieser Anspruch in solcher Allge- 
meinheit noch weniger als in den früheren Zeiten 
anerkannt, vielmehr besteht nur in einzelnen Staa- 
ten eine gewisse Exemtion von der Gebäude- 
und von der Grundstener. So sind in Preu- 
ten die Dienstgrundstücke und Dienstwohnungen 
der Geistlichen und K Diener von der kommunalen 
Grund-, Gebäude- und Einkommensteuer befreit, 
soweit sie bisher steuerfrei waren, was ganz über-
	        
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