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Wasserstraßen
durch Einführung einer Abgabe, von welcher Art
auch, erschweren dürften. Vt zwischen Preußen
und Rußland v. 3. 5. 1815 (GS 128) „inbe-
treff des Herzogtums Warschau“ à 22—25: Die
Schiffahrt auf allen Strömen und Kanälen Polens
(in der Ausdehnung von 1772) ist für alle Ein-
wohner der unter preußischer und russischer Herr-
schaft stehenden polnischen Provinzen frei; kein
Stapelrecht;einheitliche mäßige Schiffahrtsabgabe.
Daß Rußland die Bestimmungen als fortgeltend ansieht,
mag eine vom russ. Ministerium herausgegebene Denkichrift
„ Voles navigables Intérteures de la Russie“ (1908, S 16)
zeigen.
In dem Handels= und Schiffahrts Vt des Reiches
mit Rußland v. 29. 1. / 10. 2. 94 a 13 nebst Zusatz im
Schlußprotokoll ist wechselseitig die gleiche Behand-
lung von Schiff und Ladung zugesagt. Die Staaten
haben sich eine besondere Vereinbarung über
die Ausübung der Schiffahrt auf dem Niemen,
der Weichsel und der Warthe vorbehalten.
Für die Regulierung der Stromverhältnisse
in der Weichsel und auf der Nogat hat das G
v. 20. 6. 88 (GS 251) 20 Mill. Mk. ausgeworfen,
durch das G v. 20. 7. 10 (GS 131) über den
Nogatabschluß weitere rund 18 Mill. Mk. Ueber
die Regulierung des Hochwasserprofils der Weich-
sel von Gemlitz bis Pieckel G v. 25. 6. 00 (GS 249).
Die Strombau= und Polizeiverwaltung für
Weichsel und Nogat übt der Oberpräsident von
Westpreußen aus (KabO v. 7. 11. 83).
Die Ausübung der Schiffahrt und Flößerei auf beiden
Strömen ist durch die Polizei V des Handels Min v. 7. 3. 95,
23. 5. 10, 20. 10. 11 geregelt (M für die Handels- und
Gewerbeverwaltung 1910 S 314, 327; 1911 S 402).
H. Keller, Der Memel-, Pregel- und Weichsel-
strom, 1899 (die rechtlichen Verhältnisse Kühne, Band 1
E 360—525); Statistik d. D. Reichs Band 179 1 153.
II. Schiffahrts-Kanäle
dienen zur Ergänzung und Entlastung der na-
türlichen Wasserläufe. Ein Bedürfnis nach ihrer
Anlage setzt einen gesteigerten wirtschaftlichen
Verkehr, mehr und mehr auch militärische Not-
wendigkeiten voraus, denen die natürlichen
Wasserläufe nach ihrer Richtung oder Einrichtung
nicht zu genügen vermögen. Es wird sich des-
halb zunächst und zumeist nur innerhalb eines
Staates geltend machen oder befriedigen lassen.
Schon aus diesem Grunde fehlte in Deutschland
bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts
hinein der Antrieb zum Ausbau eines Kanal-
netzes, wiewohl der Lauf der Wasserstraßen — im
wesentlichen von Süd nach Nord, abgesehen
von dem Donaustromgebiet — auf eine west-
östliche Verbindung und einen Anschluß des
Hauptstromsystems nach der Donau wies. Nur
vereinzelte, allerdings nach ihrem Zweck, ihrer
Anlage und Ausdehnung beachtenswerte Kanäle
entstammen schon einer früheren Zeit. Sie
liegen östlich der Elbe, auf altem Deutschordens-
gebiet — schon 1495 der Rraffohl-Kanal, der
Elbingfluß und Nogat verbindet (4,5 km), der
Große Friedrichsgraben, der die Gilge (Memel)
mit der Deime (Pregel) verbindet (19 km), seit
1697 — vor allem ein ganzes Kanalsystem in
der, Mark — der Friedrich-Wilhelm-Ranal zwi-
schen Oder und Sorce (27 km) 1662—1668 an-
gelegt, der havelländische Hauptgraben, der den
Havelbogen von oberhalb Spandau bis ober-
halb Rathenow verbindet (76 km), 1718—1725
angelegt, der Alte Plauer Kanal (34,6 km)h, der
die Elbe mit der Havel verbindet, 1743—1747
erbaut; der Finow-Kanal, der nördlich von diesen
Oder mit Havel verbindet (56 km), 1744—1746
angelegt —, dazu tritt der Bromberger Kanal
zur Verbindung von Weichsel und Netze (26 km),
1772—1774, vorbereitet schon während der Ver-
handlungen über die Teilung Polens.
Häufiger als das Gelingen dieser Bauten war ihr
Planen, dem die Verwirklichung versagt war, weil
erst seit dem 16. Jahrhundert das technische Können.
den Unterschied in der Höhe des Wasserstandes zu
Überwinden vermochte und weil die erheblichen
Kosten manchen Plan wieder versanden ließen.
Von größeren und schwierigeren Kanalbauten
aus der Zeit vor der deutschen Einigung kommen
der Rhein-Rhone--Kanal (auf jetzt deutschem Boden
zwischen Mühlhausen und Straßburg mit 132 km
— 1783/1834), der Rhein-Marne-Kanal, der sich
über Zabern daran anschließt (104 km auf deut-
schem Boden, 1838/1853) und der Ludwigs-Kanal
(von Kelheim an der Donau über die kanalisierte
Altmühl nach der Regnitz bei Bamberg — 177 km,
1836/1845) in Betracht.
Abgesehen von dem Netz zwischen Elbe und
Oder und der durch Warthe, Netze und den
Bromberger Kanal vermittelten Verbindung mit
der Weichsel einerseits und der Verbindung des
Elsaß nach Frankreich hinein andererseits fehlte
es somit — ganz der politischen Entwicklung
entsprechend — an einer Wasserverbindung
sowohl von der Elbe westwärts als vom Norden
nach dem Süden Deutschlands; östlich der Weichsel
aber fehlte die Verbindung Nord-Süd mit dem
russischen Hinterlande.
Der planmäßige Ausbau der Binnen-
wasserstraßen durch Anlage von Kanälen, Regulie-
rung und Kanalisierung der Flußläufe (hierüber
bereits oben bei den einzelnen Flüssen) setzte in
Deutschland erst mit der Gründung des Reiches ein
und hat seine außerordentlichen Erfolge nicht zu-
letzt durch den persönlichen Anteil Kaiser Wil-
helms II. gewonnen. Er vollzog sich — abgesehen
von dem Kaiser-Wilhelm-Kanal [J — in zwei
Etappen:in den 90 er Jahren des 19. Jahrhunderts
für den Westen in südnördlicher Richtung mit dem
Dortmund-Emskanal und dem Elbe-Trave-Kanal
— 1905 mit dem großen Wasserstraßenge setze wird
die Querverbindung vom Rhein zur Weser be-
schlossen (das größere Stück des sog. Mittelland-
kanals, der bis an die Elbe führen sollte), der Groß-
schiffahrtsweg Berlin-Stettin, die Regulierung der
oberen Oder und die Verbesserung der W zwi-
schen Oder und Weichsel. Dem fügte sich an der ma-
surische Kanal (1908), der Königsberg südwärts
mit den masurischen Seen und somit nach dem russi-
schen Stromgebiete (Narew, Bug, Weichsel unter-
halb Warschaus) in Verbindung bringen soll.
Gewisse größere Pläne bleiben offen: vor allem die
Ergänzung des Mittelland-Kanals von Hannover bis cegen
Magdeburg — der Ostkanal (von der Weichsel zum Svir-=
dingsee) — die Fortführung des Elb-Trave-Kanals bis aegen
Kriel — die Donau · Main-Wasserstraße mit einem Anichlusse
nordwärts an das Stromgebiet der Weser (Kanalisierung
der Werra) — Kanalisierung des Neckar, der Mosel und der
Saar, der Ruhr — der Rhein-Maaskanal (Nöln, Duren,
Aachen, Maastricht); die Fortführung der Rheinregulierung
von Straßburg nach Basel — die deutsche Rheinmundung?