Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Wegerecht (Preußen) 
903 
  
festzustellen. Anlagen, die nur die Leichtigkeit und 
Annehmlichkeit des Verkehrs erhöhen sollen, fallen 
nicht unter die WBaupflicht; steigender Verkehr 
oder Anwendung anderer, als der bisher üblichen 
Verkehrsmittel können jedoch erhöhte Anforde- 
rungen bedingen (bessere Befestigung chaussierter 
Straßen zur Vermeidung der saugenden Wirkung 
der Automobilreifen). Sind gesetzlich oder pro- 
vinzialgesetzlich bestimmte Höchstforderungen vor- 
geschrieben (Wreite usw.), so darf die Forderung 
der W Pol darüber nicht hinausgehen. Die neueren 
W0 rechnen zur Waaulast die Verpflichtung, 
W anzulegen, zu verlegen und einzuziehen, die 
W dem Verkehrsbedürfnis entsprechend zu unter- 
halten, zu verbreitern und zu verbessern, Verkehrs- 
hindernisse zu beseitigen und die bei Veränderun- 
gen der W, Anlegung neuer W und Umwandlung 
von Privat W in öffentliche gesetzlich vorgesehene 
Entschädigung zu leisten. Die Baulast erstreckt sich 
auch auf Anlegung und Unterhaltung aller Zube- 
hörungen der öffentlichen W. Hierzu gehören 
alle zur Vollständigkeit oder zu Schutz und Sicher- 
heit der Wnötigen Anlagen, insbesondere Brücken 
und Fähren über nicht schiffbare Gewässer, Fähr- 
ten, Durchlässe, Entwässerungsanlagen, Böschun- 
gen, Baumpflanzungen, Schutzgeländer, Weg- 
weiser, Warnungstafeln und alle zur Verhütung 
oder Beseitigung von nachteiligen Folgen der 
Wünlagen erforderlichen Vorrichtungen. 
2. Zur Wegebaulast gehören nicht 
die Anlegung und Unterhaltung von Anstalten, die 
einem der Wünlage fremden Zwecke dienen 
(Brücken und Zufahrten zu den Grundstücken der 
Anlieger usw.), die Beleuchtung und die poli- 
zeimäßige Reinigung der W in Städten und 
ländlichen Ortschaften einschließlich der Schnee- 
räumung. Anlagen dieser Art sind jedoch im 
Interesse einer ordnungsmäßigen Wünterhaltung 
der Aufsicht der W Pol unterstellt (§& 4—8 W0O für 
Sachsen, 88 10 - 13 WO für Westpreußen, 5# 9 
bis 12 WO für Posen, 88 9 —13 WO für Ost- 
preußen). Brücken und Fähren [VM über schiffbare 
Gewässer hat der Staat zu unterhalten (## 38, 
50—53, II, 15 ALR); er unterliegt in dieser Be- 
ziehung den Anordnungen der W Pol (Germers- 
hausen 1, 434 f). In Hannover und Schleswig- 
Holstein sind auch diese Brücken vom Wau- 
pflichtigen zu unterhalten; abweichende Bestim- 
mungen gelten ferner für die Rheinprovinz. — 
3. Die nach §§ 13—15, II, 15 ALR den Einwoh- 
nern der an der Straße belegenen Gegenden oblie- 
gende Pflicht zur Leistung von Hand= und 
Spanndiensten ist mit dem Wegfall der Land- 
straßenbaupflicht des Staates im wesentlichen be- 
deutungslos geworden. In der Provinz Sachsen ist 
sie gegen eine von den Pflichtigen zu leistende Ent- 
schädigung aufgehoben (I§ 44, 48 WO für Sachsen); 
in Posen ist sie, soweit nicht provinzialgesetzliche 
Vorschriften gelten, durch G v. 21. 6. 75 (GS 324) 
auf die städtischen und ländlichen Gemeinden und 
die Gutsbezirke übertragen und in dieser Form 
aufrecht erhalten; in Westpreußen und Ostpreußen 
besteht sie gleichfalls weiter, kann jedoch durch 
Vereinbarung auf den WBaupflichtigen übertra- 
gen werden; auch ist in Posen und Ostpreußen 
die Leistung einer Vergütung in Geld anstatt der 
Dienstleistung zulässig (§ 46 WO für Westpreußen 
5# 46, 47 W0O für Posen, Is 45, 46 W0O für Ost- 
preußen). — Eisenbahnwegekreuzungen sind Teile 
  
öffentlicher W und daher — vorbehaltlich beson- 
derer Abmachungen mit der Eisenbahnverwaltung 
etwa beim Planfeststellungsverfahren — von dem 
Waupflichtigen zu unterhalten. 
4. Die WBaulast kann von der W Pol in der 
Weise umgrenzt und festgestellt werden, daß durch 
Polizeiverordnung diejenigen Anfor- 
derungen festgesetzt werden, die an die Beschaffen- 
heit der W gestellt werden sollen. Pol Verordnun- 
gen dieser Art können jedoch kein neues Recht 
schaffen; sie sind daher nur soweit rechtswirksam, 
als sie das geltende allgemeine, provinzielle oder 
lokale WRecht festlegen, nicht aber, sobald sie über 
dieses hinaus neue Vorschriften enthalten (Ger- 
mershausen 1, 70). Durch die neueren W0 ist 
ferner der Erlaß von Regulativen (Regle- 
ments) vorgesehen, in denen die Kreise für ihre 
Bezirke die Anforderungen festlegen können, die 
an die Beschaffenheit der Gemeinde W zu stellen 
sind. Die Feststellung erfolgt für Landkreise in 
Sachsen durch den Kreisausschuß, in Ost= und 
Westpreußen durch den Kreistag, für Stadtkreise 
allgemein durch die städtischen Behörden (55 22, 
23 WoO für Sachsen, 8 23 WO für Westpreußen, 
520 WO für Ostpreußen). Für die Prov Hannover 
gilt Aehnliches nach & 22 G v. 24. 5. 94 (GS 
82). Für die Prov Posen bestehen derartige Be- 
stimmungen nicht, da die dort geltende KrO von 
1828 den Erlaß von Reglements durch den Kreis- 
tag nicht kennt. Solche Regulative sind jedoch 
für die Anforderungen der W Pol nicht bindend 
und daher ohne großen Wert (Germershausen 
  
7# 
III. Eine außerordentliche Wegebaulast ist 
gesetzlich für solche Unternehmungen festgelegt 
worden, die einen W in außerordentlicher Weise 
abnutzen. Der Gedanke stammt aus der han- 
noverschen Gesetzgebung; er wurde in Preußen 
zunächst auf eine Anzahl von Provinzen durch 
Sondergesetze übertragen, die dann durch das 
für die ganze Monarchie ergangene G, betr. 
die Vorausleistungen zum Whau, 
v. 18. 8. 02 (GS 315) aufgehoben wurden. 
Hiernach kann dem Unternehmer von Fabriken, 
Bergwerken, Steinbrüchen, Ziegeleien und ähn- 
lichen Unternehmungen, durch deren Anlegung 
ein W (städtische Straßen gehören auch hierzu) 
vorübergehend oder durch deren Betrieb ein W 
dauernd erheblich abgenutzt wird, auf Antrag des 
Wluterhaltungspflichtigen — nur dieses, nicht 
der W Pol — ein Beitrag zur W Unterhaltung im 
Verhältnis der entstehenden Mehrbelastung auf- 
erlegt werden, sofern diese nicht durch Chaussee-, 
Wege= usw. Geld gedeckt wird (§ 1). Die Festsetzung 
erfolgt auf Klage des W Unterhaltungspflichtigen, 
wenn dieser ein Provinzial= oder Kreisverband, 
ein Stadtkreis oder eine Stadt über 10 000 Ein- 
wohner ist, durch den Bezirks= sonst durch den 
Kreisausschuß (5 6), der über die Anträge nach 
freiem, billigem Ermessen zu entscheiden hat (& 5). 
Bei dauernder Abnutzung ist die Festsetzung eines 
Beitrages oder Beitragsverhältnisses zulässig, das 
dann so lange gilt, bis es auf dem vorgeschriebenen 
W abgeändert wird (* 4). 
IV. Berpflichtung Dritter aus besonderen 
Gründen. Außer dieser eigentlichen WBaulast 
gibt es noch eine Anzahl von Fällen, in denen 
Dritten aus in den Gesetzen vorgesehenen Grün- 
den oder kraft Herkommens die Baulast an be-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.