Wegerecht (Preußen)
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festzustellen. Anlagen, die nur die Leichtigkeit und
Annehmlichkeit des Verkehrs erhöhen sollen, fallen
nicht unter die WBaupflicht; steigender Verkehr
oder Anwendung anderer, als der bisher üblichen
Verkehrsmittel können jedoch erhöhte Anforde-
rungen bedingen (bessere Befestigung chaussierter
Straßen zur Vermeidung der saugenden Wirkung
der Automobilreifen). Sind gesetzlich oder pro-
vinzialgesetzlich bestimmte Höchstforderungen vor-
geschrieben (Wreite usw.), so darf die Forderung
der W Pol darüber nicht hinausgehen. Die neueren
W0 rechnen zur Waaulast die Verpflichtung,
W anzulegen, zu verlegen und einzuziehen, die
W dem Verkehrsbedürfnis entsprechend zu unter-
halten, zu verbreitern und zu verbessern, Verkehrs-
hindernisse zu beseitigen und die bei Veränderun-
gen der W, Anlegung neuer W und Umwandlung
von Privat W in öffentliche gesetzlich vorgesehene
Entschädigung zu leisten. Die Baulast erstreckt sich
auch auf Anlegung und Unterhaltung aller Zube-
hörungen der öffentlichen W. Hierzu gehören
alle zur Vollständigkeit oder zu Schutz und Sicher-
heit der Wnötigen Anlagen, insbesondere Brücken
und Fähren über nicht schiffbare Gewässer, Fähr-
ten, Durchlässe, Entwässerungsanlagen, Böschun-
gen, Baumpflanzungen, Schutzgeländer, Weg-
weiser, Warnungstafeln und alle zur Verhütung
oder Beseitigung von nachteiligen Folgen der
Wünlagen erforderlichen Vorrichtungen.
2. Zur Wegebaulast gehören nicht
die Anlegung und Unterhaltung von Anstalten, die
einem der Wünlage fremden Zwecke dienen
(Brücken und Zufahrten zu den Grundstücken der
Anlieger usw.), die Beleuchtung und die poli-
zeimäßige Reinigung der W in Städten und
ländlichen Ortschaften einschließlich der Schnee-
räumung. Anlagen dieser Art sind jedoch im
Interesse einer ordnungsmäßigen Wünterhaltung
der Aufsicht der W Pol unterstellt (§& 4—8 W0O für
Sachsen, 88 10 - 13 WO für Westpreußen, 5# 9
bis 12 WO für Posen, 88 9 —13 WO für Ost-
preußen). Brücken und Fähren [VM über schiffbare
Gewässer hat der Staat zu unterhalten (## 38,
50—53, II, 15 ALR); er unterliegt in dieser Be-
ziehung den Anordnungen der W Pol (Germers-
hausen 1, 434 f). In Hannover und Schleswig-
Holstein sind auch diese Brücken vom Wau-
pflichtigen zu unterhalten; abweichende Bestim-
mungen gelten ferner für die Rheinprovinz. —
3. Die nach §§ 13—15, II, 15 ALR den Einwoh-
nern der an der Straße belegenen Gegenden oblie-
gende Pflicht zur Leistung von Hand= und
Spanndiensten ist mit dem Wegfall der Land-
straßenbaupflicht des Staates im wesentlichen be-
deutungslos geworden. In der Provinz Sachsen ist
sie gegen eine von den Pflichtigen zu leistende Ent-
schädigung aufgehoben (I§ 44, 48 WO für Sachsen);
in Posen ist sie, soweit nicht provinzialgesetzliche
Vorschriften gelten, durch G v. 21. 6. 75 (GS 324)
auf die städtischen und ländlichen Gemeinden und
die Gutsbezirke übertragen und in dieser Form
aufrecht erhalten; in Westpreußen und Ostpreußen
besteht sie gleichfalls weiter, kann jedoch durch
Vereinbarung auf den WBaupflichtigen übertra-
gen werden; auch ist in Posen und Ostpreußen
die Leistung einer Vergütung in Geld anstatt der
Dienstleistung zulässig (§ 46 WO für Westpreußen
5# 46, 47 W0O für Posen, Is 45, 46 W0O für Ost-
preußen). — Eisenbahnwegekreuzungen sind Teile
öffentlicher W und daher — vorbehaltlich beson-
derer Abmachungen mit der Eisenbahnverwaltung
etwa beim Planfeststellungsverfahren — von dem
Waupflichtigen zu unterhalten.
4. Die WBaulast kann von der W Pol in der
Weise umgrenzt und festgestellt werden, daß durch
Polizeiverordnung diejenigen Anfor-
derungen festgesetzt werden, die an die Beschaffen-
heit der W gestellt werden sollen. Pol Verordnun-
gen dieser Art können jedoch kein neues Recht
schaffen; sie sind daher nur soweit rechtswirksam,
als sie das geltende allgemeine, provinzielle oder
lokale WRecht festlegen, nicht aber, sobald sie über
dieses hinaus neue Vorschriften enthalten (Ger-
mershausen 1, 70). Durch die neueren W0 ist
ferner der Erlaß von Regulativen (Regle-
ments) vorgesehen, in denen die Kreise für ihre
Bezirke die Anforderungen festlegen können, die
an die Beschaffenheit der Gemeinde W zu stellen
sind. Die Feststellung erfolgt für Landkreise in
Sachsen durch den Kreisausschuß, in Ost= und
Westpreußen durch den Kreistag, für Stadtkreise
allgemein durch die städtischen Behörden (55 22,
23 WoO für Sachsen, 8 23 WO für Westpreußen,
520 WO für Ostpreußen). Für die Prov Hannover
gilt Aehnliches nach & 22 G v. 24. 5. 94 (GS
82). Für die Prov Posen bestehen derartige Be-
stimmungen nicht, da die dort geltende KrO von
1828 den Erlaß von Reglements durch den Kreis-
tag nicht kennt. Solche Regulative sind jedoch
für die Anforderungen der W Pol nicht bindend
und daher ohne großen Wert (Germershausen
7#
III. Eine außerordentliche Wegebaulast ist
gesetzlich für solche Unternehmungen festgelegt
worden, die einen W in außerordentlicher Weise
abnutzen. Der Gedanke stammt aus der han-
noverschen Gesetzgebung; er wurde in Preußen
zunächst auf eine Anzahl von Provinzen durch
Sondergesetze übertragen, die dann durch das
für die ganze Monarchie ergangene G, betr.
die Vorausleistungen zum Whau,
v. 18. 8. 02 (GS 315) aufgehoben wurden.
Hiernach kann dem Unternehmer von Fabriken,
Bergwerken, Steinbrüchen, Ziegeleien und ähn-
lichen Unternehmungen, durch deren Anlegung
ein W (städtische Straßen gehören auch hierzu)
vorübergehend oder durch deren Betrieb ein W
dauernd erheblich abgenutzt wird, auf Antrag des
Wluterhaltungspflichtigen — nur dieses, nicht
der W Pol — ein Beitrag zur W Unterhaltung im
Verhältnis der entstehenden Mehrbelastung auf-
erlegt werden, sofern diese nicht durch Chaussee-,
Wege= usw. Geld gedeckt wird (§ 1). Die Festsetzung
erfolgt auf Klage des W Unterhaltungspflichtigen,
wenn dieser ein Provinzial= oder Kreisverband,
ein Stadtkreis oder eine Stadt über 10 000 Ein-
wohner ist, durch den Bezirks= sonst durch den
Kreisausschuß (5 6), der über die Anträge nach
freiem, billigem Ermessen zu entscheiden hat (& 5).
Bei dauernder Abnutzung ist die Festsetzung eines
Beitrages oder Beitragsverhältnisses zulässig, das
dann so lange gilt, bis es auf dem vorgeschriebenen
W abgeändert wird (* 4).
IV. Berpflichtung Dritter aus besonderen
Gründen. Außer dieser eigentlichen WBaulast
gibt es noch eine Anzahl von Fällen, in denen
Dritten aus in den Gesetzen vorgesehenen Grün-
den oder kraft Herkommens die Baulast an be-