Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Wegerecht (Preußen) 
stellenden Anforderungen ist dann lediglich das 
Verkehrsbedürfnis entscheidend, das im allge- 
meinen bei Chausseen jedoch höher sein wird als 
bei gewöhnlichen KommunikationsW. Brücken 
über schiffbare Gewässer hat der Chausseeunterhal- 
tungspflichtige dann zu unterhalten, wenn sie bei 
der Anerkennung als Bestandteile der Chaussee 
bezeichnet sind. Bei der Anlegung — nicht bei 
der Unterhaltung — können nach & 17 I 15 
ALR Hand-= und Spanndienste in dem 
Maße gefordert werden, wie sie bei Landstraßen 
zu leisten gewesen wären (oben §# 4). In der Re- 
el werden diese Dienste jedoch nicht mehr ge- 
ordert (Germershausen 1, 581 f). Fußgänger- 
banketts an Chausseen sind grundsätzlich vom 
Chausseebaupflichtigen zu unterhalten, auch in 
den Ortschaften und Städten, Bürgersteige da- 
gegen nicht (Germershausen 1, 380 f). Die Ent- 
scheidung, worum es sich im einzelnen Falle han- 
delt, hängt von den tatsächlichen Verhältnissen ab. 
Für die Bauausführung sind zwei Ministe- 
rial Anw v. 6. 4. 34 (abgedruckt bei v. Rönne, WPo- 
lizei und WRecht, 1852, 231) und v. 17. 5. 71 (ab- 
gedruckt bei Germershausen 2, 28 ff) auch heute 
noch insofern von Bedeutung, als die staatliche 
Anerkennung der Chaussee davon abhängig ge- 
macht werden kann, daß die Anweisungen be- 
achtet werden. Tatsächlich werden jedoch leichtere 
Bedingungen gestellt (Germershausen 1, 577). 
Im übrigen haben die einzelnen Provinzen Nor- 
mativbestimmungen darüber erlassen, wie die 
Bauausführung erfolgen und unter welchen Be- 
dingungen und in welcher Höhe den Kreis= und 
Gemeindeverbänden Chaussee= und WBauprä- 
mien gewährt werden sollen. Der Unternehmer 
einer Chaussee darf die Fläche und das Material 
entbehrlich werdender öffentlicher W nicht ohne 
weiteres für den Chausseebau verwenden, sondern 
muß sie erwerben oder sich abtreten lassen. Von 
Gemeinden und Grundbesitzern, die den Bau 
einer Chaussee beantragen, wird heute seitens des 
bauenden Kommunalverbandes in der Regel die 
Erfüllung der sog. Rotherschen Bedin- 
gungen v. 8. 11. 34 (Germershausen 2, 734 ff) 
— unentgeltliche Abtretung von Bauland und vor- 
handenen Baustoffen, Einräumung von Ablage- 
plätzen usw. — gefordert. Auch wird zum Bau 
von Chausseen regelmäßig das Enteignungsrecht 
verliehen. Die früher zur Anlegung von Chausseen 
erforderliche Allerhöchste Genehmigung ist nicht 
mehr notwendig; nur der Bau von Chausseen, die 
an nichtdeutsche Staaten grenzen und solcher, die 
in Festungsrayons einmünden, muß vom Min öU# 
genehmigt werden. 
III. Entsprechend ihrem erhöhten Werte und 
ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sind die Chausseen 
durch eine Reihe von Vorschriften besonders 
eschützt; aus dem gleichen Grunde wird viel- 
ach das Recht zur Erhebung von Chaussee- 
geld verliehen. 
1. Die polizeilichen Vorschriften sind ent- 
halten in der V, betr. den Verkehr auf Kunst- 
straßen, v. 17. 3. 39 (GS #80), in Ziff. 7 ffder 
zusätzlichen Vorschriften zu der Kab O v. 29. 2. 40 
(GS#94), betr. den Tarif zur Erhebung des 
Chausseegeldes auf den Staatschausseen und die 
Handhabung der Polizei auf denselben, die an die 
Stelle des alten Chausseegeldtarifes von 1828 ge- 
treten sind, und in dem diese beiden Gesetze ab- 
  
  
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ändernden und ergänzenden G v. 20. 6. 87 
(G# 301). Sie setzen ein bestimmtes Höchstlade- 
gewicht und eine dem Gewicht entsprechende Rad- 
felgenbreite fest, schreiben die Spurweite, die Be- 
schaffenheit von Radfelgen, Hemmschuhen, Huf- 
eisen vor, verbieten das Spurhalten und das 
Schleppen von Holz, Pflügen, Eggen usw., das 
Verengen oder Sperren der Fuhrbahn u. a. m. 
Besondere Bestimmungen bestehen daneben für 
Schleswig-Holstein, Hannover und Hessen-Nassau 
(Germershausen 1, 568 f). Für Chausseen im Rechts- 
sinne ist ferner bei außergewöhnlichen 
Schneefällen die Verpflichtung der Ein- 
wohner der Orte, in deren Feldmark der Schneefall 
eingetreten ist, zur Hilfeleistung auf Erfordern der 
Chausseeverwaltung gegen den ortsüblichen Tage- 
lohn festgelegt in der Kab O v. 8. 3. 32 (GS 119) 
und der V v. 6. 1. 49 (GS S 80, 374). 
2. Für die Erhebung von Chaussee- 
geld ist heute noch die Kab O v. 29. 2. 40 maß- 
gebend, die inzwischen durch den AE v. 6. 6. 04 
(G 139) für den Kraftwagenverkehr (I entspre- 
chend ergänzt worden ist. Das Recht zur Chaussee- 
gelderhebung wird von Fall zu Fall durch Kal 
Verordnung verliehen. Hinterziehung und Ueber- 
hebung von Chausseegeld wird nach dem G, betr. 
die Hinterziehung und Ueberhebung von Ver- 
kehrsabgaben, v. 2. 5. 00 (GE 123) bestraft. 
Reichsrechtlich besteht jetzt eine Beschränkung der 
Verleihung insofern, als Abgaben dieser Art 
nach a 22 des Zoll VV v. 8. 7. 67 (BGl 81) den 
Herstellungs= und Unterhaltungskosten angemessen 
und jedenfalls nicht höher sein sollen, als der 
preußische Chausseegeldtarif von 1828. Mit dieser 
Beschränkung sind sie — ebenso wie Brücken-, 
Fähr= usw. Abgaben — durch #8 des Vereinszoll G 
v. 1.7. 69 (BGBl 317) ausdrücklich aufrecht er- 
halten worden. 
s 7. Wegeverwaltung (Polizei, VBerfahren). 
I. Wegepolizei ist in Städten allgemein 
die Ortspolizeibehörde (Pol Präsident, 
Ios 1—3 G v. I11. 3. 50; Bürgermeister, é4 62 
StO v. 30. 5. 53, entsprechende Vorschrift in den 
anderen St O). Für die Städte in Hannover 
ist es der Magistrat (s 11, 78 hann. Gv. 
28. 7. 51). Auf dem platten Lande ist W Pol 
der Amtsvorsteher im Bereich der KrO 
für die östlichen Prov v. 1872 (Fassung v. 19. 3. 81 
[GS 179] & 59), ebenso in Schleswig-Holstein 
(§ 51 schlesw.--holst. Kr O v. 26. ö. 88 (GS 139)), 
in Posen der Distriktskommissar 
(KabO v. 10. 12. 36), in Hannover eder 
Landrat (524hann. KrOv. 6. 56.84 (GS 181)), 
in Westfalen der Amtmann (529 westf. 
Kr Ov. 31. 7. 86 (GS 217), in der Rhein- 
provinz der (Land-) Bürgermeister 
(5 28 rhein. KrO v. 30. 5. 87 (GS 2090, in Hes- 
sen = Nassau der Bürgermeister (527 
hess.-nass. Kr O v. 7. 6. 86 (GE 193.). 
Die gleichen Behörden haben auch die Stra- 
ßenpolizei wahrzunehmen, die begrifflich 
von der W Pol nicht verschieden, sondern nur in- 
sofern etwas umfassender ist, als sie neben der 
Fürsorge für die Sicherheit der Straßen die Sorge 
für Sicherheit und Ordnung des gesamten öffent- 
lichen Verkehrs in sich schließt. 
Chausseepolizei ist, soweit es sich um 
Chausseen im Rechtssinne handelt, der Land- 
rat, in Städten die Ortspolizeibehör-
	        
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