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Wegerecht (Sachsen — Württemberg)
Verpflichtung zur Uebertragung des betreffenden
Kostenaufwandes dar; die gesetzliche WBauver-
pflichtung wird durch sie nicht geändert.
Gemeinden, durch deren Flur Kommunikations-
wege mit größerem Durchgangsverkehr führen
und die infolgedessen einen verhältnismäßig hohen
Unterhaltungsaufwand haben, kann von den Min-
Inn und der Finanzen das Recht verliehen wer-
den, von allen durchkommenden Fuhrwerken
Wegegeld zu erheben. Die Erhebung von WWGeld
schließt jedoch die Forderung besonderer Beiträge
für besonders hohe Abnützung aus.
3. Wegestreitigkeiten werden bei Streit
zwischen WBaupflichtigen und Wrundstücks-
eigentümern und bei Streit zwischen WBaupflich-
tigen untereinander im Parteistreitverfahren vor
dem Verwsericht entschieden. Besteht jedoch
zwischen dem WBaupflichtigen und Privatper-
sonen eine Meinungsverschiedenheit, so ist der
reine Verw Weg zu beschreiten, d. h. es hat hier
die Amtshauptmannschaft unter Zuziehung des
Bezirksausschusses zu entscheiden. Bei Streit
zwischen Privatpersonen untereinander über die
Oeffentlichkeit eines Weges hat der Rechtsweg 1AI
platzzugreifen.
Streitigkeiten darüber, ob eine Straße staatlich
ist, gehören ebenfalls vor die Verw Gerichte.
Bis zur endgültigen Erledigung der Streitig-
keiten darf an dem bisherigen Zustand nichts ge-
ändert werden. Etwaige Versuche von Sperrung,
Abgraben usw. hat die Aufsichtsbehörde, nötigen-
falls durch Zwangsmaßnahmen, zu verhindern.
Zum Schutze der W und zur Sicherung des
Verkehrs auf ihnen sind in zahlreichen Verord-
nungen ausführliche Bestimmungen getroffen
worden, deren Uebertretung strafrechtliche Fol-
gen nach sich zieht.
GSeseyesmaterial: Ihro Chur-Fürstl. Durchl.
zu Sachsen usw. Mandat, den Straßenbau in dero Landen
betrefsend. Ergangen de dato Dreßden, den 28. 4. 1781.
Güber die WBaupllicht v. 12. 1. 70 (GBl 5). Allgemeines
Baugesetz für das Königreich Sachsen v. 1. 7. 00 (GVBl 381)
Abschnitt III—V (Borschrifsien über den Ortsstraßenbau).
Literatur: v. Häbler, Das Wecht im Kö.
nigreich Sachsen, 19131 Häpe, Grundriß des sächsischen
Verwechts (als Manufkript gedruckt: Kormann,
Grundzüge des sächsischen W Rechts in Fischers 8 für Praxis
und Gesetzgebung der Verwaltung 1914, Bd. 43 Heft 1/2.
Külz.
D. Württemberg
5é# 1. Geschichtliche Entwicklung des Wegerechts.
Begriff, Einteilung der Wege. 1## 3. Allgemeine Rechts-
verhältnisse, Gebrauchsbefugnis. 1 4. Wegebaulast. # 5.
Besondere Rechtsverhälmisse der Ortsstraßen. 6. Wege-
verwaltung (Polizei, Verfahren).
§51. Geschichtliche Entwicklung des Wegerechts.
In Württemberg sind für den Durchgangsver-
kehr in den Anfängen der landesherrlichen Gewalt
die Reichs= oder Rönigsstraßen vorhanden gewesen,
und der auf ihnen sich vollziehende Verkehr weckte
fruh das Verständnis für die wirtschaftliche Be-
8 2.
deutung der W. Volkswirtschaftliche Interessen
haben die Landesherren des 15. bis 19. Jahrhun-
derts veranlaßt, ihre Fürsorge der Erhaltung, seit
dem 18. Jahrhundert auch dem kunstmäßigen
Ausbau der W zuzuwenden. Mit dem Beginn
des Eisenbahnbaus im 19. Jahrhundert, den von
Anfang an der Staat sich vorbehielt, übernahm der
Staat zur Entschädigung der von den Eisenbahnen
entlegenen Bezirke die Pflicht, solche W zu bauen,
die einen größeren Verkehr zu fördern oder mit
Eisenbahnen zu vermitteln geeignet sind (Eisen-
bahn G v. 1843, a 2). Im 20. Jahrhundert hat die
Zunahme der Kraftfahrzeuge den Straßen wieder
erhöhte Bedeutung als Vermittlern des Personen--,
vor allem aber Lastenverkehrs gegeben und damit
der Kunst des Straßenbaus und der Kunst der
finanziellen Bedarfsdeckung schwierige Aufgaben
gestellt. Nach dem Gang der Dinge wird in erster
Linie der Staat diese Aufgaben zu lösen haben.
Diese Entwicklung ist die Ursache, daß das
geltende Wecht einfach eine Fortbildung des
zur Zeit des alten Reichs bestehenden darstellt.
Vom 15. bis 18. Jahrhundert hatten die Lan-
desherren vorwiegend für den Schutz der be-
stehenden W und des Verkehrs zu sorgen, im
18. Jahrhundert stellen sie daneben die Rechts-
grundsätze für Wau-- und = Unterhaltungspflicht
fest (Reskr. v. 1738; 1. WO v. 1752; 2. WO
v. 1772). Zugleich übernimmt von jetzt (1772) ab
der Staat auf einen besonderen Fonds (Chaussee-
geldkasse) die Unterhaltung der bisher von Amts-
körperschaft und Gemeinden IJ Bezirk, Band 1,
457) unterhaltenen Kunst= d. h. Durchgangsver-
kehrsstraßen, während die Straßen innerhalb
Etters und die NachbarschaftsW in der Unter-
haltung der Gemeinden verbleiben. Das 19. Jahr-
hundert hält an diesen Grundsätzen fest: die Post-
und Kommerzialstraßen, d. h. die Durchgangs-
verkehrsstraßen werden, mit Ausnahme der
Etterstrecken, vom Staat unter Beteiligung der
Markungsgemeinden unterhalten (geltende W
v. 1808), verkehrswichtige Straßen auch vom Staat
neugebaut (Eisenbahn G v. 1843), alle übrigen W.
sind von den Gemeinden zu unterhalten (Min A#g
v. 1828). Die ungleichmäßige Belastung der Ge-
meinden mit Aufwendungen für WBau und
Unterhaltung und die lückenhafte Regelung des
Mechts drängen seit langem zu einer Neuord-
nung. Der Entwurf einer WO ist ausgearbeitet
und bei den Landständen eingebracht, aber noch
nicht Ser (Gebruar 1914).
km. Begriff, Einteilung der Wege. Ueber de
Begriff des Wi und die Einteilung der * den
allgemeinen, sowie über den Begriff der öffentli-
chen und der PrivatW A. Preußen §& 2. Eine
Begriffsbestimmung der öffentlichen 2 fehlt in
der Gesetzgebung. Die Praxis unterscheidet un-
ter den öffentlichen W die Wdes allgemeinen
Verkehrs, deren Verkehrsbenutzung jedem zusteht
und die Wbegrenzten Verkehrs, die nur
von einem bestimmten Kreis von Personen be-
nutzt werden dürfen; zu diesen gehören vor allem
die öffentlichen (Feld--) Güter W. Sie sind zu-
gleich öffentliche W mit beschränkter Benutzbarkeit.
Nicht unter die öffen tlichen W zu rech-
nen sind die sog. Ueberfahrtsrechte (Feldweg G v.
1862, a 40—43), auch soweit sie im öffentlichen
Recht ihren Grund haben: sie sind auf dem ört-
lichen Herkommen beruhende Eigentumsbeschran-