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Wegerecht (Baden — Hessen)
schrift (Str. G 8 34). Zu erwähnen sind von der-
artigen allgemeinen Vorschriften die seitdem mehr-
fach geänderte StraßenpolizeiO v. 12. 6. 82,
die V v. 20. 9. 06 über den Kraftwagenverkehr
und die V v. 7. 11. 07 über den Verkehr mit Fahr-
rädern.
2. Ueber den Umfang des Gemein-
gebrauches finden sich außer den erwähnten,
beschränkenden Pol Vorschriften in Baden keine ge-
setzlichen Bestimmungen. Hervorgehoben sind je-
doch im Straßengesetze die Verhältnisse, die sich aus
der Begründung von gewissen Sondernutzun-
gen am Wäörper ergeben können. So sind gesetz-
lich festgelegt die Bestimmungen über die Obst-,
Gras= und sonstigen neben dem allgemeinen Ge-
brauche an einem W zulässigen besonderen Nutzun-
gen sowie über Bauanlagen in der Nähe öffent-
licher W (Str. G § 28—31). Die Anlage einer
Eisenbahn auf einem öffentlichen W bedarf der
besonderen staatlichen Genehmigung, die gegen
den Willen der straßenbaupflichtigen Gemeinden
und Kreise nur aus besonderen Gründen des öffent-
lichen Interesses und nur unter der Voraussetzung
erteilt werden darf, daß der Unternehmer für die
etwa bewirkte Erschwerung der Straßenunter-
haltung aufkommt; einer förmlichen Zustimmung
des Eigentümers des WMWGeländes bedarf es nach
badischem Rechte nicht. Bauten an öffent-
lichen Wegen müssen vorbehaltlich der für die
Ortsstraßen geltenden Bestimmungen von der W-
Grenze gewisse Entfernungen einhalten. Ueber den
Bestand der durch die Einräumung einer Sonder-
nutzung begründeten Rechtsverhältnisse entscheidet,
sofern nicht bei der Verleihung besondere Anord-
nungen abweichender Art getroffen sind, allein die
Verwäehörde; dieselbe kann auch, wenn es das
öffentliche Interesse verlangt, die aus früherer Zeit
an einem öffentlichen W bestehenden privatrechtli-
chen Nutzungebefugnisse oder vor dem Erlaß des
Gesetzes errichtete Bauten vorbehaltlich einer ge-
richtlich festzustellenden Entschädigung nachträglich
wieder beseitigen (Str. G F 28 Abs 3, & 31 Absj 5).
§. Einziehung und Veränderung bestehender
Wege. Ist für das durch einen öffentlichen W
bisher befriedigte Verkehrsbedürfnis in anderer
Weise gesorgt, oder besteht für die Beibehaltung
einer Werbindung kein öffentliches Interesse
mehr, so kann der Unterhaltungspflichtige den W
einziehen. Bei Gemeinde W und Kreisstraßen ist
der Einziehungsbeschluß der Staatsaufsichtsbe-
hörde mitzuteilen, welche, wenn die gesetzlichen
Vorau:esetzungen für den Einzug nicht vorhanden
sind, dessen Vollzug untersagen kann (Str.G 8 36).
Bei Ortsstraßen hat dem Einzug eine förmliche
Aufhebung der festgestellten Straßenlinien vor-
auszugehen, die nach dem für die Planfeststellung
vorgeschriebenen Verfahren zu erfolgen hat
(Ortsstr. G 5). Das Eigentum am Gelände des
aufgehobenen W fällt demjenigen zu, der den Er-
satzweg angelegt hat; im übrigen fällt dasselbe an
denjenigen öffentlichen Verband, der den W bis-
her zu unterhalten hatte, soweit nicht Dritte auf
Grund vrivatrechtlicher Titel entgegenstehende
Ansvrüche besitzen (Str. G # :36 Abs 3 und 4). Den
Anliegern kommt ein Rechtsanspruch auf den
Fortbestand eines öffentlichen W nicht zu. Wird
jedoch eine Ortsstraße eingezogen, oder in ihrer
Höhe, Breite voer Richtung geändert, so können
diejenigen Angrenzer, die vor der Bekanntgabe
dieses Vorhabens an der abgeänderten Strecke
Gebäude errichtet oder in Angriff genommen
haben, für die ihnen entstehende Wertsminderung
von dem Straßenbaupflichtigen Entschädigung
verlangen; dieser Anspruch steht den genannten
Personen auch dann zu, wenn die (in Plan ge-
legte) Straße selbst noch nicht zur Ausführung
gekommen, aber die festgestellten Planlinien nach-
träglich aufgehoben oder abgeändert werden.
Bei Aenderungen in den Höhen verhältnissen
einer Ortsstraße hat der Straßenbaupflichtige
ganz allgemein, ohne Rücksicht darauf, ob es sich
um ein bebautes oder unbebautes Gelände han-
delt, die damit nötig werdenden Aenderungen an
den Zufahrten oder Zugängen herzustellen bezw.
entsprechende Entschädigung zu leisten. Zuständig
zur Entscheidung der hierbei sich ergebenden Strei-
tigkeiten sind die bürgerlichen Gerichte.
Literatur: F. J. Baer, Die Wasser- und
Straßenbauverwaltung im Großh. Baden, 1870; Der-.
selbe, Das Straßenbauwesen im Großh. Baden, 1890;
E. Walz, Das bad. Ortsstraßenrecht, 19000) Dorner
und Seng, Bad. Landesprivatrecht, 1906, passim:
O. Flad, Das dad. Ortsstraßengesetz, 1909; Die perio-
disch erscheinenden Jahresberichte des Min des Innern.
Wals.
F. Hessen
1 1. Geschichte. 3 2. Art der Wege. ## 3. Eigentum. Ge-
brauchsbefugnisse. #J 4. Wegebaulast. 3 5. Besondere Rechts-
verhälmisse der Straßen. 6C. Chausseen. 5 7. Verwaltung
(Polizei). # 8. Einziehung. Verlegung.
z 1. Geschichte des Wegerechts. Die neuere
Geschichte des WRechtes in Hessen wird bezeichnet
durch die beiden G v. 27. 4. 81 und 12. 8. 96
den Bau und die Unterhaltung von Kunjst-
straßen im Großherzogtum Hessen betreffend.
Bis zu dem Jahre 1881 hatte Hessen chaussierte
VerkehrsW, deren Erbauung durch den Staat
bezw. durch die Provinz erfolgte, und solche W
deren Erbauung durch die einzelnen oder zu
Vizinalwegbauten vereinigten Gemeinden erfolgte
Die Gemeinden wurden auch beim Neubau von
Staatsstraßen, insbesondere der Ortsdurchfahrten
zu Leistungen herangezogen. Später wurden die
Leistungen der Gemeinden auf die Unterhaltung
der Ortsdurchfahrten erweitert. Die Hebung des
Verkehrs durch die Eisenbahnen ließ die Staats-
straßen zu wichtigen Faktoren zur Förderung des
lokalen Verkehrs werden. So kam es zu dem
Erl des G v. 27. 4. 81, das in der Erionntuss
dieser Verkehrsbedeutung die Staatsstraßen beibe-
hielt und im übrigen die Gemeinden weiter be-
lastete, auch die Kreise heranzog. Der Straßen-
neubau wurde durch dieses Gesetz außerordent lich
gefördert. Das Gesetz von 1881 gab jedoch Veran-
lassung zur Beanstandung in mehrfacher Oinsicht
Es wurde die unklare Stellung der Kreis= und
Provinzialbehörden und die ungleiche Verteilung
der Kosten der Kreisstraßen hervorgehoben. Die
mehrfachen Verhandlungen des Landtags fuhrten
zu dem neuen Kunststraßengesetz v. 12. 8. 1396
(abgeändert 22. 6. 01, 12. 7. O2.) Hiernach sind