Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Wertzuwachssteuer 
  
weltpostverein 
Post; Berwaltungsgemeinschaften 
Wertzuwachssteuer 
5 1. Begriff. # 2. Rechtfertigungsgründe. 3 3. Form 
der Steuer. # 4. Steuerberechtigter Berband. 1 5. Ge- 
schichtliches. 3 6C. Grundlogen der Besteuerung. # 7. Beran- 
lagung und Rechtsmittel. # 8. Strafverfahren und Ver- 
fährung. 1 #. Stundung, Erlaß, Ermäßigqung. 
I — Wertzuwachs; St — Steuer.] 
5 1. Begriff. Wie der Name besagt, soll diese 
St nur den Zuwachs am Werte eines Ge- 
genstandes treffen, nicht den ganzen Wert. Da- 
durch unterscheidet sich die St von der Besitz- 
wechsel-, Liegenschaftsabgabe oder umsaß 
steuer [N. Wird sie als direkte St erhoben, so 
ist sie hiernach auch keine reine Vermögens St, 
da sie eben nur den Zuwachs erfaßt. Dem Be- 
griffe nach kann sie sich auf mobile und immobile 
Werte erstrecken. Von diesem Gesichtspunkte 
ging auch der ursprüngliche Antrag der Konser- 
vativen bei Gelegenheit der Reichsfinanzreform 
im Jahre 1909 aus. In der Praxis versteht 
man aber unter W nur eine St auf den W an 
Immobilien. Die Einführung einer WSt 
auf den W an Mobilien scheitert vor allem an 
den technischen Schwierigkeiten. Doch besteht 
auch innerlich eine gewisse Verschiedenheit zwi- 
schen diesem und dem W an Immobilien in der 
nicht beliebig vermehrbaren Zahl und Größe 
des Grund und Bodens und damit der im all- 
gemeinen steigenden Tendenz des Wertes des letz- 
teren. Neuerdings hat man in der allgemeinen 
Zuwachsbesteuerung durch das R v. 3. 7. 13 
einen Weg versucht, auch den Zuwachs an mo- 
bilen Werten steuerlich mit zu erfassen. IJ Wehr- 
beitrag und Besitzsteuer. 
Die Wt an Immobilien ist begrifflich keine 
reine Spekulationsgewinnsteuer, 
wenn sie auch die Spekulation vielfach trifft. Auf 
die Absicht, die zu dem W führte, kommt es bei 
der St Pflicht also nicht an. Deshalb müssen ihr 
namentlich auch die sog. „Urbesitzer“ unterworfen 
werden, die oft gerade die allergrößten Gewinne 
einheimsen (Bauer Kilian in Schöneberg). Da- 
gegen will sie vor allem den sog. unverdien- 
ten Gewinn (uncarned increment: J. St. Mill) 
treffen, weshalb die in das Immobile hineinge- 
steckten Aufwendungen, Zinsverluste usw. in Ab- 
rechnung von dem W gebracht zu werden pflegen. 
§* 2. Rechtfertigungsgründe für die Wertzu- 
wachsstener. Da die Wet eine Sonder St ne- 
ben der allgemeinen Besteuerung des Grund- 
besitzes ist und die St Sätze besonders hohe zu sein 
pflegen, bedarf sie einer besonderen Rechtfertigung. 
Die Gründe liegen einmal in dem stark steigenden 
Finanzbedarf der öffentlichen Körperschaften 
(Reich, Staat und namentlich Gemeinden), die 
eine Heranziehung der allgemeinen Besteuerungs- 
formen schon fast bis an die äußerste Grenze er- 
  
forderlich und daher die Umschau nach Son- 
der St begreiflich machen. Ferner in der Tat- 
sache, daß es sich bei dem Steuerobjekte in der 
Tat oft um recht hohe, ja riesenhafte Gewinne 
handelt, bei deren Erzielung die Arbeit und selbst 
der Kapitalfaktor eine im Verhältnis zurn Zu- 
wachs oft nur geringe Rolle spielen, während 
wäußere Umstände“, wie politische und wirtschaft- 
liche Erstarkung des Staatsganzen, wirtschaftliche 
Entwicklung, Anlagen und Einrichtungen von 
Reich, Staat oder Gemeinden usw. weitaus den 
Hauptfaktor der Wertsteigerung bilden. Das Prin- 
zip sowohl der Leistungsfähigkeit wie des Interesses 
(Leistung und Gegenleistung), endlich auch soziale 
Gesichtspunkte deuten also gleichmäßig auf die 
Berechtigung einer WSt für den Grundbesitz hin. 
Eine Ueberwälzung der St auf die Mieter wird 
von ihren Freunden nicht für möglich gehalten, 
wodurch die Bodenspekulation und damit die 
Mieteverteuerung gehemmt würde. Ob diese 
Annahme tatsächlich immer zutrifft, kann dahin- 
gestellt bleiben. Entscheidend ist wohl, ob der Ver- 
käufer oder der Käufer der wirtschaftlich Stärkere ist 
und ob ein großes Bedürfnis nach Bauten vor- 
liegt oder nicht. 
ie Gründe, die gegen die WSt ins Feld 
eführt werden, sind im Prinzip nicht stichhaltig. 
an spricht mit Unrecht von Vermögenskonfis- 
kation, solange die Sätze nicht gar zu hoch werden. 
Zudem wird nicht das Vermögen als solches be- 
steuert, sondern nur ein „Zuwachs“ zum Ver- 
mögen, und zwar grundsätzlich nur ein „ohne 
eigenes Verdienst“ entstandener Zuwachs. Der 
Umstand, daß auch Fälle von Vermögens ver- 
minderungen bei Veräußerungen von 
Grundbesitz vorkommen, in denen keine Entschä- 
digung stattfindet, läßt sich gegen die Rechtfer- 
tigung der St nicht anführen. Einmal sind 
dies im allgemeinen Ausnahmen, sodann werden 
auch meist andere Personen als die der St Unter- 
worfenen getroffen. Schließlich könnten solche 
Fälle in den StGesetzen oder Verordnungen in 
der einen oder anderen Art berücksichtigt werden, 
ohne daß die Bedeutung der Wt dadurch illu- 
sorisch zu werden brauchte. 
3. Form der Wertzuwachsstener. Die WeSt# 
kann als direkte oder als in direkte St 
erhoben werden, je nachdem die Bestenerung in 
bestimmten Zeitperioden von dem durch Ab- 
schätzung des Grundstückswerts ermittelten W, 
der innerhalb der Periode entstanden ist, oder bei 
dem Eigentumswechsel des Grundstücks, also im 
Anschluß an einen wirtschaftlichen Borgang, mit- 
hin unperiodisch, stattfindet. Theoretisch hat 
die erstere Form insofern einen Vorteil, als sie 
die Wertsteigerung im Interesse der die St er- 
hebenden Finanzgemeinschaft früher erfaßt und 
dem Besitzer die St in kleineren Raten abnimmt. 
Doch hat die periodische Abschätzung des Wert- 
zuwachses, solange der Verkauf noch nicht erfolgt 
ist, große technische Schwierigkeiten, schädigt den 
Grundbesitzer, wenn eine Preisschwankung ein- 
tritt, und trifft ihn auch leichter in einem wenig 
steuerkräftigen Zustande. Vom praktischen 
Standpunkte verdient daher die indirekte Form 
den Vorzug, wie sich diese denn auch tatsächlich 
bei weitem am meisten eingebürgert hat. Die 
indirekte St kann an einen ganz bestimmten Maß- 
stab (Kaufpreis) anknüpfen und wird erhoben in
	        
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