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Wertzuwachssteuer
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Wertzuwachssteuer
5 1. Begriff. # 2. Rechtfertigungsgründe. 3 3. Form
der Steuer. # 4. Steuerberechtigter Berband. 1 5. Ge-
schichtliches. 3 6C. Grundlogen der Besteuerung. # 7. Beran-
lagung und Rechtsmittel. # 8. Strafverfahren und Ver-
fährung. 1 #. Stundung, Erlaß, Ermäßigqung.
I — Wertzuwachs; St — Steuer.]
5 1. Begriff. Wie der Name besagt, soll diese
St nur den Zuwachs am Werte eines Ge-
genstandes treffen, nicht den ganzen Wert. Da-
durch unterscheidet sich die St von der Besitz-
wechsel-, Liegenschaftsabgabe oder umsaß
steuer [N. Wird sie als direkte St erhoben, so
ist sie hiernach auch keine reine Vermögens St,
da sie eben nur den Zuwachs erfaßt. Dem Be-
griffe nach kann sie sich auf mobile und immobile
Werte erstrecken. Von diesem Gesichtspunkte
ging auch der ursprüngliche Antrag der Konser-
vativen bei Gelegenheit der Reichsfinanzreform
im Jahre 1909 aus. In der Praxis versteht
man aber unter W nur eine St auf den W an
Immobilien. Die Einführung einer WSt
auf den W an Mobilien scheitert vor allem an
den technischen Schwierigkeiten. Doch besteht
auch innerlich eine gewisse Verschiedenheit zwi-
schen diesem und dem W an Immobilien in der
nicht beliebig vermehrbaren Zahl und Größe
des Grund und Bodens und damit der im all-
gemeinen steigenden Tendenz des Wertes des letz-
teren. Neuerdings hat man in der allgemeinen
Zuwachsbesteuerung durch das R v. 3. 7. 13
einen Weg versucht, auch den Zuwachs an mo-
bilen Werten steuerlich mit zu erfassen. IJ Wehr-
beitrag und Besitzsteuer.
Die Wt an Immobilien ist begrifflich keine
reine Spekulationsgewinnsteuer,
wenn sie auch die Spekulation vielfach trifft. Auf
die Absicht, die zu dem W führte, kommt es bei
der St Pflicht also nicht an. Deshalb müssen ihr
namentlich auch die sog. „Urbesitzer“ unterworfen
werden, die oft gerade die allergrößten Gewinne
einheimsen (Bauer Kilian in Schöneberg). Da-
gegen will sie vor allem den sog. unverdien-
ten Gewinn (uncarned increment: J. St. Mill)
treffen, weshalb die in das Immobile hineinge-
steckten Aufwendungen, Zinsverluste usw. in Ab-
rechnung von dem W gebracht zu werden pflegen.
§* 2. Rechtfertigungsgründe für die Wertzu-
wachsstener. Da die Wet eine Sonder St ne-
ben der allgemeinen Besteuerung des Grund-
besitzes ist und die St Sätze besonders hohe zu sein
pflegen, bedarf sie einer besonderen Rechtfertigung.
Die Gründe liegen einmal in dem stark steigenden
Finanzbedarf der öffentlichen Körperschaften
(Reich, Staat und namentlich Gemeinden), die
eine Heranziehung der allgemeinen Besteuerungs-
formen schon fast bis an die äußerste Grenze er-
forderlich und daher die Umschau nach Son-
der St begreiflich machen. Ferner in der Tat-
sache, daß es sich bei dem Steuerobjekte in der
Tat oft um recht hohe, ja riesenhafte Gewinne
handelt, bei deren Erzielung die Arbeit und selbst
der Kapitalfaktor eine im Verhältnis zurn Zu-
wachs oft nur geringe Rolle spielen, während
wäußere Umstände“, wie politische und wirtschaft-
liche Erstarkung des Staatsganzen, wirtschaftliche
Entwicklung, Anlagen und Einrichtungen von
Reich, Staat oder Gemeinden usw. weitaus den
Hauptfaktor der Wertsteigerung bilden. Das Prin-
zip sowohl der Leistungsfähigkeit wie des Interesses
(Leistung und Gegenleistung), endlich auch soziale
Gesichtspunkte deuten also gleichmäßig auf die
Berechtigung einer WSt für den Grundbesitz hin.
Eine Ueberwälzung der St auf die Mieter wird
von ihren Freunden nicht für möglich gehalten,
wodurch die Bodenspekulation und damit die
Mieteverteuerung gehemmt würde. Ob diese
Annahme tatsächlich immer zutrifft, kann dahin-
gestellt bleiben. Entscheidend ist wohl, ob der Ver-
käufer oder der Käufer der wirtschaftlich Stärkere ist
und ob ein großes Bedürfnis nach Bauten vor-
liegt oder nicht.
ie Gründe, die gegen die WSt ins Feld
eführt werden, sind im Prinzip nicht stichhaltig.
an spricht mit Unrecht von Vermögenskonfis-
kation, solange die Sätze nicht gar zu hoch werden.
Zudem wird nicht das Vermögen als solches be-
steuert, sondern nur ein „Zuwachs“ zum Ver-
mögen, und zwar grundsätzlich nur ein „ohne
eigenes Verdienst“ entstandener Zuwachs. Der
Umstand, daß auch Fälle von Vermögens ver-
minderungen bei Veräußerungen von
Grundbesitz vorkommen, in denen keine Entschä-
digung stattfindet, läßt sich gegen die Rechtfer-
tigung der St nicht anführen. Einmal sind
dies im allgemeinen Ausnahmen, sodann werden
auch meist andere Personen als die der St Unter-
worfenen getroffen. Schließlich könnten solche
Fälle in den StGesetzen oder Verordnungen in
der einen oder anderen Art berücksichtigt werden,
ohne daß die Bedeutung der Wt dadurch illu-
sorisch zu werden brauchte.
3. Form der Wertzuwachsstener. Die WeSt#
kann als direkte oder als in direkte St
erhoben werden, je nachdem die Bestenerung in
bestimmten Zeitperioden von dem durch Ab-
schätzung des Grundstückswerts ermittelten W,
der innerhalb der Periode entstanden ist, oder bei
dem Eigentumswechsel des Grundstücks, also im
Anschluß an einen wirtschaftlichen Borgang, mit-
hin unperiodisch, stattfindet. Theoretisch hat
die erstere Form insofern einen Vorteil, als sie
die Wertsteigerung im Interesse der die St er-
hebenden Finanzgemeinschaft früher erfaßt und
dem Besitzer die St in kleineren Raten abnimmt.
Doch hat die periodische Abschätzung des Wert-
zuwachses, solange der Verkauf noch nicht erfolgt
ist, große technische Schwierigkeiten, schädigt den
Grundbesitzer, wenn eine Preisschwankung ein-
tritt, und trifft ihn auch leichter in einem wenig
steuerkräftigen Zustande. Vom praktischen
Standpunkte verdient daher die indirekte Form
den Vorzug, wie sich diese denn auch tatsächlich
bei weitem am meisten eingebürgert hat. Die
indirekte St kann an einen ganz bestimmten Maß-
stab (Kaufpreis) anknüpfen und wird erhoben in