Weserschiffahrt
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Unzulänglichkeit der Wasserstraße (Fahrthinder-
nisse, geringe Tiefe, Versandung, Stromschnel-
len) — Einschränkung der Zugänglichkeit (nur
auf die Angehörigen der Uferstaaten; ausschließ-
liche Rechte der Wchiffergilden zu Münden und
zu Vlotho) — namentlich aber Ueberlastung mit
Abgaben in den erdenklichsten Formen wie Vor-
spannrechte, gesperrter Leinpfad; Tonnen= und
Bakengelder, Hafen= und Zeichengeld, Boll-
werks-, Kommandanten-, Maß-, Schleusengeld,
Leingeld; Jahreszehnten in Hameln; Trieb-
gelder-, Fährlinien-, Schiffserneuerungs-, Zug-
llappengebühren u. dergl. (23 Zollstellen, dar-
unter oberhalb Bremens 10 hannoverische, 4
preußische, 3 hessische; Umschlagsrechte für ein-
zelne Städte, namentlich Bremen, Münden, Min-
den schon seit dem 13. Jahrhundert).
Das Reformprogramm, das in diesen drei Rich-
tungen die Wiener Kongreß akte v. 9. 6.1815
(àa 108—116) aufgestellt hatte, ist für die Wiin
der WSchiffahrtsakte v. 10. 9. 1823 (GS 1824
S25, 54), vereinbart zu Minden von Vertretern
aller Uferstaaten, näher formuliert worden.
Hiervon ist die mit außerordentlichen Kosten ver-
bundene Regulierung der Fahrstraße allerdings
erst nach dem Zusammenschluß im Reiche und
nachdem die Frage der Schiffahrtsabgaben eine
geänderte Regelung erfahren hatte, durchgeführt
oder doch tatkräftig in Angriff genommen worden.
Die WAkte ist wiederholt geändert worden, namentlich
durch die Schluß Prot v. 24. 12. 1825, v. 16. 8. 39; die
Additionalakte v. 3. 9. 57 (GS 58, 453) und das Prot
v. 7. 10. 61.
Abdruck u. a. in v. Rohrscheidt, Preußens Staats-
verträge, 1852 S 288 ff; H9. Keller, Weser und Ems,
1901 1 2. Abt. S 145 f.
Die Ausdehnung der Wikte auf die Neben-
flüsse blieb besonderen Abkommen der betei-
ligten Staaten vorbehalten (§ 49).
#5#2. Schiffahrt. Als Grenze für die Seefahrt
legt die Bek des BMR v. 10. 11.99 (RBBl 380) die
Fahrt außerhalb Cappel und Langwarden fest. Die
Grenze zwischen Binnen= und Küstenfischerei
wird durch die Linie von der Ochtum-Mündung
nach Lemwerder gebildet (V v. 8. S. 87, GS 385).
„Die Schiffahrt auf dem WStrom soll,
von seinem Ursprunge durch Zusammenfluß der
Werra und Fulda bis ins offene Meer, und
umgekehrt .. in bezug auf den Handel, völlig
frei sein; jedoch bleibt die Schiffahrt von
einem Uferstaat zum andern (cabotage) auf dem
ganzen Strom ausschließend den Untertanen der-
selben vorbehalten“ (§ 1 der Wechiffahrtsakte).
Alle ausschließlichen Berechtigungen, Frachtfahrt
zu treiben oder Begünstigungen für Schiffergilden
und Einzelne erklärt § 2 als aufgehoben und
untersagt ihre neue Begründung. Alle Stapel-
und Umschlagsrechte werden aufgehoben (5 3).
Durch den Zoll VVt v. 8. 7. 67 (a 23 Abs 3),
à 3, 54 RW ist der Vorbehalt der cabotage, soweit
Reichsangehörige in Betracht kommen, beseitigt.
Stapel- und Umschlagsrechte sind nach dem
Zoll VVt a 24 allgemein nicht zulässig.
Für den Betrieb der Schiffahrt gelten Polizei-
ordnungen (X III S 354, 364, 3671), namentlich
über den Befähigungsnachweis (Patent) des
Schiffers (WiAkte #& 4, Add. Akte 1857 a 2—7,
Anlage 4, außer Kraft gesetzt durch Vt zwischen
den Uferstaaten v. 9. 1. 89. Jetzt für die Unter W
gleichlautende Polizei V v. 20. 4. 05, 29. 5. 06,
19. 6. 09; für die Ober W vereinbarte Polizei B
v. 27. 2. 07, 17. 2. 08.
Eine neue Eich ordnung ist für Preußen mit
1914 in Kraft getreten. Eichbehörde sind die Was-
serbauämter Kassel-Hannover, Hameln, Minden,
Verden, Revisionsbehörden das Kaiserl. Schiffs-
vermessungsamt in Berlin. Nach Notenaustausch
v. Nov./Dez. 1913 werden die Eichscheine, die
in Preußen, Braunschweig, Bremen, Lippe für
Binnenschiffe ausgestellt sind, wechselseitig an-
erkannt (GS 1914 S 46); Oldenburg ist an dem
Abkommen nicht beteiligt.
Das Recht der Fähren [Kliist durch die WAkte
(56 2 Abs 2; Schluß Prot v. 21. 12. 25, 16. 8. 39)
unberührt geblieben. Für den Bereich der preuß.
WStrombauverwaltung Pol V. des Oberpräsi-
denten von Hannover v. 12. 3. 08 über Einrich-
tung, Betrieb und Benutzung der Fähren.
Schiffahrtszeichen auf gemeinsame Kosten
(Bremen 16, Preußen, Oldenburg je ½860 sind
für die Unter W von Vegesack bis zur offenen See
durch Vt v. 6. 3. 76 zwischen Preußen, Olden-
burg und Bremen gesichert (GS 1877 S 178),
durch Vt v. 20. 3. 86 (GS 303) auch für die
Strecke Vegesack-Bremen.
3. Regulierung und Abgaben. Die Be-
freiung von den drückend gewordenen Schiff-
fahrtsabgaben sollte schon nach dem
Reichsdeputationshauptschluß von 1803 (# 27)
mit der dort ausgesprochenen Aufhebung des
von Oldenburg beanspruchten Elsflether Zol-
les einsetzen, „um den Bremer Handel und
die Schiffahrt auf der Nieder W vor jeder Be-
schränkung zu schützen“. Verwirklicht wurde dies
indes erst, nachdem Oldenburg (1813) eine Ge-
bietserweiterung dafür zugesagt und von Bre-
men wiederholt der Bundestag angerufen war,
nach dem Vt v. 25. 8. 1819 mit dem 17. 5. 1820.
Die Wüäkte von 1823 ließ von der Vereinigung
der Werra und Fulda bis in die offene See und
umgekehrt sämtliche Zollabgaben, welchen Na-
men sie auch trügen, mit dem 1. 3. 1824 auf-
hören; völlig jedoch nur für die Strecke Bremen
bis offene See; im übrigen wurden sie in eine
allgemeine Schiffahrtsabgabe „verwandelt". Die-
ser „Weserzoll“ (§ 14) durfte nur an 11 benannten
Zollstätten erhoben werden: Bremen, Dreye
(Hann.), Stolzenau (Hann.), Minden (Pr.),
Erder (Lippe), Rinteln (Kurhessen), Hameln
(Hann.), Holzminden (Braunschw.), Beverungen
(Pr.), Lauenförde (Hann.), Gießelwerder (Kur-
hessen). Gänzlich beseitigt wurde auch dieser Zoll
erst unter der Einwirkung der Freihandelsideen
durch den Vt v. 26. 1. 56 (pr. GS 691) zwischen
Preußen, Bremen, Hannover und Kurhessen
(vgl. auch Vt v. 14. 12. 65, GS 1866 S 197).
Der Zoll VVt von 1867 beließ es in Hinsicht der
Wasserzölle bei dem bestehenden Rechte. a 54
nordd. BV (RV ließ die Möglichkeit von Ab-
gaben bei „natürlichen“ Wasserstraßen nur für
die Benutzung „besonderer Anstalten, die zur
Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind“ zu.
Zu den nach der WAkte (§s 42) von den
Uferstaaten übernommenen Verpflichtungen ge-
hörte auch die Beseitigung aller Schiffahrts-
hindernisse im Fahrwasser. Immer mehr
wurde namentlich eine Vertiefung der Fahr-
straße zu einer Lebensfrage für die Wchiffahrt,