Wohnsitz
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Druckschriften (W. im Deutschen Reich und dessen
Angabe in den Druckschriften erforderlich, 35 6—8
Preß G v. 7. 5. 74; Rt 39, 105); 7. die Er-
teilung der Erlaubnis zum Gewerbe eines Aus-
wanderungsagenten (W. im Bezirk der zur Er-
laubnis befugten höheren Verw Behörde erfor-
derlich, 5 13 R v. 9. 6. 97); 8. die Erteilung des
Wandergewerbescheines (fester W. im Inland
kann verlangt werden, § 57b GewoO); 9. die
Erteilung des Jagdscheins (5§ 1 G v. 31. 7. 95
und §5 29 Jagd O v. 15. 7. 07); 10. die Befugnis
der Behörden zum Ausstellen von Heimatscheinen
und Staatsangehörigkeitsausweisen sowie von
Paßkarten (5 3 Vov. 31. 12. 50, MBl 51, 11); 11.
für die verschiedenen Steuerpflichten (§1 Einkom-
mensteuer G v. 24. 6. 91, 5 2 Ergänzungssteuer G v.
14. 7. 93, 5 2 Kirchensteuer G v. 26. 5. 05 und 14.
7. 05, 88 29 f II 12 ALR;: Schulsteuer in der Pro-
vinz Posen, §5 33 und 39 KAG: Gemeindeeinkom-
mensteuer, § 1 Hausiersteuer G v. 3. 7. 76, 88 34
Wehrbeitrags G und 48 Besitzsteuer Gv. 3. 7. 13), na-
turgemäß auch für die Nachveranlagung (Pr Verw-
Bl 29, 47), endlich für die mit der Besteuerung
zusammenhängenden Ansprüche der Wohnsitz-
gemeinden gegen die Forensalgemeinden auf Be-
steuerung der sog. Quart (§5 49 f KAG, J Doppel-
besteuerung) und gegen die Betriebsgemeinden
auf Zuschüsse zu den durch Volksschulwesen und
öffentliche Armenpflege entstehenden Mehraus-
gaben (§ 53 KA##, 5 10 Volksschulunterh. Gv.
28. 7. 06; wegen des Umfanges des Begriffes
„Betrieb“ vgl. OVG 57, 197).
Ohne ausschlaggebende Bedeutung dagegen
ist der „Wohnsitz“ für den Erwerb der Staatsange-
hörigkeit (das Staatsangehörigkeits G v. 22. 7. 13
sagt dies nicht ausdrücklich, im Gegensatz zu § 12
Gv. 1. 6. 70), des Unterstützungswohnsitzes (I19
RGv. 30. 5.08), für die Zuständigkeit des Standes-
beamten zur Entgegennahme von Geburts= und
Todesanzeigen (§§8917, 56 Pers. G), unter Umstän-
den für die Besteuerung des Wanderlagerbetriebes
(bloß förmliche Begründung eines W. schließt die
Besteuerung nicht aus, § 1 G v. 27. 2. 80) und
für die Zuständigkeit der Pol Behörde zum Erlaß
polizeilicher Verfügungen (zuständig ist die Be-
hörde, in deren Bezirk der polizeiwidrige Zustand
besteht, nicht diejenige des W. des Pol Pflichtigen,
Pr Verw Bl 21, 61). Endlich darf der W. bei
Erhebung einer besonderen Gemeindegewerbe-
steuer nicht insofern eine Rolle spielen, als er zu
verschiedener Besteuerung Anlaß gibt: deshalb
sind sog. Filialsteuerordnungen unzulässig (Pr-
VerwBl 29, S 562, 968).
II. Einen durchgreifenden und scharf umgrenzten
Ausbau des Begriffes W. vorzunehmen,
der für alle vorkommenden Fälle mehr als eine
bloße Direktive zu bieten vermöchte, ist vergebliches
Bemühen, da sich die tatsächlichen Momente in
ihrer bunten Veränderlichkeit hier der Erfassung
durch eine rechtliche Definition entziehen. Der
schwierigste Teil der Aufgabe, die Auslegung
des Begriffes von Fall zu Fall, liegt also dem
ordentlichen Richter und dem Verwichter ob,
erfreulicherweise aber nicht auch der Pol Behörde:
wenn letztere auch sog. „Wohhnsitzbescheini-
gungen"“ zum Zweck der Benutzung beim
Standesamt ausstellt (übrigens stempelfrei, & 16
Pers. G, MBli V 1899, 104), so wird in diesen Be-
scheinigungen doch bloß bezeugt, daß der Be-
treffende in der Gemeinde als wohnhaft gemeldet
gewesen sei.
Zu den erwähnten Schwierigkeiten bei Aus-
legung des Begriffes tritt noch hinzu, daß der W.,
der für das öffentliche wie für das Privatrecht
von gleicher Bedeutung ist, im Sinne ver-
schiedener Gesetze eine verschiede-
ne Bedeutung hat. Es kommen nämlich
folgende 3 Begriffe des W. in Betracht:
a) Nach # 1 Doppelbesteuerungs G v. 13. 5.
70/22. 3. O9, §& 1 Einkommensteuer G, #1 Ergän-
zungssteuer G, § 33 KA-, G. betr. die Bestim-
mung des W. im Sinne der rhein. Gem Verf.
v. 30. 6. 84, § 7 LGO f. d. östl. Pr. v. 3. 7. 91,
## 3 bezw. 7 StO und L#für Hessen-Nassau
v. 4. 8. 97, § 7 LGO für Schleswig-Holstein v.
4. 7. 92, 8 7 Hohenzoll. Gem O v. 2. 7. 00 ist W.
derienige Ort, an welchem jemand
eine Wohnung unter Umständen
innehat, die auf die Absicht
dauernder Beibehaltung schlie-
ßen lassen. „Innehaben einer Wohnung“
ist hier also die unerläßliche Voraussetzung der
Begründung eines W.: dazu muß nicht nur die
rechtliche, sondern auch die tatsächliche Möglich-
keit bestehen, die Wohnung jederzeit nach Be-
lieben zum dauernden standesgemäßen, den
Lebensgewohnheiten und sonstigen Verhältnissen
des Inhabers entsprechenden Aufenthalt zu be-
nutzen. Ein W. kann also z. B. nicht begründet
werden durch Reservieren eines besonderen Zim-
mers für volljährige Kinder im Hause der Eltern
(Pr VerwBl 34, 826), ebensowenig durch ein
dauernd standesgemäß eingerichtetes Sommer-
haus, das wegen unzulänglicher Heizbarkeit im
Winter tatsächlich nicht beziehbar ist (OV#G 62,
391), oder durch dauernde Absteigequartiere, wie
diese in Badeorten gehalten werden. Ferner ge-
nügt zum Begriffe des „Innehabens“ nicht die
bloße Möglichkeit, die Wohnung zu beziehen, son-
dern es ist eine, wenn auch nur gelegentliche
Benutzung erforderlich (Pr Verw Bl 32, 402),
und zwar muß die Wohnung bei zeitweiliger An-
wesenheit auch den Mittelpunkt der Lebenshal-
tung, ein Daheim des Inhabers, bilden (OVG
53, 151), wenn sie auch nicht den Mittelpunkt der
gesamten Lebensverhältnisse darzustellen
braucht (Pr Verw Bl 33, 725). Dabei kommt es
auf den rein menschlichen (die Familien-
wohnung), nicht auf den geschäftlichen Mittel-
punkt (die Bureauwohnung) an (Pr Verwl 19,
266). Die fernerhin erforderliche „Absicht dauern-
der Beibehaltung"“ der Wohnung schließt
nicht auch die Absicht dauernder Benutzung in
sich (OVG 62, 445). Deshalb wird W. auch
durch eine Wohnung begründet, die für gesunde
Menschen benutzbar ist, vom Besitzer für seine
Person aber wegen Krankheit nicht benutzt wird;
andererseits genügt für jene Absicht nicht ein
rein innerlicher Entschluß, sondern sie muß in
Handlungen objektiv erkennbar hervortreten. —
Im Vorhergehenden war von feststehenden Woh-
nungen die Rede. Diejenigen, welche dagegen
auf einem Schiff Wohnung haben, können
im Sinne des Kommunalsteuerrechtes (im Ge-
gensatz zum Staatssteuerrecht, OVG Steuers.
10, 8) in der Gemeinde des Heimathafens keinen
W. begründen, da das Schiff nicht integrierender
Bestandteil des Gemeindebezirkes wird (Pr Verw-