Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Württemberg 
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55. Das Staatsministerium ist nunmehr die 
oberste im wesentlichen zur unmittelbaren Be- 
ratung des Staatsoberhaupts berufene Behäörde, 
es besteht aus einem aus der Zahl der Min er- 
nannten Präsidenten und den sämtlichen Departe- 
mentschefs, ihm sind zur Bearbeitung der Ge- 
schäfte und zur Teilnahme an den Beratungen 
ständige Räte (Staatsräte) beigegeben, welchen 
jedoch eine zählende Stimme nicht zukommt. 
Die begutachtende Tätigkeit des Staats Min er- 
streckt sich auf alle allgemeine Angelegenheiten 
(ständische Angelegenheiten und die Beziehungen 
zum Reiche), Zwangsenteignungen, Kündigung 
von Staatsbeamten, und auf die ihm vom König 
besonders ausgetragenen Gegenstände. Das 
Staats Min übermittelt den Verkehr der Staats- 
regierung mit den Ständen. Eine vollziehende 
Gewalt kommt ihm nur insoweit zu, als ihm ge- 
wisse Zentralbehörden dienstlich unterstellt sind, 
und zwar der Kompetenzgerichtshof 
[(Ider Verwaltungsgerichtshof'/I, 
der Disziplinarhof I(/I, ebenso unter- 
stehen ihm die Bundesratsbevollmäch- 
tigten und der Staatsanzeiger. 
& 6. Die Ministerien. Die Vll § 56 hat sämt- 
liche Geschäfte der Staatsverwaltung in die heute 
noch bestehenden 6 Verw Departements, nämlich 
1. der Justiz, 2. der auswärtigen Angelegenheiten, 
3. des Innern, 4. des Kirchen= und Schulwesens, 
5. des Kriegswesens, 6. der Finanzen abgeteilt. 
Zur Aenderung der Zahl der Departements be- 
darf es eines Gesetzes. Die Verteilung der Ge- 
schäfte unter die einzelnen Ministerien ist Gegen- 
stand einer Königlichen Verordnung. Zur Gültig- 
keit der Gegenzeichnung genügt die Unterschrift 
des Departements Min, auch in den der Begut- 
achtung des Staats Min unterstehenden Angelegen- 
heiten. Die Min werden vom König nach freier 
Entschließung ernannt und entlassen, sie haben 
im allgemeinen dieselben Aufgaben, wie in andern. 
konstitutionellen Staaten; bemerkenswert ist nur, 
daß in den einer Rechtsbeschwerde an den Ver- 
waltungsgerichtshof unterliegenden Angelegen- 
heiten die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde in der 
Regel an eine Entscheidung des Min als letzter 
Instanz im Verw Verfahren gebunden ist, daß 
also von der Entscheidung einer unteren Behörde 
nicht unmittelbar das Verw Gericht angerufen 
werden kann. Für den Geschäftsbetrieb in den 
Ministerien besteht mit Ausnahme der rein 
bureaumäßig arbeitenden politischen Abteilung 
des Min der auswärtigen Angelegenheiten und 
des Justiz Min die sogenannte modifizierte Kolle- 
gialverfassung. Die wichtigeren Gegenstände 
werden vom Staats Min bureaumäßig oder auf 
Grund von Kollegialberatungen erledigt, wobei 
dem Min die freie Entscheidung bleibt, einfachere 
Gegenstände von einem Ministerialdirektor er- 
ledigen zu lassen. 
8 7. Dein Justizministerium steht die oberste 
Dienstaufsicht über die Gerichte, die Staatsan- 
waltschaft, die Behörden und Beamten der frei- 
willigen Gerichtsbarkeit und die Strafanstalten 
sowie die Führung der Justizverwaltung (NI zu. 
8. Dem Ministerium der auswärtigen An- 
gelegenheiten obliegen alle Verhandlungen mit 
auswärtigen Staaten, wogegen die Beratung 
der das Deutsche Reich betreffenden Angelegen- 
heiten dem Staats Min zukommt, die Besorgung 
  
der Kön:glichen Familienangelegenheiten (als 
Min des Kgl Hauses), die Leitung und Beauf- 
sichtigung der Verkehrsanstalten des Landes. Zur 
Erledigung der letzteren Geschäfte ist bei dem Min 
eine besondere Verkehrsabteilung ge- 
bildet; der letzteren ist als ständiges beratendes 
Kollegium ein „Rat der Verkehrsan- 
stalten“, bestehend aus den Vorständen und 
sechs weiteren Mitgliedern der Direktivbehörden 
und einem vortragenden Rat des Min, beigegeben. 
Es unterstehen ihr die Generaldirektion 
der Staatseisenbahnen t(und der 
Bodenseedampfschiffahrt) und die General- 
direktion der Posten und Tele- 
graphen. Für wichtige Fragen ist dem Min 
noch ein aus Vertretern des Handels, der Ge- 
werbe und der Landwirtschaft gebildeter Beirat 
der Verkehrsanstalten zur Beratung 
beigegeben, der nach Bedürfnis berufen wird. 
§ 9. Ministerinm des Innern. Sein Wir- 
kungskreis umfaßt das ganze Gebiet der inneren 
Staatsverwaltung, also namentlich das Gebiet 
des inneren Staatsrechts, der Landespolizei 
und der Staatswirtschaft, soweit nicht einzelne 
Zweige, wie die Verkehrsanstalten, die Schulver- 
waltung, und die Ausübung der Hoheitsrechte 
gegenüber der Kirche, anderen Departements zu- 
geteilt sind (V v. 8. 11. 1816 §5 11 und VerwEd. 
v. 18. 11. 1817 § 30). Mit dem Min verbunden ist 
die Kommission für die Adelsma- 
trikel [TI welcher die Fortführung der Per- 
sonalmatrikel des Erbadels und der Realmatrikel 
der Standesherrschaften und Nittergüter obliegt, 
ferner die Ministerialabteilung für 
den Straßen--= und Wasserbau, welcher 
15 Straßenbauinspektionen unterstellt sind und 
die aus einem Vorstand, 3 technischen und 2 ad- 
ministrativen Beamten und weiteren Hilfsbeam- 
ten besteht, die Ministerialabteilung 
für das Hochbauwesedn, bestehend aus 
einem Vorstand, zwei administrativen, 3 techni- 
schen Beamten und weiteren Hilfsbeamten. Beide 
Abteilungen tragen zwar äußerlich den Anschein 
selbständiger Mittelstellen, sie sind aber nur mit 
Rücksicht auf die Geschäftsbehandlung innerhalb 
des Min gebildete Abteilungen: bei der Hochbau- 
abteilung trägt der Min die Verantwortung für 
alle Entscheidungen, während bei der Straßen- 
und Wasserbauabteilung der Vorstand für die 
von ihm unterzeichneten Ausfertigungen selbst 
die Verantwortung trägt, insofern hat letztere 
Abteilung das Aussehen einer Mittelstelle. 
1. Unmittelbar unter dem Min stehen: das 
Archiv des Innern, der Staats- 
techniker für das öffentliche Was- 
serversorgungswesen, das Ober- 
bergamt, die Körperschaftsforst- 
direktion, das Oberversicherungs- 
amt, der Disziplinarhof für Kör- 
perschaftsbeamte, die Pensions- 
kasse für Körperschaftsbeamte, 
das Landjägerkorpsl/Gendarmerie!, die 
Gebäudebrandversicherungsanstalt, 
die Landgestütskommission. 
2. Ferner sind dem Min folgende wichtige 
Zentralbehörden urnterstellt: 
a) das Medizinalkollegium, nach der 
Kgl V v. 21. 10. 80 eine teils beratende, teils 
verwaltende, aufsichtführende und verfügende Be-
	        
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