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54. Reskript des Unterrichtsministerium vom 18. Juni 1870, betr.
Revision der Hauslehrer.
Es giebt kein Gesetz, durch welches dem Prediger eine Inspektion
über den Unterricht der blos durch Hauslehrer oder Haus-Lehrerinnen
unterrichtet werdenden Kinder auferlegt oder beigelegt würde.
Inwieweit er aus pastoralen Gründen und in pastoraler Weise von
dem Unterricht dieser Kinder, insbesondere in der Religion, Kenntnis
nehmen will, bleibt seiner Beurteilung überlassen.
55. Reskript des Unterrichts-Ministerium vom 14. Januar 1871, betr.
Schulrevision.
Das unterzeichnete Ministerium ist mit Ihrer Aeußerung, daß es
für eine Schule mit einem pflichtgetreuen und tüchtigen Lehrer genug
sei, wenn der Prediger sie jährlich einmal besuche, nicht einverstanden.
Auch ein Lehrer mit solchen Eigenschaften bedarf öfters des Rates hin-
sichtlich der Einrichtung der Schule, der Behandlung des Lehrstoffes, der
Behandlung der Kinder im allgemeinen und im einzelnen u. s. w.: und
der Prediger kann ihm nur dann damit recht dienen, wenn er eine ge-
nauere Kenntnis der Schule besitzt, als sich bei einem jährlich einmaligen
Besuche gewinnen läßt. Auch ein pflichtgetreuer und tüchtiger Lehrer ist
nicht davor gesichert, daß sich allmählich Mängel und Einseitigkeiten ein-
schleichen, die er selber am wenigsten gewahr wird, und auf die er auf-
merksam gemacht zu werden bedarf. Hierüber ein begründetes Urteil zu
erlangen ist wieder dem Prediger nur durch öftere Anschauung möglich.
Vor allen Dingen aber ist der öftere Besuch der Schule von Seiten des
Predigers ein tatsächlicher Beweis, und ein kräftigerer, als mit bloßen
Worten und Versicherungen gegeben werden kann, daß er auf die Schule
und ihr Gedeihen Wert legt, und für dieselbe Arbeit und Mühe nicht
scheut. Das gereicht nicht allein dem Lehrer zur Stärkung und Erfrischung
bei den Beschwerden und Hindernissen seines Amtes, sondern hebt auch
die Schule in den Augen der Kinder und der Eltern, und macht sie desto
williger, sich ihren Ordnungen zu untergeben. Auch wo die äußeren
Verhältnisse ungünstig und hemmend sind, und der Lehrer nicht genug
eignen Trieb und innerliche Kraft besitzt, um dem lähmenden Einflusse
solcher Verhältnisse zu widerstehen, darf der Prediger sich nicht des öftern
Besuches der Schule enthoben halten, weil doch davon keine Besserung zu
erwarten sei. Im Gegenteile tut es da um so mehr not, daß der
Prediger durch Teilnahme, Rat und Ermunterung den Lehrer stärke, den
Druck der äußern Verhältnisse so viel wie möglich zu überwinden, und
daß er aus vollständiger und gründlicher Kenntnis der Mängel der Schule
heraus die Notwendigkeit einer Aenderung und Besserung denen gegen-
über bezeugen und vertreten kann, in deren Hand die Gestaltung der
außeren Verhältnisse liegt.
Die Verpflichtung, die zu den Schul. Inspektionen nötigen Fuhren
zu leisten, ist durch kein Gesetz den Gutsherrschaften auferlegt. Wo
letztere nicht durch Herkommen dazu verpflichtet sind, haben die Prediger
selbst dafür zu sorgen. Die Ausstattung der Pfarren mit Ländereien
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