Full text: Mecklenburgische Schulgesetzsammlung.

— 522 — 
— 
in Betracht, daß, wie Beklagter behauptet, die Schüler in ihrem Turn- 
verein ohne Aufsicht turnen durften, denn hier handelt es sich nicht um 
einen freiwillig geübten Sport, sondern um einen Teil des Schulunter- 
richts und der Beklagte war dazu da, ihn zu erteilen und die Ausfsicht 
zu führen. 
Es kommt dazu, daß die Feststellung der ordnungsmäßigen Be- 
festigung der Reckstangen eine sehr einfache ist. Der Beklagte stand so, 
daß er die Reckständer von ihrer Rückseite übersah; ein bloßes Oinsehen, 
ein aufmerksames Entlanggleiten des Blickes über die Rückseite der 
Reckständer ließ erkennen, ob Bolzen und Verstecker ordnungsmäßig an- 
gebracht waren. Da bei einem Nichtinordnungsein der Turngeräte die 
Gesundheit der der Obhut des Lehrers unterstellten Schüler in ernster 
Gefahr ist, kann man die ausdrückliche Feststellung, ob bei Beginn der 
Uebung die Turngeräte in gehöriger Verfassung aufgestellt sind, nicht als. 
eine Forderung übertriebener Pedanterie ansehen, sondern man muß sie 
als eine selbstverständliche Pflicht bezeichnen. Auf diesem Standpunkte 
stehen auch die Sachverständigen, und ihnen schließt sich das Gericht an. 
Verwiesen mag auch noch werden auf Weyl, welcher die Prüfungspflicht 
der Aufsichtsperson beim Turnunterricht ausdrücklich auf die jedesmalige 
Aufstellung und Befestigung der Turngeräte für die einzelne Turnstunde 
erstrect — das Gleiche mag für die einzelne Turnübung gelten. 
— „— Wenn somit die Vorschrift des § 254 B. G. B. zur Anwendung 
kommen muß, weil neben dem Verschulden des Lehrers auch ein Ver- 
schulden des verunglückten Schülers bei der Entstehung des Schadens 
mitgewirkt hat, so kann das beiderseitige Verschulden im wesentlichen 
als auf gleicher Stufe stehend angesehen werden. So gering die Fahr- 
lässigkeit des Lehrers ist, der sich dabei beruhigte, daß er eine leichte 
Arbeit den Händen zweier zuverlässiger Primaner übergeben hatte, so 
bleibt doch zu beachten, daß der Beklagte kraft seines Amtes und 
Berufes die Sorge für Körper und Gesundheit der ihm anvertrauten 
Schüler übernommen hatte. Dem Kläger fällt zur Last, daß er seinem 
Mitschüler, der den eigentlichen Fehler gemacht hatte, nicht die genügende 
Aufmerksamkeit zugewendet hat, und wenn er noch aus der Natur des 
ihm gewordenen Auftrags entnehmen mußte, daß er nicht bloß das eine 
Ende der Reckstange einzustecken, sondern mit seinem Gefährten zusammen 
die Reckstange zu befestigen hatte, so lag doch kein Grund vor zu einem 
besonderen Mißtrauen gegen die Sorgsamkeit des Gefährten und außer- 
dem wußte er sich und seinen Gefährten noch unter dem Auge des 
Lehrers. 
Bei dieser Sachlage hielt das Berufungsgericht es für angemessen, 
den Anspruch des Klägers zur Hälfte für begründet, zur anderen Hälfte 
aber für unbegründet zu erklären.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.