Full text: Mecklenburgische Schulgesetzsammlung.

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397. Haftet ein Lehrer als Aufsichtsperson nach § 832 B. G. B. 
für Handlungen von Schülern? und unter welchen Umständen? 
Aus dem Ulrteil des Reichtsgerichts vom 14. März 1907: 
Der Kläger fordert von dem Beklagten Ersatz des Schadens, den 
er dadurch als Neunjähriger an seiner künftigen Erwerbsfähigkeit er- 
litten hat, daß am 25. Juni 1904 der Knaben H. St. bei einem 
Schulfest der Jer öffentlichen Schule mit einem Pustrohre schießend 
ihn ins rechte Auge getroffen und dadurch die völlige Erblindung dieses 
Auges herbeigeführt hat, und zwar will er den Beklagten verurteilt wissen, 
ihm später eine jährliche Rente zu zahlen. Der Beklagte ist hierfür dem 
Grunde nach gemäß § 832 Abs. 1 B. G. B. für haftbar erklärt 
worden, weil er als Lehrer der betreffenden Klasse gesetzlich zur Führung 
der Aussicht über den H. St. bei dem Schulfeste verpflichtet gewesen sei 
und den ihm im Gesetze nachgelassenen Entlastungsbeweis nicht erbracht 
haben . . Weas aber den anderen Grund anlangt, so kann als 
ein hier maßgebendes „Gesetz“ jedenfalls die allgemeine Bestimmung des. 
& 88 A. L. R. II 10. angeführt werden, wonach jeder Beamte auf die 
pflichtmäßige Führung seines Amtes die gewünschte Aufmerksamkeit zu 
wenden hat; im übrigen liegt es in der Natur der Sache, daß zur Aus- 
übung der Schulzucht auch die Aufsichtsführung gehört. Die Sachlage 
ist hier ganz entsprechend dem Falle, wo ein Kind in die zeitweilige 
Obhut eines Privatlehrers gegeben ist; ein solcher würde dritten gege- 
benen Falles ohne Zweifel aus § 832 Abs. 2 B. G. B. haften, weil 
nach § 157 B. G. B. die Aussichtsführung uch Treu und Glauben 
als von ihm vertraglich mitübernommenen gelten müßte Daß 
aber zwischen der eigentlichen Schulzeit und einem von Schulwegen ver- 
anstalteten Schulausflug kein Unterschied zu machen ist, versteht sich von 
selbst. 
398. lUleberschreitung des Züchtigungsrechts. 
Aus dem Ulrteile des Oberlandesgerichts Nostock vom 6. Juni 1913: 
Das Landgericht hat festgestellt, daß der Angeklagte am 14. Juni 
1912, um den Knaben Hermann Sch. wegen völliger Unaufmerksamkeit 
zu züchtigen, sich von seinem Kathedersitz, zu welchem 2 Stufen hinauf- 
führen, erhoben hat, eine Stufe herabgegangen ist, und von hieraus dem 
Hermann Sch., welcher sich seitwärts vom Katheder mit vornüber- 
gebeugtem Oberkörper und herabhängenden Armen hat hinstellen müssen, 
etwa 4—5 Schläge mit einem etwa meterlangen dünnen Rohrstock versetzt 
hat, daß die Schläge sehr kräftig geführt sind, das linke Schulterblatt 
getroffen haben, ein Schlag auch über das linke Ohr des Jungen gegangen 
ist. Das Landgericht geht davon aus, daß der Schlag über das Ohr 
eine Ueberschreitung des Züchtigungsrechts enthalte, und der Angeklagte 
sie bei Aufwendung gehöriger Aufmerksamkeit und Vorsicht als erfahrungs- 
gemäß mögliche Folge habe voraussehen können; er habe auch durch 
geeignete Vorkehrungen verhüten können, daß edlere Teile des Körpers.
	        
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