Full text: Das Staats- und Verwaltungsrecht des Herzogtums Braunschweig.

96 A. Verfassungsrecht. 
Vollziehung der zwischen dem Landesfürsten und den 
Ständen getroffenen Vereinbarungen zu sehen, auf An- 
fordern der Landesregierung Gutachten über Gesetzes- 
vorlagen, die demnächst an die Landesversammlung gehen 
sollen, und über andere Fragen zu erstatten oder in 
Berichten ihr Auskunft zu geben und die ständische Mit- 
aufsicht über die Finanzverwaltung dadurch auszuüben, 
daß ihm von der Landesregierung die Voranschläge des 
Staatshaushaltsplans des zweiten Jahres jedes Finanz- 
abschnittes zur Beratung und die Rechnungen der ein- 
zelnen abgelaufenen Finanzjahre zur Einsicht mitgeteilt 
werden. Er kann die ständische Zustimmung zur Ver- 
äußerung von Staatsgut erteilen, wenn der Wert des 
zu veräußernden Gegenstandes 10000 ‚# Konventions- 
münze (etwa 30832 M.) nicht übersteigt; dabei ist indessen 
über die Verwendung des Preises eine Vereinbarung zu 
treffen. Auch zum Erlaß von Notgesetzen und Notsteuern 
genügt seine Zustimmung, und einzelne Gesetze, die 
das bürgerliche und Strafrecht, den bürgerlichen und 
Strafprozeß betreffen, nicht aber ganze Gesetzbücher, 
eine Gemeinheitsteilungsordnung u. dgl. können zwischen 
den Landtagen und während der Vertagung mit seiner Zu- 
stimmung erlassen werden. Das Landesgrundgesetz (N.L.O.) 
oder ein mit diesem veröffentlichtes Gesetz darf jedoch nie 
durch ein nur dem Ausschuß vorgelegtes Gesetz ergänzt, 
erläutert oder geändert, auch darf keine organische Ein- 
richtung auf diese Weise getroffen oder verändert werden. 
Bei allen Gesetzen, die nur die Einholung des Gut- 
achtens und Rats der Stände erfordern (besonders in 
Landespolizeisachen, vgl. S. 32 £.), ist die Anhörung des 
Ausschusses ausreichend ; nur bei einer allgemeinen Polizei- 
ordnung ist die Landesversammlung selbst zu hören. 
Der Landtag kann mit Zustimmung der Landes- 
regierung dem Ausschusse durch besondere Vollmacht für 
einzelne bestimmte Geschäfte alle seine Rechte über- 
tragen!. Bei plötzlicher allgemeiner Landesgefahr, bei 
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1 Jedoch mit Ausschluß von Änderungen des Landes- 
grundgesetzes (N.L.O.) und organischen Einrichtungen, 
vgl. Rhamm a. a. O. S. 205 bei $ 126 Anm 1. Der De- 
eriff der „organischen Einrichtungen“ gibt in seiner Ab- 
eronzung zu manchen Zweifeln Anlaß, wie sich im Mai 
908 bei der Beratung des Entwurfs eines Fürsorge- 
Erziehungsgesetzes sehr deutlich herausgestellt hat.
	        
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