Das Buch der Wahrheit 15
schwerfällig und wunderlich,. beweist wieder Ihr Unver-
mögen, das innerste Wesen des deutschen Volkes zu erfas-
sen. Sie sind unfähig, in seinen Geist einzudringen. Wenn
Sie die deutsche Sprache beherrschten, so könnte ich Ihnen
eine Anzahl Prosawerke deutscher Literatur — „Poesie in
Prosa” — empfehlen, die Sie entzücken würden. Solche
Werke fehlen der englischen Literatur vollständig. Haben
Sie je des grossen Verehrers der Deutschen, Thomas
Carlyles, „Liebesbriefe an Jane Welsh”
gelesen? Als solche sind sie eine herbe Enttäuschung, da
sie monoton, weitschweifig und uninteressant sind. Offen-
bart überhaupt die englische Literatur uns etwas Herrliches
und Packendes auf dem Gebiete der Liebe, diesem köst-
lichsten aller Themata, das den Vergleich mit Heinrich
Heine’s Liederri aushält? — Haben Ihre vielgepriesenen
Lyriker, Shelley und Keats, nur annähernd Ähn-
liches aufzuweisen?
Sie sagen: „Der deutschen Kultur mangelt es an sozia-
lem Empfinden, an dem Bestreben, die Welt für andere
leicht und angenehm zu machen.” Die Tatsache, dass
Deutschland sich das lateinische Alphabet nicht angeeignet
hat, spricht eher zu Gunsten seines alteingewurzelten und
starken Charakters und namentlich seiner gradlini-
gen Entwicklung und Individualität im
Denken und Handeln. Der Deutsche ist nicht
übermässig höflich. Er ist zu aufrichtig, um schmeicheln
zu können. Nur eine geschmeidige Sprache, wie die fran-
zösische, kann im diplomatischen Verkehr zwischen ver-
schiedenen Nationen, weil sie jede nach ihrer Art zufrieden-
stellt, benutzt werden. Haben Sie beobachtet, wie über-
trieben die Kriegsnachrichten sind, die aus englischen,
romanischen und slavischen Quellen fliessen? — Berichte