20 Das Buch der Wahrheit
heit, dass die geschicktesten Künstler unserer Zeit selbst
mit Hilfe ihrer besten Werkzeuge sie nicht nachzuahmen
vermögen.-Seine Porträts (Persische Miniaturen!)
behaupten sich neben den feinsten Bildern Holbeins.”
Wir können uns glücklich schätzen, dass eine Anzahl seiner
Werke in den grossen öffentlichen Bibliotheken zu finden
sind.
Haben Sie, Herr Professor, je von Wang Wei oder Li
Se-sün gehört, von denen Dr. Berthold Laufer (ein
Deutscher), Curator des Field Museutns, Chicago, der be-
kannte Archäologe orientalischer Kunst, begeistert sagtt
„Schöpfungen wie dievon Wang Wei und Li Se-
sün gehören zweifellos zu den grössten Offenbarungen der
Kunst aller Zeiten. Wer nicht das wundervolle Rollbild,
betitelt „die Zehntausend-Meilen Landschaft”, gesehen hat,
das Li Se-sün zugeschrieben wird und sich im Besitz des
Herrn Charles L. Freer in Detroit befindet, der
weiss nicht, was Kunst ist. — In technischer Hinsicht so-
wohl als nach innerem Gehalt ist es vielleicht das
grossartigste Bildwerk, das wir besitzen.
Die Kunst der Renaissance verschwindet vor diesem wun-
dervollen Denkmal eines göttlichen Genies, das mit Worten
zu beschreiben unmöglich ist. Die Chinesen handhaben die
Malerei nicht wie wir, sondern sie üben: sie, wje wir Musik
üben. In unserer Kunst gibt es nur einen einzigen Riesen,
mit dem Wang Wei und Li Se-sün verglichen werden kön-
nen, — und das ist Beethoven. Das Adagio der fünf-
ten Symphonie mag als Erklärung des edlen, überirdischen
Geistes dienen, der die Landschaft Li-Se-sün’s durchdringt,
und die Pastoralsymphonie ist mit der Musik zu verglei-
chen, die aus der Wang Ch’uan betitelten Bildrolle spricht.
