Full text: Anekdoten und Charakterzüge aus dem Leben König Alberts von Sachsen.

VI 
König Albert übte, wenn er in die Offentlichkeit trat, die Kunst 
der Selbstbeherrschung in hohem Maße. Seine natürliche Bescheidenheit 
und allezeit beobachtete weise Zurückhaltung taten ein übriges, um kleine 
Züge gemütvoller Art anfangs nur spärlich in die Außenwelt dringen zu 
lassen. Aber der reiche Schatz von Güte, Leutseligkeit, Gemüt und 
Humor, der dem König schon von frühester Jugend an eigen, ließ sich 
doch nicht verbergen, und das Volk hat gewissermaßen auch ein Recht, 
seinen König, und zumal einen solchen König, nicht nur im Purpur 
und Hermelin, sondern auch im Alltagskleid, als Mensch, näher kennen 
zu lernen. Dadurch erst erfährt das Bild des siegreichen Feldherrn 
und weisen Regenten die verdiente volkstümliche Vertiefung. 
Anekdotenerzähler finden, wenn sie bei der Wahrheit bleiben 
wollen, im Leben König Alberts eine nicht allzu ergiebige Quelle. 
Daß aber der König selbst einen herzerfreuenden Humor besaß, sich am 
Humor andrer herzlich erfreute und für humoristische Situationen 
gemütvolles Verständnis und Eingehen zeigte, wird in der vorliegenden 
Schrift hinreichend bewiesen. Er liebte weniger die Satire und den 
spöttisch-beißenden Witz, mehr den harmlosen, behaglichen Humor des dem 
sächsischen Volkscharakter in dieser Beziehung verwandten Süddeutschen. 
Bezeichnend für diese Sinnesrichtung des Königs ist, daß er ein eifriger 
Leser der bekannten Münchener „Fliegenden Blätter“ war. 
Auf seinen Reisen im Lande trat er gern zum Volke in un- 
mittelbare Beziehungen und Berührungen; bei den hierbei sich ergebenden 
humorvollen Zwischenfällen war er weniger der Gebende als der 
Empfangende, er ging aber mit stiller Freude auf die Lage ein und 
gewann sich dadurch viele Herzen. 
Seine liebste Erholung war die Jagd. Hierbei entfielen ein gut 
Teil der sonst unveräußerlichen Schranken der höfischen Sitte, in der 
Joppe und im Lodenhut trat er auch dem Letzten seiner Untertanen 
menschlich am nächsten, und darum ist das Kapitel „Aus dem Weid- 
mannsleben“ verhältnismäßig am reichsten für unsern Zweck vertreten. 
Aber auch im engeren Kreise des Hoflebens gab sich König Albert 
gern ungezwungen und als liebenswürdiger und gemütvoller Gesellschafter. 
Jeder, der das Glück und die Ehre hatte, ihm hier näher zu treten, 
wird erzählen können von seinen herrlichen und liebenswerten Charakter- 
eigenschaften und von scherzhaften Vorfällen, deren Mittelpunkt der 
König war. Naturgemäß drang hiervon wenig in die Offentlichkeit,
	        
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