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erkennen konnte. Nun war guter Rat teuer. „Wissen Sie, Majestät,“
meinte der Oberförster zu König Albert, „der Tag ist zum Teufel.
Gehen Sie nur eine halbe Stunde auf dem Steig weiter, dann kommen
Sie zu der Taxenalm. Da warten Sie, bis ich mit Sr. Majestät
wiederkomme. Ich will bloß 'mal dem Kaiser Bescheid tun, wo wir
stecken. Die Sennerin, die Annamirl, die weiß schon, daß wir kommen.“
König Albert war damit einverstanden und ließ den Förster losziehen,
dann „tappte“ er sich mühselig in der vorgeschriebenen Richtung weiter,
bis er endlich den erwähnten „Kaser“, die Taxenalm, erreichte. Diese
war festlich ausgeputzt, die Sennerin hatte sich zum Empfang der Maje—
stäten eingerichtet, und sie war deshalb nicht sonderlich gut gelaunt, als
sie den alten regendurchnäßten Jäger eintreten sah, der sie bat, ein
Viertelstündchen „Unterstand“ nehmen zu dürfen, bis der feuchte Nebel
wieder hoch gestiegen wäre. „Na, meinetwegen,“ brummte die dralle
Dirn schnippisch. „An großen Gefallen tust mir ja damit nit. Heut
kommen die Majestäten, der Kaiser Franz und der König Albert, zu mir
und da muaßt Dich halt französisch drucken, wir wollen unter uns sein.“
Lachend versprach König Albert alles, was von ihm verlangt wurde.
„Na, woaßt was, alter Ueberwandtler,“ sagte die mit dem Rahmmus
beschäftigte Sennerin nach einer Weile, „weil Du nun grad' da bist,
kannst mir a bissel auf's Rahmmus aufpassen. Ich will runter nach'm
Wasser, der Franzl und der Albert werden höllisch Durst haben. Rühr'
a bissel um, daß es mir nit verbrennt.“ „Na freilich,“ meinte der ver—
kannte König — „ich werd's versuchen. Geh' nur ruhig Deine Wege,
schöne Sennerin.“ Und sie ging. Der Sieger von Beaumont mußte
aber ein sehr schlechter Kochkünstler gewesen sein, denn als die schöne
Annamirl zurückkam, roch es im Kaser brenzlig, und schon unter der
Türe schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen. „Du alter Patzer
Du," schimpfte sie „nun hast mir's wirklich anbrennen lassen. Wo
nimm i nun das Essen her für'n Franzl und den König Albert.“ Der
schlechte Koch zuckte bedauernd die Schultern und ließ ruhig die Flut
von Schimpfreden über sich ergehen. Lange dauerte es freilich nicht,
denn schon nach ein paar Minuten trat Kaiser Franz Josef über die
Schwelle. „J ko nix dafür" — entschuldigte sich die Sennerin nach
der Begrüßung, als sie sah, wie sich der Beherrscher Östereichs-Ungarns
die Nase zuhielt. „Der alte Patzer is dran schuld, er hat zu schlecht
umg'rührt.“ Hierbei wies sie höchst abfällig mit dem Daumen über