Full text: Anekdoten und Charakterzüge aus dem Leben König Alberts von Sachsen.

— 92 
erkennen konnte. Nun war guter Rat teuer. „Wissen Sie, Majestät,“ 
meinte der Oberförster zu König Albert, „der Tag ist zum Teufel. 
Gehen Sie nur eine halbe Stunde auf dem Steig weiter, dann kommen 
Sie zu der Taxenalm. Da warten Sie, bis ich mit Sr. Majestät 
wiederkomme. Ich will bloß 'mal dem Kaiser Bescheid tun, wo wir 
stecken. Die Sennerin, die Annamirl, die weiß schon, daß wir kommen.“ 
König Albert war damit einverstanden und ließ den Förster losziehen, 
dann „tappte“ er sich mühselig in der vorgeschriebenen Richtung weiter, 
bis er endlich den erwähnten „Kaser“, die Taxenalm, erreichte. Diese 
war festlich ausgeputzt, die Sennerin hatte sich zum Empfang der Maje— 
stäten eingerichtet, und sie war deshalb nicht sonderlich gut gelaunt, als 
sie den alten regendurchnäßten Jäger eintreten sah, der sie bat, ein 
Viertelstündchen „Unterstand“ nehmen zu dürfen, bis der feuchte Nebel 
wieder hoch gestiegen wäre. „Na, meinetwegen,“ brummte die dralle 
Dirn schnippisch. „An großen Gefallen tust mir ja damit nit. Heut 
kommen die Majestäten, der Kaiser Franz und der König Albert, zu mir 
und da muaßt Dich halt französisch drucken, wir wollen unter uns sein.“ 
Lachend versprach König Albert alles, was von ihm verlangt wurde. 
„Na, woaßt was, alter Ueberwandtler,“ sagte die mit dem Rahmmus 
beschäftigte Sennerin nach einer Weile, „weil Du nun grad' da bist, 
kannst mir a bissel auf's Rahmmus aufpassen. Ich will runter nach'm 
Wasser, der Franzl und der Albert werden höllisch Durst haben. Rühr' 
a bissel um, daß es mir nit verbrennt.“ „Na freilich,“ meinte der ver— 
kannte König — „ich werd's versuchen. Geh' nur ruhig Deine Wege, 
schöne Sennerin.“ Und sie ging. Der Sieger von Beaumont mußte 
aber ein sehr schlechter Kochkünstler gewesen sein, denn als die schöne 
Annamirl zurückkam, roch es im Kaser brenzlig, und schon unter der 
Türe schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen. „Du alter Patzer 
Du," schimpfte sie „nun hast mir's wirklich anbrennen lassen. Wo 
nimm i nun das Essen her für'n Franzl und den König Albert.“ Der 
schlechte Koch zuckte bedauernd die Schultern und ließ ruhig die Flut 
von Schimpfreden über sich ergehen. Lange dauerte es freilich nicht, 
denn schon nach ein paar Minuten trat Kaiser Franz Josef über die 
Schwelle. „J ko nix dafür" — entschuldigte sich die Sennerin nach 
der Begrüßung, als sie sah, wie sich der Beherrscher Östereichs-Ungarns 
die Nase zuhielt. „Der alte Patzer is dran schuld, er hat zu schlecht 
umg'rührt.“ Hierbei wies sie höchst abfällig mit dem Daumen über
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.