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niemals in ein sorgenvolleres Angesicht gesehen, als damals in das
Angesicht unseres Kronprinzen, zu welchem ich Boten auf Boten und
offenbar einen beunruhigender als den andern herantreten sah.
Nach der bald aufgehobenen Tafel trat ich im engsten Kreise an
unseren Kronprinzen tröstend heran: „Unser Mißgeschick ist ja groß,
aber nach meinen Nachrichten aus Leipzig erkennen auch die Gegner
die ausgezeichnete Haltung und die treffliche Führung des sächsischen
Armeekorps an.“ Da sagte er mir: „Ach, könnten wir nur einmal.
dem Feind etwas beibringen und dann — Frieden machen."“
31. Kronprinz Albert als Troflspender.
Der Fleischermeister Karl Fr. Seidel in Eibenstock war im
Sommer des Jahres 1866 sehr besorgt um das Leben seiner drei im
Feldzuge in Böhmen beteiligten Söhne. Da er drei Wochen nach der
Schlacht bei Königgrätz (3. Juli) keinerlei Nachricht von ihnen empfangen
hatte, so gab er schon Befürchtungen Raum. Er wandte sich brieflich
an den Kronprinzen Albert, den Befehlshaber der sächsischen Armee.
mit der Bitte um Auskunft über seine drei im Feldzug beteiligten
Söhne. Der Kronprinz ließ sofort Nachforschungen anstellen, die zu
erfreulichen Erfolgen führten, und durch seinen Adjutanten, den Haupt-
mann Frhrn. von Welck, folgenden Brief an den besorgten Vater richten:
Hetzendorf bei Wien, 31. Juli 1866.
An Herrn Karl Fr. Seidel.
Auf Befehl Sr. Königl. Hoheit unseres verehrten Kronprinzen
teile ich Ihnen mit, daß Ihre drei Söhne alle wohl erhalten bei
ihren Truppenabteilungen sind. Der liebe Gott hat sie in den
Stunden der Gefahr beschirmt. Mit allen braven Sachsen haben
sie ihre Pflicht getan, und wenn uns der Allmächtige den Sieg auch
versagt hat, die Ehre der Waffen haben wir erhalten, sodaß wir
hoffentlich bald, wenn auch besiegt, doch mit Ehre in unser geliebtes.
Vaterland zurückkehren werden, wo ja auch alle zurückgebliebenen
Bürger und Untertanen ihre oft vielleicht noch schwerere Pflicht
mit größter Treue erfüllt haben. Gott segne Sachsen!
"„ Ihr ergebener
Freiherr von Welck, Hauptm. und Adjutant Sr. Königl. Hoheit-