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5. September zum zweiten Male nach Sedan. Bei dieser Gelegenheit
suchte er den verwundeten Marschall Mac Mahon auf, den er vor
neun Jahren bei der preußischen Königskrönung in Königsberg zum
ersten Male kennen gelernt hatte. Welche Wandlung des Schicksales!
Die Teilnahme des Siegers für den Besiegten war der erste Trost,
den der Marschall in seinem Unglück empfing, denn seine Umgebung
verhielt sich gleichgültig, und in der französischen Armee klagte man ihn
des Verrates an.
50. „Hotel zum Kronprinzen von Sachsen.“
Mit diesem Scherzwort hatte der Kronprinz selbst sein Haupt-
quartier in Margency bezeichnet, das er während der Belagerung von
Paris und des Waffenstillstandes, sowie während des Kommune-
aufstandes inne hatte. Anfangs nannten es die Kriegsberichterstatter
„ein stilles Hauptquartier". Das wurde später anders. Selten war
man hier ohne Besuch, so daß ein Extra-Fremdenzimmer eingerichtet
werden mußte, und wodurch das eingangs erwähnte Scherzwort ent-
standen sein mag. Das Gebäude selbst gehörte dem Bankdirektor
Darvillers. Es war eine schloßartige hochgelegene Villa, von Garten-
anlagen und kleinem Gehölz umgeben. Eine breite Freitreppe führte
zum Erdgeschoß hinauf, wo sich ein geräumiges Eßzimmer und mehrere
Gesellschaftsräume befanden. Der Kronprinz bewohnte nur zwei Zimmer
im ersten Stock, wo auch der Generalstab, die Adjutanten und das
Bureau untergebracht waren. Den zweiten Stock bewohnten einige
andere Generalstabsoffiziere und die Dienerschaft. Von hier aus hatte
man eine freie Rundsicht auf Paris und das vorliegende Gelände.
Das innere Leben konnte sich in den vorhandenen Räumen noch
besser wie vorher entfalten; es näherte sich immer mehr einem wirk-
lichen Familienleben. Kronprinz Albert, der erhabene Mittelpunkt
desselben, fesselte die Seinen durch väterliches und leutseliges Wesen an
sich; dieselben lernten täglich mehr ihn verehren und lieben.
Der Generaladjutant Prinz Georg von Schönburg-Waldenburg
und der Adjutant Graf Vitzthum von Eckstädt, der mit großer Umsicht
für die materielle Verpflegung sorgte, machten die Honneurs. In
zwangloser Unterhaltung wurden, oft bis zum späten Abend, die