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verwahrt wird. Der Kragen dieses Mantels ist nämlich zum Abknöpfen
und Auswechseln eingerichtet, so daß er ihn unter Vermeidung ver-
schiedener Exemplare zu verschiedenen Uniformen benutzen konnte.
64. Der Normalangriff.
Die Kritiken des Königs über Paraden und Manöver gipfelten
nicht immer in herkömmlichem Lob und rücksichtsvoller Anerkennung.
Seinem scharfen Soldatenauge entgingen Mängel nicht, und er sprach
sich unverhohlen darüber aus. So sah er bei einem Manöver im Vogt-
lande von seinem entfernten Standpunkte aus sofort, daß eine Batterie,
die zum Angriffe auf ein Dorf auffuhr, von der gewählten Stelle aus
ihr Ziel gar nicht sehen konnte. Er sandte sofort seinen Adjutanten an
den betreffenden Batteriechef und ließ denselben auf die fehlerhafte Wahl
seines Standortes aufmerksam machen. Und als ihm einmal der
sogenannte „Normalangriff“ der Infanterie sehr schön vorgeführt wurde,
da sagte er bei der Kritik kühl: „Das war also der Normal-
angriff; ich kann Ihnen nur sagen, meine Herren, daß es im Kriege
ganz anders zugeht, den will ich nicht wieder sehen.“
65. Aeigenbier.
Es war im Manöver bei Bautzen. Die Ubung, welcher König
Albert beiwohnte, war beendet, und die Truppen hielten Rast. Eine
der Kompanien des 1. (Leib-) Grenadierregiments Nr. 100 lag an der
Straße, unweit davon hielt der Marketenderwagen, dessen vor kurzem
noch so reichlicher Inhalt jetzt freilich im Zeichen des Ausverkaufs
stand. Da nahte auf der Straße eine Reiterschar; näher kommend,
erkannte man in ihr den König und sein Gefolge. Er ritt auf die
Kompanie zu und frug in gemütlicher Weise: „Na, Kinder, habt
ihr was zu trinken?" Der anwesende älteste Offizier meldete be-
dauernd: „Leider nein, Majestät,“ fügte aber, auf den Marketender-
wagen hinweisend, zu: „Nur etwas Neigenbier! Wider Erwarten
entgegnete der König: „Das ist gleich, gebt nur her.“ Es
wurde nun der sauberste Feldkessel herbeigeschafft und der Rest
eines der Bierfässer vom Marketenderwagen „hineingekippt". Der
König trank mit sichtlichem Behagen dieses „Neigenbier“ und ritt
dankend weiter.