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Der feierlichen Einweihung wohnte das Königspaar bei; geleitet
vom Oberbürgermeister waren König Albert und Königin Carola die
ersten Passanten der stattlichen neuen, nach der Königin benannten
Brücke. Als die Feierlichkeit beendet war, wendete sich der König mit
folgendem Scherzwort an seine Gemahlin: „Jetzt sind wir über Deine
Brücke gegangen, und nun werden wir über meine Brücke zurückkehren!“
75.° Jürstenlos.
Einst wurde dem König ein prächtig ausgestattetes Werk über die
europäischen Fürsten vorgelegt. Der damit beauftragte Hofbeamte ent-
ledigte sich seiner Mission, indem er, höfischem Gebrauch entgegen, die
sarkastische Bemerkung machte: „Majestät, hier ist ein Prachtband, in
welchem alle europäischen Fürsten gar wunderschön abgebildet und ebenso
schön und lobend beschrieben sind!“ König Albert blätterte in dem
Buche und sagte dann ironisch: „Ja, man muß sich wahrlich viel
gefallen lassen, und es ist nicht immer leicht, auch zu dieser Gesellschaft
zu gehören."
76. Der dekorierte Gemeindevorstand.
Gelegentlich des Geburtstages des Königs war u. a. auch ein
Gemeindevorstand aus der Provinz mit dem „Allgemeinen Ehrenzeichen“
ausgezeichnet worden. Um seinen Dank abzustatten, wurde er kurz darauf
im Schlosse zur Audienz empfangen. Unter den übrigen hierzu be-
fohlenen Herren erregte er aber insofern einiges Aufsehen, als er das
Ehrenzeichen an einer mächtigen großen Schleife hängen hatte. Er hatte
nämlich hierzu das gelieferte Ordensband — etwa einen halben Meter —
in voller Länge verwendet. Als nun dem König schließlich auch unser
Gemeindevorstand vorgestellt wurde, fiel ihm natürlich die gewaltige
Ordensbandschleife sofort in die Augen. „Was haben Sie denn da
Schönes?“ frug König Albert leutselig. „Ach, Majestät, das hat mir
meine Frau so zurecht gemacht, es ist wohl nicht ganz richtig?“ er-
widerte der Vorstand. „O ja, es geht auch so!“ meinte der König
lächelnd, während sich der dekorierte Gemeindevorstand freudestrahlend
verneigte.